Diözesanbischof Alois Schwarz
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Religion

Schwarz: „Demokratie soll nicht verkümmern“

Im Interview anlässlich des Osterfestes nimmt St. Pöltens Diözesanbischof Alois Schwarz erstmals zur Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich Stellung, die massiv kritisiert wird. Er fordert, „dass die Demokratie in unserem Land nicht verkümmert“.

War es vor einem Jahr noch die Aufhebung der Maskenpflicht in weitgehenden Teilen des öffentlichen Lebens, so dominieren heuer vor Ostern andere Themen die Schlagzeilen. Aus unterschiedlichen Bereichen wurde zuletzt etwa die De-facto-Koalition zwischen ÖVP und FPÖ in der niederösterreichischen Landesregierung scharf kritisiert. Im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs fordert St. Pöltens Diözesanbischof Alois Schwarz darauf angesprochen, dass „es nicht eine Politik gegen jemanden gibt, sondern eine Politik mit den Menschen“.

Was die hohe Zahl an Kirchenaustritten im Vorjahr betrifft, glaubt der Bischof nicht, dass generell die Religiosität abgenommen habe. Vielmehr müsse die Kirche daran arbeiten, dass die Menschen „unser sinnstiftendes Angebot wahrnehmen“. Im Interview zu Ostern spricht er zudem darüber, was die Kirche für den Klimaschutz macht, und wie die Menschen trotz Teuerung und dem nach wie vor andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine Zuversicht schöpfen können.

Herr Bischof, es liegen spannende, aufregende politische Wochen hinter dem Bundesland Niederösterreich. Es gibt eine Regierungszusammenarbeit von ÖVP und FPÖ, die in verschiedenen Bereichen für viel Kritik sorgt. Zum Beispiel gab es vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, die Bezeichnung „Kellernazis“ in Richtung der FPÖ, die Kultur ist sehr aufgebracht, Schriftsteller Robert Menasse hat gesagt, er zweifelt die christlichen Werte dieser Regierung an. Wie stehen Sie dazu?

Bischof Alois Schwarz: Als Bischof bete ich viel für das politische Miteinander. Darin sehe ich meine erste Aufgabe als Bischof, für das Land zu beten, für die Menschen, für die, die Verantwortung tragen. Als Staatsbürger ist es mir wichtig, dass die Demokratie in unserem Land nicht verkümmert, sondern gut gelebt wird. Ich frage Leute immer wieder, wenn ich zusammenkomme: „Was macht ihr für die Demokratie in unserem Land, für einen sozialen Ausgleich, für das gute Gespräch?" Dass es nicht eine Politik gegen jemanden gibt, sondern eine Politik mit den Menschen.

Aber teilen Sie so manche Sorgen oder finden Sie, dass Wortmeldungen manchmal überzogen sind?

Schwarz: Solche Wortmeldungen, die ich lese oder höre, kommentiere ich nicht. Ich weiß oft den Zusammenhang nicht. Mir geht es darum, wie respektvoll die Würde des anderen geachtet wird. Das ist das, was mir manchmal Sorge macht, wenn abschätzig, abwertend Menschen in ihrer Würde verletzt werden. Das tut mir eigentlich weh.

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„Die Pandemie hat die Zerbrechlichkeit der Gesellschaft gezeigt“: St. Pöltens Diözesanbischof Alois Schwarz im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs

Sowohl in der Politik, als auch in der Gesellschaft ist oft von Gräben die Rede, dass es ein schwieriges Verhältnis gibt von vielen Gruppen, ausgehend von der Pandemie. Es gibt nur noch Freunde oder Feinde, hört man oft. Was hören Sie in Ihrer Kirchengemeinschaft? Teilen Sie das, dass es momentan gesellschaftlich schwierige Zeiten sind?

Schwarz: Die Pandemie hat uns in gewisser Weise die Zerbrechlichkeit der Gesellschaft gezeigt. An dieser Zerbrechlichkeit gilt es jetzt zu arbeiten, dass das Miteinander wieder aufgebaut wird. Ich glaube, wir brauchen wieder das Gespräch. Einander begegnen, einander in die Augen schauen und einander aushalten auch in den verschiedensten Meinungen.

Im Jänner verzeichnete die katholische Kirche einen Rekord an Austritten. Etwas mehr als 90.000 Personen haben im Vorjahr die römisch-katholische Kirche verlassen. Das ist nichts Neues, es gibt immer wieder mehr Austritte. Warum lässt sich dieser Trend nicht stoppen?

Schwarz: Das ist eine Wahrnehmung, dass Menschen sagen, „Ich lebe meine Religiosität, ohne die Institution Kirche“. Ich glaube nicht, dass die Religiosität abgenommen hat. Wenn ich schaue, dass so viele Eltern ihre Kinder in katholische Privatschulen geben. Wir haben katholische Krankenhäuser, wo die Menschen sagen, „Ich möchte in einem katholischen Krankenhaus behandelt werden“. Wir haben so unterschiedliche Reaktionen auf Religiosität, Spiritualität und Kirchlichkeit. Daran arbeiten wir, dass die Menschen unser sinnstiftendes Angebot wahrnehmen. Die Kirche ist eine Einrichtung, eine Gemeinschaft, eine Organisation, wo es darum geht, Menschen in ihrer Sinnsuche mit Gott zu begleiten. Da denke ich, sind wir eigentlich stark, aber von manchen nicht so wahrgenommen.

In der Österreichischen Bischofskonferenz sind Sie für Umwelt und Nachhaltigkeit zuständig. Was kann die Kirche zum großen Thema Klimaschutz beitragen?

Schwarz: Wir haben, seit der Papst ‚Laudato si‘ geschrieben hat – dieses weltverändernde Dokument über die Nachhaltigkeit, über die gemeinsame Sorge für das gemeinsame Haus der Welt – ganz konkrete Pläne der Umstellung, was den Energieaufwand und die Beschaffungsordnung betrifft. Wir haben erst in St. Pölten ein Wasserkraftwerk gebaut, wir haben Photovoltaikanlagen, wir untersuchen unsere Pfarrhöfe zusammen mit der Universität in Krems. Wir haben hier sehr viele Gespräche und ich bin dem Land Niederösterreich sehr dankbar, dass es immer auch Energiesparpfarren und Energieausweise gibt. Das Land ist uns hier wirklich eine ganz große Stütze.

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Wie kann man trotz Teuerung und Ukrainekrieg Zuversicht schöpfen? Man soll auf „soziale Poeten“ hören, die in der Kirche Hoffnung vermitteln, so Schwarz im Interview.

Wir stehen vor dem Osterfest, Herr Bischof, die Menschen haben viele Probleme. Für viele ist das Leben sehr teuer geworden, teilweise nicht mehr ganz leistbar wie zuvor. In unmittelbarer Nähe findet ein Krieg statt, der uns seit vielen Monaten sehr belastet. In Richtung Osterfest gedacht: Wie können es Menschen in schwierigen Zeiten, wie sie gerade da sind, schaffen, Zuversicht zu schöpfen?

Schwarz: Das eine ist, dass wir auf die sozialen Poeten unserer Tage hören, und ich hoffe, dass wir in der Kirche mit unserem Evangelium so etwas wie soziale Poeten sind, die Hoffnung vermitteln und sagen, „Schau, du bist begleitet von einem Gott, der deine Energie der Liebenswürdigkeit, der Nächstenliebe, der Zärtlichkeit wachruft, und in dir lebt so etwas wie ein Herz für die anderen.“ Wenn wir als Kirche das vermitteln und sagen, wir haben jemanden, der uns hilft, über die Schwelle des Todes ins Leben zu kommen.

Wir sind eine Organisation, die sagt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und das ist gerade heute wichtig, das hinein zu buchstabieren in so traurige Situationen wie in der Ukraine oder in Lebensschicksale von Menschen, die sagen, „Ich bin krank, ich werde sterben.“ Da braucht es so viel Behutsamkeit, nicht ein Aufdrängen, aber bei den Menschen sein. Da gibt es viele in unserem Land, ich danke allen, die jetzt Ostern feiern. Ich sehe die Frauen, Männer und Kinder vor mir, die Ostern feiern und Freude haben, dass wir in unseren säkularen Kalender ein Fest einschreiben, wo die Kirche sagt, das Leben atmet neue Hoffnung.

Herr Bischof, vielen Dank. Ich wünsche Ihnen frohe Ostern.

Schwarz: Dankeschön. Allen auch ein gesegnetes Fest!