Person mit Handy in der Hand
Pixabay / Dariusz Sankowski
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Chronik

Cybergrooming: Belästigung online nimmt zu

Immer mehr Kinder und Jugendliche erleben sexuelle Belästigung im Internet. Besonders Fälle von Cybergrooming nehmen zu – dabei geben sich Erwachsene als Gleichaltrige aus, um die Jugendlichen sexuell zu belästigen oder später bei einem Treffen zu missbrauchen.

Fast ein Drittel der 11- bis 18-Jährigen hat schon mindestens einmal sexuelle Belästigung im Internet erlebt, das geht aus einer Studie aus dem Jahr 2018 von Rat auf Draht und SOS Kinderdorf hervor. Seit damals dürfte die Zahl noch weiter gestiegen sein. Vor allem während der Pandemie, als sich das Leben stärker in die digitale Welt verlagerte, erlebte man bei der Beratungsstelle Rat auf Draht einen Zuwachs. Pro Jahr wurden 200 Gespräche zu sexueller Belästigung im Onlinebereich geführt.

Hilfe und Beratung

  • Rat auf Draht bietet unter 147 rund um die Uhr kostenlose Telefonberatung für Kinder und Jugendliche
  • Die Rat-auf-Draht-Elternseite bietet Beratung und Infos für Eltern und Bezugspersonen
  • Die Möwe bietet Hilfe für Gewalt- und Missbrauchsopfer
  • saferinternet.at unterstützt beim sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien

Besonders Fälle von Cybergrooming würden zunehmen, heißt es bei Rat auf Draht. Diese Art der Belästigung beginnt meist mit vielen Komplimenten, die vermeintlich von einem Gleichaltrigen kommen. Tatsächlich sitzt hinter dem Computer aber ein Erwachsener, der versucht, das Vertrauen der Kinder oder Jugendlichen zu gewinnen. „Sie stellen gezielt Fragen über ihre Lebenswelten und sind sehr einfühlsam, wenn es darum geht, sich in die Probleme der Kinder und Jugendlichen hineinzuversetzen“, erklärt Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht. Irgendwann kommen dann Fragen zu sexuellen Vorlieben oder die Aufforderung, freizügige Fotos oder Nacktbilder zu schicken. Spätestens da sollten die Alarmglocken schrillen.

Manchmal kommt es auch im Anschluss bei realen Treffen zu sexuellen Übergriffen. Satke rät bei Treffen mit Onlinebekanntschaften generell zur Vorsicht: „Man sollte einander nur treffen, wenn jemand anderer dabei ist, oder an einem belebten Platz, in einem Einkaufszentrum, in einem Kaffeehaus, sodass man die Sicherheit hat, dass jemand da ist, wenn man Hilfe braucht.“

Reality-Check durch „Foto-Aufgabe“

Aber schon bei der Kontaktaufnahme gibt es ein paar Möglichkeiten, den erwachsenen Täter – meistens handelt es sich dabei um einen Mann – zu entlarven. Ein Trick ist etwa, bevor man selbst ein Foto schickt, vom Gegenüber eines zu verlangen, „aber nicht irgendein Bild – weil das kann ja bearbeitet sein“. Stattdessen sollte man dem Chatpartner eine Art Aufgabe stellen: „Er soll zum Beispiel auf einem Blatt Papier ein bestimmtes Wort aufschreiben und das heutige Datum.“ Dann heißt es abwarten, wie rasch das Bild gesendet wird. „Wenn es sehr schnell kommt, dann ist es eher unbedenklich. Wenn derjenige aber lange braucht oder das Bild gar nicht kommt, dann sollte man da wirklich sehr vorsichtig sein“, so Satke.

Birgit Satke, Leiterin Rat auf Draht
ORF/Zrost
Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht: „Wichtig ist auch, auf sein Bauchgefühl zu hören, und wenn man etwas nicht möchte, auch ganz klar ‚Nein!‘ zu sagen.“

Eltern sollten die Kinder schon früh über mögliche Gefahren im Onlinebereich aufklären, etwa indem man ihnen vermittelt, dass User und Userinnen nicht immer die sind, für die sie sich ausgeben. Wenn es schon zu spät ist und es zu Cybergrooming gekommen ist, rät die Expertin: „Auf jeden Fall ernst nehmen. Und keine Schuldgefühle machen. Denn Schuld hat auf keinen Fall das Kind, sondern die andere Person, der Groomer. Und dann ist es wichtig, auch konkrete Maßnahmen zu setzen, zum Beispiel den Fall an die jeweilige Plattform zu melden oder das Profil zu sperren.“ Ratsam ist es auch, den Vorfall mit Screenshots zu dokumentieren.

Cybergrooming ist strafbar

Auch eine Anzeige bei der Polizei ist möglich, denn Cybergrooming ist strafbar, genauer gesagt die „Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen“, wie es im Gesetz heißt. Dabei ist es egal, ob die Kontaktaufnahme online oder analog stattgefunden hat. Und auch hier zeigt sich eine Spitze für das CoV-Jahr 2020: Laut Bundeskriminalamt gingen in dieser Zeit 142 Anzeigen ein, ein Jahr später waren es 121.