Gerstenfeld
ORF.at/Georg Hummer
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Umwelt & Klima

Arche Noah will mehr Artenvielfalt in der EU

Im Juni will die Europäische Union den Grundstein für ein neues Saatgutrecht legen. Der Verein Arche Noah mit Sitz in Schiltern (Bezirk Krems) nahm das im Vorfeld zum Anlass, von der EU dabei eine Stärkung der Artenfülle zu fordern.

„Es braucht ein vielfaltsfreundliches Saatgutrecht“, sagte die Referentin für Saatgutpolitik bei Arche Noah, Magdalena Prieler, im Rahmen eines Pressegesprächs. Die derzeitige Rechtslage schränke die Diversität drastisch ein.

„Das Saatgutrecht hat sehr konkrete Auswirkungen darauf, was in der EU angebaut werden darf und kann“, hielt Prieler fest. Derzeit beobachte man, dass es bei der rechtlichen Ausgestaltung vor allem darum gehe, das Saatgut zu standardisieren und es für die industrialisierte Landwirtschaft gefügig zu machen. Diese gezielte Uniformität sei in den vergangenen Jahren durchaus gut gelungen, sie habe jedoch zu deutlichen Verlusten bei der Artenvielfalt geführt, kritisierte sie.

Kritik an Marktmacht von Konzernen

Bei der Sortenzulassung sei zudem die Zukunftstauglichkeit des Saatguts aus dem Blickfeld der Politik geraten. „Der Fokus liegt derzeit auf dem höchstmöglichen Ertrag bei Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln.“ Als problematisch erweise sich dabei die Marktmacht der Agrochemieriesen, die naturgemäß kein Interesse daran hätten, Saatgut zu produzieren, das ohne chemische Stoffe gedeihen kann. „Wir alle als Gesellschaft brauchen aber genau dieses Saatgut.“

Arche Noah in Schiltern
ORF
Der Verein Arche Noah betreibt in Schiltern einen Schaugarten

Auch die grüne Europaabgeordnete Sarah Wiener hob das Übergewicht von Konzernen wie Corteva, BASF, Bayer und Syngenta am internationalen Markt hervor. „Diese 4 Konzerne dominieren nicht nur fast 60 Prozent unseres Saatgutmarktes weltweit, sondern sie haben auch 70 Prozent unseres globalen Pestizidmarktes.“ Neben dem damit einhergehenden Verlust an Biodiversität treibe das die Bäuerinnen und Bauern in eine immer größere Abhängigkeit. Ihnen werde diktiert, welche Pflanzen sie für den Anbau verwenden können und wie sie diese züchten sollen.

Die scheinbare Fülle an unterschiedlichen Produkten in den Supermarktregalen dürfe über all dies nicht hinwegtäuschen, betonte die Spitzenköchin und verwies dabei auf Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO, wonach die Menschheit global gesehen großteils nur mehr von fünf verschiedenen Tieren und neun verschiedenen Pflanzen lebe. „Das ist ein immenser Verlust an Resilienz, aber auch an Geschmack und Vielfalt.“

Verein kämpft gegen rechtliche „Absurditäten“

Um der aktuellen Entwicklung entgegenzuwirken und widerstandsfähiges Saatgut im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft zu fördern, plädieren Arche Noah und Wiener für mehrere Änderungen. Konkret gehe es zunächst darum, „Absurditäten“ im Recht abzuschaffen, wie Prieler formulierte. Sie kam auf den aktuellen Geltungsbereich zu sprechen, der nicht nur den Verkauf der Pflanzen an Landwirtinnen oder Landwirte umfasse, sondern unter anderem die Aktivitäten von Organisationen, die sich – wie Arche Noah – für eine Stärkung der Kulturpflanzenvielfalt einsetzen.

Darüber hinaus müsse das Industrieregime zukunftstauglich gestaltet werden, aber nicht durch „Pseudo-Nachhaltigkeitskriterien“, wie sie derzeit gerade diskutiert würden, sondern auf dem Wege einer angewandten Nachhaltigkeitsprüfung für das Saatgut. Geht es nach Prieler, so sollte vor allem die Bio-Produktion geschützt werden, deren Sorten unter den derzeitigen Bedingungen besonders benachteiligt seien. Für Bio- und Vielfaltssorten gelte es, bestehende Nischen aufzuwerten und einen gleichberechtigten Marktzugang herzustellen.

Schlussendlich gehe es darum, die Position der Landwirte zu stärken, so die Expertin. Das betreffe allen voran die Erlaubnis, künftig eine größere Auswahl an Saatgut zu verwenden. Ebenso sei es erforderlich, ihnen die Möglichkeit einzuräumen, die Pflanzen zu tauschen und zu verkaufen. Prieler: „Das Recht auf Saatgut, das Bauern und Bäuerinnen zusteht, muss respektiert werden.“