ÖBB Cityjet Doppelstock
ÖBB/Stadler
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Verkehr

Zu spät, zu voll: Unmut über Nordwestbahn

Pendlerinnen und Pendler klagen in den vergangenen Monaten über unpünktliche, ausgefallene oder überfüllte Züge auf der Nordwestbahnstrecke. Seitens der ÖBB heißt es, 96 Prozent der Züge seien pünktlich, in neue Garnituren werde investiert.

Die Liste an Zugproblemen, die ein Pendler auf der Strecke zwischen Retz (Bezirk Hollabrunn) und Wien in den vergangenen neun Monaten dokumentierte, ist lang. So schreibt er etwa am 29. Juni 2022: „Heute um 16.58 hatte unser Zug (REX3: Wien-Mitte nach Znjomo) statt fünf Doppelstockwaggons schon wieder nur drei alte Schnellbahnwaggons (ohne Klimaanlage). Ich konnte wegen Platzmangels nicht einsteigen und muss 30 Minuten auf den nächsten Zug warten.“

Am 2. Februar 2023 dokumentierte der Fahrgast, dass aufgrund fehlender Doppelstockwagen die Menschen „dicht gedrängt auf den Gängen wie in einer U-Bahn“ standen. Knapp 40 ähnlich lautende Nachrichten schickte der frustrierte Pendler an den Bürgermeister von Wullersdorf (Bezirk Hollabrunn), Richard Hogl (ÖVP), der diese veröffentlichte. Häufig komme es auch zu Zugausfällen oder langen Wartezeiten von bis zu 30 Minuten.

96 Prozent der Züge pünktlich

Seitens der ÖBB spricht man angesichts der langen Liste an Beschwerden von „unplanmäßigen Ereignissen“. Es könne aufgrund dieser vorkommen, „dass weniger Wagen als geplant auf einer Strecke unterwegs sind oder Verspätungen auftreten“, so ÖBB-Sprecher Christopher Seif gegenüber noe.ORF.at. Unter anderem sei die stetige Wartung der Zuggarnituren und Strecken ein Auslöser für Verspätungen und kurze Züge.

Allerdings betont man bei den ÖBB, dass eine aktuelle Erhebung der Pünktlichkeitsstatistik entlang der Nordwestbahnstrecke eine Pünktlichkeitsrate von rund 96 Prozent für das erste Quartal 2023 ergeben habe. Die wenigen Verspätungen seien unter anderem auf einen Schwellenbrand und Folgeverspätungen aufgrund des Grenzverkehrs entstanden.

Hogl: Pünktlichkeit ist „geschönt“

Für den Wullersdorfer Bürgermeister sind diese Zahlen nicht nachvollziehbar. Er bezeichnete die Pünktlichkeitsrate in einer Aussendung als „geschönt“. „Wir bekommen nicht das, wofür wir zahlen, sondern nur minderwertigen Schrott“, so Hogl.

Auf die Beschwerde, dass auf der Nordwestbahn immer wieder alte Zuggarnituren mit geringer Fahrgastkapazität im Einsatz wären, heißt es seitens der ÖBB, ältere Garnituren würden nach und nach durch neue Wagen ersetzt. Heuer würden etwa 19 Cityjet-Wagen in der Ostregion auf Schiene gehen. 41 neue Cityjet-Doppelstockzüge seien außerdem bestellt, sie werden allerdings erst ab 2026 in der Ostregion im Einsatz sein.

Pendler klagen auch auf innerer Westbahnstrecke

Auch auf der inneren Westbahnstrecke sei es in den vergangenen Monaten gehäuft zu Verspätungen gekommen, wie die Fahrgastvertretung Pro Bahn gegenüber noe.ORF.at kritisiert. „Wer täglich mit dem Zug unterwegs ist, kann damit rechnen, ein- bis zweimal in der Woche massiv zu spät zu kommen“, sagt Pro-Bahn-Niederösterreich-Sprecher Andreas Offenborn. Viele Wien-Pendlerinnen und -Pendler würden aufgrund der Unsicherheit vermehrt mit dem Auto zum U-Bahn-Bahnhof Wien-Hütteldorf fahren, statt mit dem Zug in die Stadt zu fahren.

Bei den ÖBB kann man diese Beschwerden nicht nachvollziehen. „Auch auf der inneren Westbahnstrecke gab es im ersten Quartal 2023 nur wenige vereinzelte Zugausfälle. Es gab auf der inneren Westbahnstrecke keine großartigen Verspätungen/Ausfälle, die auf die Schnelle evaluiert werden können“, so Seif gegenüber noe.ORF.at. Die subjektive Wahrnehmung der Pünktlichkeit sei oft „eine andere“, besonders wenn man in kurzen Abständen von Verspätungen betroffen sei, so Seif. Die ÖBB würden jedenfalls stetig daran arbeiten, die Pünktlichkeitsrate weiter zu verbessern.