Anne-Frank-Musical in Baden
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Kultur

„teatro“ wagt Anne Frank in Musical-Fassung

Anne Frank ist das wohl bekannteste Mädchen des Zweiten Weltkriegs, die Tagebucheinträge aus ihrem Versteck berührten weltweit Millionen Menschen. Den Versuch, diesen ernsten Stoff als Musical aufzuführen, wagt „teatro“ in Mödling ab Freitag.

Intendant Norberto Bertassi hegte eigenen Angaben zufolge schon länger den Wunsch, Anne Franks Geschichte auf die Bühne zu bringen. Zum 25-jährigen Jubiläum von „teatro“ ist es soweit. Gemeinsam mit seinem Team bringt Bertassi damit auch erstmals ein derart ernstes Thema zur Aufführung. Dabei verfolgt er das Ziel, „ein hoffnungsvolles Stück zu präsentieren, das Anne Frank als starke Frau zeigt, die eine Familie zusammenhält und mit Kraft und Liebe düstere Zeiten durchschreitet“. Die Premiere am Freitag wurde auf den International Holocaust Remembrance Day gelegt.

Die bewegende Geschichte von Anne Frank und ihrem weltbekannten Tagebuch wird aus einem sehr persönlichen Blickwinkel erzählt, so die Vorankündigung. Wie betont wird, sei das Musical, das sich mit dem Leben der Familie Frank auseinandersetzt, „sorgfältig recherchiert“.

Im ersten Teil steht Annes Alltag mitsamt allen Alltagssorgen im Zentrum. Erzählt wird aus der Sicht eines jungen Mädchens, „dem Politik egal ist, weil sie zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt ist, der ersten Liebe, ihrer nervigen Mutter, ihrer besten Freundin“. Der Krieg bleibt vorerst im Hintergrund und wird erst im zweiten Teil zum Thema, wenn die Geschichte im Versteck ihren Lauf nimmt.

Musical darf und soll Hoffnung geben

Der erste Akt spielt vor dem Versteck. Das Publikum sieht, wie Annes Eltern einander kennenlernen, deren jüdische Hochzeit und wie beliebt sie sind. Nur im Hintergrund werden dunkle Schatten angedeutet. Auch in Amsterdam werden sie zunächst mit offenen Armen empfangen. Erst im zweiten Akt geht es um den eigentlichen Inhalt des Tagebuches, also die Zeit im Versteck. Regie führt Norbert Holoubek, das Textbuch hat er auf Basis des berühmten Tagebuchs geschrieben. „Ich will aber keine Nazis und keine Gewalt auf der Bühne zeigen, auch keine KZ-Geschichten. Das findet höchstens im Kopf statt.“

Holoubek zufolge sei es dem gesamten Team ein großes Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen und auch die Vorbereitung darauf sei für ihn besonders gewesen: „Ich bin das ganze Stück schon mit Bauklötzen meiner Buben und Playmobilmännchen durchgegangen. Wichtig ist mir, dass wir nicht nur eine traurige Geschichte erzählen. Viel mehr ist es ein Musical über Hoffnung, Zusammenhalt, Pubertät und Lebenslust.“ Laut Holoubek halten sich berührende und komische Momente die Waage, „aber natürlich wird es auch sehr emotional, meiner Meinung nach allerdings zumutbar“.

Bertassi: „Wehret den Anfängen!“

Wie es zu der Idee kam, Anne Frank auf die Bühne zu bringen, erklärt Intendant Norberto Bertassi mit einem Verweis auf seine eigenen Jugendjahre: „Anne Frank war schon in meiner Kindheit eine wichtige Figur für mich und ich hätte mir niemals träumen lassen, dass diese Zeiten in Europa wieder Realität werden könnten", so Bertassi vorab gegenüber noe.ORF.at, in Anspielung auf den Krieg in der Ukraine. „Das, was Anne Frank passiert ist, darf nicht wieder passieren. Wehret den Anfängen! Ich habe dann vor zwei Jahren ein Stück über Anne Frank in Rom gesehen und war sofort in den Bann gezogen davon.“

Juliette Khalil, die Darstellerin der Anne Frank, lernte Bertassi bei einem Konzert in Niederösterreich kennen, als sie dort die Dorothy aus dem Musical Der Zauberer von Oz sang. „Ich war sofort von ihr verzaubert und wusste in diesem Augenblick: Das ist unsere Anne Frank!“ Den beiden zufolge muss sich das Publikum auf einen emotionalen Abend einstellen, aber auch auf einen humorvollen. Das Musical sei damit nicht nur für Erwachsene, sondern auch für junges Publikum gedacht.

Auf einen bunten folgt ein schlichter Akt

Die Musik stammt von dem italienischen Komponisten Raffaele Paglione unter Mitarbeit von Norberto Bertassi und Walter Lochmann, die Kostüme schneidert Kostümbildnerin Brigitte Huber, die Urenkelin Gustav Klimts. Für die Choreografien ist Choreografin und Musicaldarstellerin Katharina Strohmayer verantwortlich.

Die zwei unterschiedlichen Teile des Stücks – der erste vor der Zeit des versteckten Lebens und der zweite im sogenannten „Achterhuis“ – waren auch choreografisch völlig anders zu behandeln, schildert Strohmayer. „Im ersten Teil, der lebenslustige und humorvolle Passagen beinhaltet, haben wir einige starke tänzerische Szenen, beispielsweise als die Familie Frank in Amsterdam ankommt oder bei der Hochzeit von Annes Eltern. Der zweite Teil fällt bewusst etwas schlichter aus, die Choreografien nach der Pause sind stimmig mit der Thematik des Tagesbuchs.“

Wie es gelingt, diesen ersten Stoff in ein Musical zu verpacken, davon kann sich das Publikum ab 27. Jänner einen Eindruck machen. Weitere Vorstellungen finden am 28., 29., 30. und 31. Jänner sowie am 1. und 2. Februar statt. Gespielt werden auch Schulvorführungen. Das Team betont, dass das ernste Thema einem unterhaltsamen Abend nicht widersprechen würde. Regisseur Norbert Holoubek hat „keine Angst vor Anne Frank, dem Musical“, und rät selbiges dem Publikum – jung wie alt.