Windpark und Photovoltaikanlage in Trumau
Wien Energie/Johannes Zinner
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Politik

„Erneuerbare“ sollen verdreifacht werden

Die Energiewende, weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern, ist ein zentrales Ziel, um gegen den Klimawandel anzukämpfen. Niederösterreich liegt auf diesem Sektor im Bundesländervergleich voran. Der Strom aus „Erneuerbaren“ soll verdreifacht werden.

Das Programm, das bei einem Pressegespräch in St. Pölten vorgestellt wurde, ist umfangreich. Bis 2035 sollen die 800 bestehenden Windräder „repowered“, also modernisiert und damit leistungsfähiger gemacht werden. Dazu kommt, dass 250 neue Anlagen gebaut werden. Insgesamt soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern bis 2035 verdreifacht werden. Dabei handle es sich um 10.000 Gigawattstunden, das sei der Stromverbrauch der Steiermark, so Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP).

Herbert Greisberger, Stephan Pernkopf
NLK Pfeffer
Herbert Greisberger, Geschäftsführer der Energie- und Umweltagentur, im Gespräch mit Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf auf dem Dach des Landhaus-Schiffes in St. Pölten

Dafür seien die Verfahren beschleunigt worden, betont Pernkopf. Bei Photovoltaik-Dachanlagen wurden die Verfahren überhaupt abgeschafft. Für genehmigungspflichtige Anlagen wurde das Personal um ein Viertel aufgestockt. Niederösterreich sei das Bundesland mit den meisten UVP-Verfahren, aber der kürzesten Verfahrensdauer von durchschnittlich einem Jahr. Problematisch werde es nur, wenn es zu Einsprüchen komme, denn bei nachfolgenden Instanzen im Bund dauere die Verzögerung im Schnitt zwischen fünf und sieben Jahre, so Pernkopf.

Höchster Anteil an „Erneuerbaren“

Der Anteil am österreichweiten Strom aus erneuerbarer Energie beträgt in Niederösterreich 38,5 Prozent – ohne Wasserkraft, nur mit Wind, Photovoltaik und Biomasse. Diesem Wert am nächsten kommt das Burgenland mit 19 Prozent, Schlusslicht ist Vorarlberg mit etwas mehr als einem Prozent.

Herbert Greisberger, Geschäftsführer der niederösterreichischen Energie- und Umweltagentur, spricht von einer Vorreiterrolle Niederösterreichs auch im gesamtösterreichischen Vergleich: „Österreichs Energiewende findet in Niederösterreich statt“, sagt Greisberger. Derzeit liege die Kapazität der Windenergie bei 4.300 Gigawattstunden, 2035 sollen es 12.000 Gigawattstunden sein. Niederösterreich hat auch den größten Photovoltaik-Anteil aller Bundesländer. Auch dieser soll ausgebaut werden.

Im Dezember wurde eine Zonierung für Photovoltaik-Großanlagen festgelegt, 116 Flächen mit insgesamt 1.100 Hektar wurden ausgewiesen, hier können Anlagen mit jeweils bis zu zehn Hektar Größe gebaut werden. Neu ist auch eine Förderung für die Überdachung von bis zu 2.000 öffentlichen Parkplätzen mit Photovoltaik.

Pernkopf: „Erwarten Rekordjahr bei Photovoltaik“

Im „NÖ heute“-Interview mit Claudia Schubert zeigte sich Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf zuversichtlich, dass Niederösterreich die gesteckten Ziele erreichen könne. Trotz Rohstoff- und Fachkräftemangel erwarte man heuer etwa ein „Rekordjahr bei Photovoltaik“.

noe.ORF.at: Eine Verdreifachung der erneuerbaren Stromproduktion bis 2035 – das ist einiges, ist aber auch davon abhängig, dass Privatpersonen mitmachen, Photovoltaikanlagen auf ihre Dächer bauen, dass Windkraftbetreiber Windkraftanlagen bauen. Was macht Sie so sicher, dass dieses Ziel erreichbar ist?

Stephan Pernkopf: Wir haben jetzt schon in manchen Gemeinden die Ziele erreicht. Es ist schon sehr viel umgesetzt worden. Es haben zum Beispiel schon über 100.000 Menschen in Niederösterreich ihre Heizungsanlage ausgetauscht, von Öl oder Gas auf erneuerbare Energie. Und wir sind das Land mit der höchsten CO2-Reduktion und mit dem größten Ausbau der erneuerbaren Energien, weil Gemeinden, Wirtschaft und die Landsleute alle zusammenarbeiten.

noe.ORF.at: Das heißt, auch wenn jetzt alles teurer wird, erwarten sie nicht, dass das ins Stocken gerät, dieser Ausbau?

Pernkopf: Begrenzende Faktoren sind momentan komplizierte Förderansuchen über den Bund. Das kritisieren wir. Wir sagen, jede und jeder, der eine Photovoltaikanlage baut, soll mit der Rechnung dann hingehen bei Fertigstellung und dann die Förderung bekommen.

Und begrenzender Faktor ist da und dort auch noch das teilweise nicht verfügbare Material, zum Beispiel Photovoltaik. Oder natürlich, es gibt einen derartigen Boom, dass auch das Fachpersonal da und dort fehlt. Aber wir bekommen sehr viel weiter. Wir haben hier wirklich gerade im Bereich der Photovoltaik im heurigen Jahr ein Rekordjahr zu erwarten. Mindestens 15.000 Anlagen werden in Niederösterreich montiert. Das ist mehr als im Österreich-Schnitt und darauf können wir gemeinsam sehr stolz sein.

Pernkopf (ÖVP) zu den Zielen im Klimaschutz

Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf spricht im Studiogespräch mit Claudia Schubert über die Erreichbarkeit der Klimaziele in Niederösterreich.

noe.ORF.at: Auch Fachleute bestätigen, dass Niederösterreich viel beim Ausbau der erneuerbaren Energien tut. Andererseits sagen sie auch: Um die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, wird das nicht reichen. Da wird es umfassende Maßnahmen im Bereich Verkehr, im Bereich Gebäudedämmung brauchen. Was gibt es da für Pläne?

Pernkopf: Zunächst einmal sind wir eines von neun Bundesländern. Wir werden beim Finanzausgleich mit 20 Prozent berücksichtigt, und beim Ausbau der Erneuerbaren haben wir knapp 40 Prozent. Das sagt einiges über die Leistungsfähigkeit Niederösterreichs in diesem Bereich aus.

Der zweite Punkt: Die Klimaziele werden derzeit europaweit nicht erreicht. Wir haben es mit Teuerung und Inflation zu tun. Allerdings können wir für uns beanspruchen, dass wir die sind, die die Energieziele und die Reduktionsziele noch am besten erreichen werden. Das heißt, wir sind weit vorne, obwohl wir die Gesamtziele nicht erreichen, weil sie derzeit niemand erreichen wird.

Man muss ja auch sagen, was hat das für einen Sinn? Ich will ja die Ziele nicht erreichen, indem z. B. die Wirtschaft stillgelegt wird. Wir haben ja Gott sei Dank wieder ein Wirtschaftswachstum und wir wollen möglichst umweltgerecht produzieren, mit viel erneuerbarer Energie. Und der Strom – ganz wichtig – muss für die Menschen auch leistbar bleiben.

noe.ORF.at: Es gibt eine neue EU-Richtlinie, die vor kurzem grünes Licht bekommen hat, die spätestens 2028 in Kraft tritt. Vereinfacht gesagt – weil das sehr kompliziert ist: Wenn wir nicht sehr viel tun bis dahin im Bereich Verkehr, im Bereich Heizen, dann wird es für ganz viele sehr viel teurer werden. Ändert diese neue Richtlinie Ihre Pläne in Niederösterreich?

Pernkopf: Gerade deswegen tun wir ja so viel, dass wir nachher nicht unnötig Geld für Strafen zahlen müssen. Wir haben pro Jahr zwischen 10.000 und 20.000 Photovoltaikanlagen errichtet. Das alles hilft, CO2 einzusparen. Und die Energieberatung hat sich verzehnfacht. Da geht es um Dämmung, um Sanierung. All das sollte helfen, dass wir möglichst 2027/2028 nicht unter Zugzwang kommen. Hier werden wir noch mehr Tempo machen. Das funktioniert bei uns sehr gut. Deswegen bin ich optimistisch, dass wir die Ziele auch wirklich erreichen.

noe.ORF.at: Kommen wir noch zu einem ganz aktuellen Thema: Die Bundesregierung will künftig Gewinne von Energiekonzernen stärker abschöpfen. Das soll gegen die Teuerung wirken, gegen die Inflation wirken. Das würde auch die EVN treffen. Ist das die richtige Maßnahme?

Pernkopf: Alles ist gut, was hilft, den Strompreis für die Menschen zu senken. Das ist alles zu begrüßen. Das Grundproblem liegt aber im Merit-Order-System. Das hat sich die E-Wirtschaft in ganz Europa gemeinsam gegeben. Das ist ein System, das momentan niemand mehr verstehen kann. Das heißt, man sollte auf die Erzeugungskosten zurückkommen.

Aber diese Maßnahme der Bundesregierung ist wichtig, und sie trifft ja nicht nur die EVN, sondern alle Energieversorger. Wichtig ist: Der Strom muss für die Menschen leistbar bleiben. Und hier erwarte ich mir auch Strompreissenkungen von allen Anbietern in den nächsten Wochen, weil eben der Großhandelspreis zurückgeht.

noe.ORF.at: Das Land ist auch Eigentümer der EVN. Das Land hätte auch schon in den letzten Monaten eingreifen können.

Pernkopf: Der Vorstand ist im Aufsichtsrat verantwortlich und hier gehe ich davon aus, dass sie entsprechende Gespräche geben wird, dass es hier zu Senkungen auch kommt.