Flugzeug startet, im Hintergrund Wolken die vom Abendrot orange gefärbt sind
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Verkehr

Debatte über Nachtflugverbot in Schwechat

Ein Nachtflugverbot auf dem Flughafen Wien-Schwechat wird von Bürgerinitiativen seit Jahren gefordert. Am Mittwoch will man im Dialogforum Flughafen einen neuen Anlauf unternehmen. Den Antrag dazu gab es im Herbst 2019, doch dann kam die CoV-Pandemie.

„Wir wollen wieder schlafen können“, sagt Susanne Laschober, Sprecherin der Plattform SOS Ostregion. Laschober wohnt in Rauchenwarth (Bezirk Bruck an der Leitha). Was erholsamer Schlaf sei, habe man zu Beginn der CoV-Pandemie bemerkt, als man sogar bei geöffneten Fenstern schlafen konnte. Weil sich die Flugzahlen vor allem seit vergangenem Frühjahr deutlich erhöht haben, werde man nun wieder „x-mal pro Nacht geweckt“.

Die Zahl der Starts und Landungen auf dem Flughafen im Bezirk Bruck an der Leitha ist in der Nacht zwar begrenzt. Zwischen 23.30 und 5.00 Uhr sind etwa 4.700 Flugbewegungen pro Jahr erlaubt, das entspricht mehr als zwölf Starts und Landungen pro Nacht. Jeweils eine halbe Stunde davor und danach ist die Hälfte der normalen Flugbewegungen festgelegt.

Lärm „macht auf Dauer krank“

„Trotzdem zu viel“, sagt Manfred Peter, Obmann jener Arbeitsgemeinschaft, die im Dialogforum die Interessen von 17 Bürgerinitiativen vertritt. Der Lärm „macht auf Dauer krank“, so Peter, der von einem Menschenrecht auf ein „Gesundheitswohl“ spricht. Deshalb fordert er, dass künftig zumindest für einige Stunden eine generelle Nachtruhe herrschen muss.

Den Antrag dazu brachte die Arbeitsgemeinschaft bereits im Herbst 2019 ein, ab dem Frühjahr 2020 sollte darüber im Dialogforum diskutiert werden. Neben den Bürgerinitiativen sind dort die Betroffenen, etwa 130 Gemeinden, die Länder Niederösterreich, Wien und das Burgenland sowie die AUA, die Austro Control und der Flughafen selbst, vertreten.

Mediationsvertrag als Meilenstein

Das Dialogforum wurde in den 2000er Jahren gegründet, nachdem von 2000 bis 2005 ein Mediationsvertrag zwischen allen wichtigen Betroffenen ausgehandelt wurde. In den Bereichen Flugverkehr, technischer Lärmschutz und Umweltfonds sollen die Vereinbarungen nun „auf ihre Aktualität überprüft werden“, sagt der Obmann Jürgen Maschl (SPÖ), zugleich Bürgermeister in Schwadorf.

Peter verweist bei seinen Forderungen auf elf weitere Flughäfen in Europa, darunter etwa Zürich (Schweiz) und Frankfurt (Deutschland), die bereits ein Nachtflugverbot haben „und auch nicht in Konkurs gegangen sind“. „Jeder hat ein Recht auf Nachtruhe“, ergänzt Laschober, die im Dialogforum nicht Mitglied ist und von einer „reinen Verzögerungstaktik“ spricht.

Juliana Ghasemipour, die Geschäftsführerin des Dialogforums, kontert, dass es seit dem Mediationsvertrag 2005 „immer wieder Verbesserungen“ gegeben habe. So seien etwa mehrere Millionen Euro in technische Lärmschutzmaßnahmen investiert worden. Wegen der Pandemie seien zuletzt aber „Verhandlungen persönlich einfach nicht möglich gewesen“.

Forderung nach Gleichstellung mit Wien

Peter kann das zwar nachvollziehen, will nun aber umso schneller vorankommen. Ziel sei es vor allem, dass in der Nacht künftig alle Betroffenen „gleichgestellt sind“. Denn für Wien gilt schon jetzt eine Sonderregel: Zwischen 21.00 und 7.00 Uhr wird die Bundeshauptstadt von Starts und Landungen weitgehend verschont. Darüber hinaus ist der Mediationsvertrag laut Peter sehr stark auf die seit vielen Jahren angekündigte dritte Piste fokussiert.

Luftansicht Flughafen Wien-Schwechat
ORF.at/Christian Öser
Wien – im Hintergrund – wird schon jetzt in der Nacht von Starts und Landungen weitgehend verschont

Der Umweltfonds – eine Art pauschaler Schadenersatz für die Gemeinden, die vom Lärm geplagt sind und durch den Flughafen in ihrer Entwicklung gebremst werden – müsse zu einem Pistenfonds entwickelt werden. Die Voraussetzung für Einzahlungen sei zwar ein Baubeschluss für die dritte Piste, sagt Peter, „aber damals sind wir davon ausgegangen, dass das bald kommt, und auch ohne dritte Piste sind die Flüge stark gestiegen“. Derzeit gebe es etwa 280.000 Flugbewegungen pro Jahr.

Keine Stellungnahmen vor Gesprächen

Seitens des Flughafens wollte man sich zu diesen Anliegen öffentlich nicht äußern. Laut einem Sprecher will man darüber wie bisher mit den Partnern im Dialogforum diskutieren und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Aus dem Büro von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP), der die Interessen des Landes vertritt, gab es dazu auf Anfrage keine Stellungnahme.

Der Diskussionsprozess startet jedenfalls Mittwochnachmittag, danach sollen die Anliegen bzw. Themen in Arbeitsgruppen besprochen werden, die nächste Woche beginnen. Laut Ghasemipour wollen die Bürgermeister die Themen „zügig“ verhandeln. Obmann und Bürgermeister Maschl wollte vor den Gesprächen im Forum ebenfalls nichts sagen. Der Diskussionsprozess soll etwa ein Jahr dauern.