Sonne, 20 Grad im Mai. Zwischen Olivenbäumen sitzend, hört man das Rauschen des Wassers – Spoiler: Es ist die Donau, nicht das Meer. Und Franz Bräuer erzählt, wie er hier auf einer der obersten Weinterrassen in Oberarnsdorf (Bezirk Krems) die ersten Olivenbäume gepflanzt hat. Mit einem Zahnstocher versucht er nebenbei, auf dem Teller eine Olive aus der Vorjahresernte zu erwischen.
„Es ist ein Baum für faule Gärtner, das beschränkt sich auf Zurückschneiden im Frühjahr, bevor sie blühen, während dem Jahr dann schauen, ob frische Triebe sind, innen bisschen ausschneiden und ernten. Im Großen und Ganzen war es das.“ Etwa 350 Olivenbäume stehen hier auf zwei Grundstücken am rechten Donauufer.
„Arbequina“ nennt sich die Sorte aus Spanien – nach jahrelangem Testen hat Bräuer die passendste für das Klima im niederösterreichischen Zentralraum gefunden. Frostresistent: „Sie verträgt so bis minus 13, minus 14 Grad. Und sie ist frühreif, also frühblühend, das ist bei uns wichtig, weil der Sommer um einiges kürzer ist als im Süden.“ Die Frucht kommt erst im Sommer, geerntet wird sie Ende November.
Klassische Wachau: Marille, Wein – und Olive
Bräuer ist im Brotberuf Logistiker, die Olivenlandwirtschaft in der Wachau und auf einem Hof in Kapelln (Bezirk St. Pölten) ist ein „aus den Fugen geratenes Hobby“, sagt er im Gespräch mit noe.ORF.at. In den vergangenen zwei Jahren reichte die Erntemenge – etwa 60 Kilogramm – sogar für Olivenöl.
Mutter Erde
In einem Mutter-Erde-Schwerpunkt widmet sich der ORF in allen Medien von 17. bis 27. Mai den Zusammenhängen von Klimakrise und Ernährung.
Es ist ein originelles Bild von Bräuers Olivengarten hinunter ins Tal: Nach den Olivenbäumen folgen die Hänge mit den aufgereihten Weinstöcken, dann in der Ebene die Wiesen mit Marillenbäumen und schließlich die Donau. Jetzt könne die Olive in diesen Breiten überleben, sagt Bräuer. „Der Klimawandel spielt sozusagen mit: Je wärmer, je heißer es wird, desto besser und leichter ist es bei uns für die Oliven.“
Die Wachau sei von der Topografie her ideal. „Die Donau ist ein Wärmespeicher im Winter, mit den Steinmauern haben sie sich früher auch schon etwas gedacht, die stehen da nicht zufällig, die speichern auch Wärme, geben die in der Nacht ab.“ Dass die Olive fast kein Wasser brauche, stimme allerdings nicht: Auf seinen Terrassen hat Bräuer eine automatische Bewässerungsanlage gebaut.
Wieso sich der Quereinsteiger in der Landwirtschaft noch dazu für so eine seltene Pflanze entschieden hat? „Weinbau war keine Option, Obst auch nicht, da gibt es schon sehr viel, und der Hang zur südländischen Frucht war immer schon da.“ Die meisten Anfragen und das größte Interesse erhalte er von jungen Landwirten, sagt Bräuer.
Exotisches Weinviertel
Es sind Nischen, die einzelne Experimentierfreudige in der Landwirtschaft nach und nach schaffen und erfolgreich besetzen. Bei den Erla Exoten – eine gemeinsame Landwirtschaft zweier Paare in Ringelsdorf-Niederabsdorf (Bezirk Gänserndorf) – geht es um Vielfalt und Risikostreuung.
„Es ist viel Neugierde, Begeisterung für Kulturen, die es bei uns noch nicht gibt, und für Alternativen in der Landwirtschaft“, sagt Juliane Reiterer. Es sei für die Erla Exoten vor allem ein weiteres Standbein. Sie betreiben klassische Weinviertler Landwirtschaft: Zuckerrübe, Weizen, Raps. Kulturen, die durch die Klimakrise immer häufiger von Krankheiten oder Schädlingen befallen sind.
Etwa vom Getreidehähnchen: „Das trägt hier bei unseren Papau-Bäumen die Pollen von einer Blüte zur anderen, die verursachen hier keinen Schaden, sondern sind nützlich. Beim Weizen hingegen ist es so, dass sie das Chlorophyll essen, und die Eiablage passiert im Weizen“, erklärt Reiterer, die an der Universität für Bodenkultur Agrarwissenschaften studiert hat. Papau sind Früchte aus Nordamerika, ähneln vom Aussehen her einer Mango und schmecken ähnlich wie eine Papaya.
Von Folgen der Klimakrise nicht verschont
2017 pflanzten die Erla Exoten die ersten Papau-Bäume. Mittlerweile kommen sie auf 500 Kilogramm Ernte pro Jahr, verkaufen die Früchte ab Hof, stellen daraus Marmelade und Aufstriche her. „Es ist schon eine Frucht mit viel Erklärungsbedarf. Man muss schon erklären, dass das tropisch ausschaut und schmeckt, aber eben bei uns wächst.“
Unter der Klimakrise leiden die Exoten nichtsdestoweniger – unter der früher einsetzenden Vegetationsperiode, der Frühling ist quasi zu früh zu warm. „Die Pflanzen stehen da im Saft, die Knospen schwelen, und dann kommt noch einmal Kälte und die Spätfrostgefahr, das ist mit dem Klimawandel nicht weg“, so Reiterer.
Mandeln mit weniger CO2-Abdruck
Vielleicht ist die Mandel weniger gewöhnungsbedürftig: Im Mai sind kleine, grünpelzige Früchte auf den Sträuchern. In der Vollreife ähneln sie Pfirsichen, unter der grünen Schale steckt der Steinkern, darin die bekannten Mandelsamen. „Die Mandel ist gut an die Trockenheit angepasst, aber wir haben hier Tröpfchenbewässerung installiert, damit wir starke Trockenperioden ausgleichen können“, sagt Reiterer. Der Ort liegt in einer der trockensten Regionen Österreichs mit weniger als 500 Millimeter Niederschlag im Jahr.
Mandeln werden aus Kalifornien, Chile, Italien und Spanien importiert. Die Mandeln aus Ringelsdorf-Niederabsdorf haben einige tausend Kilometer weniger hinter sich. Mandel und Papau haben funktioniert, mit dem Experimentieren sind die Erla Exoten aber noch nicht fertig. Sie testen Kulturen, die für die Trockenheit noch besser geeignet wären: Kichererbsen zum Beispiel. „Die kommen mit ganz wenig Wasser aus. Bei unseren Bäumen wird sich das noch zeigen, aber ich glaube, die Mandel hat gute Chancen für die Zukunft im Weinviertel.“