Herzogsbad um 1920
Stadtarchiv Baden
Stadtarchiv Baden
Kultur

„Aufbaden–Abbaden“: Schau über Kurkultur

Der Kurkultur widmet sich die Ausstellung „Aufbaden–Abbaden. Kurkultur in Baden“ in Baden, die von Samstag bis 5. November im Kaiserhaus zu sehen ist. Die Schau taucht nach Kurgeschichten vom 18. Jahrhundert bis ins heutige Baden.

Historische Reiseführer und Kurlisten, kunstvolle Stiche, Schwefelsteine, kuriose Turn- und Therapiegeräte sowie frühe Filmaufnahmen und Fotografien sollen in der Ausstellung im Kaiserhaus von der Entwicklung der Badekultur und des Kurtourismus erzählen.

Ausstellungshinweis

„Aufbaden–Abbaden. Kurkultur in Baden“, 22. April bis 5. November 2023, dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10.00 bis 18.00 Uhr, Kaiserhaus, Baden

„Der Ausstellungsrundgang in sechs Räumen lädt ein, dem Ablauf eines Kuraufenthalts zu folgen“, hieß es am Dienstag bei der Pressepräsentation der Schau. Das geht vom Ankommen in der Kurstadt über das Aufbaden im Schwefelbecken, das Anwenden im Wasser und im Turnsaal und das Ausgehen im Kurpark bis hin zum Abtauchen im Einzelbad, um schließlich im Strandbad wieder aufzutanken.

Die historischen Räumlichkeiten des Kaiserhauses werden mit einfachen Mitteln, nachhaltigen Materialien und einem besonderen Farbkonzept zu überraschenden Badearchitekturen verwandelt. Ein breites Angebot zur Interaktion und Hörstationen mit Zeitzeugenberichten, Interviews und Kurmusik runden das Eintauchen in die Kurkultur auf vielfältige Weise ab.

Herzogsbad 1672
Rollettmuseum Baden
Das Herzogsbad in Baden, 1672

Badens Bürgermeister Stefan Szirucsek (ÖVP): „Die Ausstellung ‚Aufbaden–Abbaden. Kurkultur in Baden‘ stellt die Badekultur einer großen europäischen Kurstadt vor. Der Kuraufenthalt diente dazu, gesund zu bleiben oder gesund zu werden. Das reichhaltige Unterhaltungsangebot in Baden machte die Kur zu einer Erholung für Körper und Geist und zu einem gesellschaftlichen Erlebnis. Das ist in der Kur- und Kulturstadt Baden noch heute lebendig und spürbar und macht das besondere Lebensgefühl und die Lebensqualität in Baden aus.“

Kuren als gesellschaftliches Phänomen

„,Wir riechen ihn nicht!’, sagen oft die echten Badener Schwefelkinder. Trotzdem begegnen sie den Auswirkungen der wohltuenden Quellen in der Stadt ebenso wie die (Kur-)Gäste. Egal, in welchen Bereich man schaut, die Stadt ist dazu reich an Geschichten. In die Geschichte Badens einzutauchen ist daher nicht nur für Besucherinnen und Besucher aus dem In‐ und Ausland, sondern auch für die Badenerinnen und Badener ergiebig“, so Ulrike Scholda, die Leiterin der Museen Baden.

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Badekleid 1917
Stadtarchiv Baden
Bademode anno 1917
Einzelbad im Herzogshof, um 1910
Stadtarchiv Baden
Ein Einzelbad im Herzogshof in Baden, um 1910
Eingang in die Ursprungsquelle, um 1910/20
Stadtarchiv Baden
Der Eingang in die Ursprungsquelle, etwa 1910 bis 1920
Ursprungsquelle, 1928
Stadtarchiv Baden
Die Ursprungsquelle, 1928
Taschenspiegel anlässlich der Eröffnung des Strandbades Baden
Thomas Magyar/Rollettmuseum Baden
Ein Taschenspiegel anlässlich der Eröffnung des Thermalstrandbades
Mineralwasser Peregriniquelle
Thomas Magyar/Rollettmuseum Baden
Das Mineralwasser Peregrini-Quelle aus Baden
Historische Spielkarten
Stadtarchiv Baden
Historische Spielkarten
Statistik Kurbesuch, circa 1925
Rollettmuseum Baden
Eine Statistik über die Zahl der Kurgäste in Baden, um 1925
Engelsbad, 1960
Stadtarchiv Baden
So kurte man anno 1960
Reiseführer über Baden
Thomas Magyar/Stadtarchiv Baden
Historische Reiseführer über Baden

Auf der Suche nach Genesung und Erholung zieht es seit Jahrhunderten Kurgäste aus aller Welt in die Thermenstadt Baden. Sie baden im Schwefelwasser, lassen sich in warme Tücher wickeln und wandeln in der Trinkhalle. Oder sie bandeln ein wenig im Kurpark an und dösen im Strandbad in der Sonne. Reiseführer und Kurlisten dokumentieren, wie international das Publikum bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts war: Gäste kommen aus dem heutigen Istanbul, aus Frankreich, England, Ungarn, Russland oder Indien. Adelige und bürgerliche Familien reisen samt Angestellten an, was wesentlich zur wirtschaftlichen sowie politischen Bedeutung der Stadt beiträgt.

Hygiene und Moral im Wandel der Zeit

Ob nackt oder im hochgeschlossenen und im Saum mit Blei beschwerten Badekleid, gebadet wird in der Geschichte des Heilbadens gemeinsam oder getrennt – nach Geschlecht, aber auch nach Religionszugehörigkeit und sozialer Stellung.

Die Einrichtung von Badehäusern, die bestimmten gesellschaftlichen oder religiösen Gruppen vorbehalten sind – wie etwa die Armenbäder, das Militärbad oder das „Judenbad“ –, spiegelt historische, soziale und politische Entwicklungen. Badeordnungen geben Einblicke in Hygiene‐ und Moralvorstellungen ihrer Zeit. Sie regeln unter anderem auch, welche Art von Gesang in den Bädern erlaubt oder verboten ist.

Josefsbad
Stadtarchiv Baden
Das Josefsbad in Baden, 1927

Heute wird dazu geraten, circa 15 Minuten pro Tag im Schwefelwasser zu verbringen, in den vergangenen Jahrhunderten badeten Kranke und Kurgäste oft viele Stunden täglich im warmen Wasser. Beim „Aufbaden“ gewöhnen sich die Badenden an das wohltuende Nass, am Ende der Kur erfolgt beim „Abbaden“ die langsame Entwöhnung.

In der Ausstellung erfährt man auch mehr von der Geschichte der Bäderheilkunde und ihrer therapeutischen Anwendungen, anhand derer sich medizinhistorische Entwicklungen nachvollziehen lassen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts betrieben Bader oder „Landschaftschirurgen“ die Badestuben und boten Dampfbäder oder auch Aderlässe an. Heute liegt der medizinische Schwerpunkt der Kur in Baden auf der Behandlung von Beschwerden des Stütz‐ und Bewegungsapparates sowie rheumatischen Erkrankungen. Baden gehört zu den traditionsreichsten Kurstädten Europas und wurde 2021 in die UNESCO-Welterbeliste „Great Spa Towns of Europe“ aufgenommen.

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Strandbad Baden 1926
Thomas Magyar/Stadtarchiv Baden
Das Strandbad Baden, 1926
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Die Ausstellung im Kaiserhaus Baden ist bis 5. November zu sehen
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Zahlreiche Exponate zeigen, welche Geräte früher bei Kuren verwendet wurden
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Die Geschichte der Kur ist auch eine Geschichte der sozialen Unterschiede
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
„Man mache es sich zum Prinzip, im Kurorte angelangt, ein ‚neues und frisches Leben‘ zu beginnen“, hieß es 1904 in einem Text über die Kurstadt Baden
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Fotografen entdeckten bald die zahlungskräftigen Kurgäste
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden mit Ulrike Scholda, Beatrice Jaschke und Stefanie Muther, von links
C. Kollerics
Ulrike Scholda (Museen der Stadt Baden), die Kuratorin Beatrice Jaschke und die Ausstellungsgestalterin Stefanie Muther (v. l.)
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Baden, die Stadt der zahlreichen Quellen
Ausstellung Aufbaden Abbaden im Kaiserhaus Baden
Thomas Magyar
Kurkultur in Baden kann zu Fuß durch die Kurstadt erkundet werden

Die Kur als sozialer Treffpunkt

„Eine erfolgreiche Kur bedeutet neben den Anwendungen auch ausreichend Bewegung im Freien und ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm“, so Scholda. Der Kurpark ist Dreh‐ und Angelpunkt des gesellschaftlichen Aspekts des Kurens.

„Lido‐Atmosphäre“ brachte das 1926 in nur 80 Tagen erbaute Strandbad nach Baden. Mit einem in Österreich damals einzigartigen künstlichen Sandstrand für etwa 2.000 Personen, zwei Schwimmbecken zu je 50 Metern Länge, Sprungbrettern und einem Zehnmeterturm sollte es Baden nach dem Ersten Weltkrieg wieder zum Weltkurort machen. Bademoden aus den 1920er und 1930er Jahren machen in der Ausstellung den Wandel zum Zweckhaften und den sich anbahnenden Körperkult deutlich.