Brücke Nationalpark Thaytal
Nationalpark Thayatal/Claudia Ebner
Nationalpark Thayatal/Claudia Ebner
Umwelt & Klima

Nationalparks: Orte gegen das Artensterben

Die heimischen Nationalparks sind Hotspots der Artenvielfalt. Besonders deutlich offenbaren das die Zahlen im kleinsten Nationalpark des Landes, im Thayatal: Auf 0,016 Prozent der Landesfläche Österreichs finden sich 40 Prozent der heimischen Pflanzenwelt.

Teils wachsen auf einem Quadratmeter mehrere Baum- und Straucharten wie Linde, Weißdorn, Feldahorn, Haselnuss, Seidelbast und Haselwurz, erläuterte Nationalparkdirektor Christian Übl. Neben dem Feldahorn kommen mit dem Spitz- und dem Bergahorn alle drei Ahornarten Österreichs auch in dem Nationalpark an der nördlichen Grenze Niederösterreichs vor. „Man hat da echt ganz Österreich auf einem Fleck“, betonte Rangerin Bernadette Lehner.

Das Bild ist aber nicht überall gleich. Kleine Unterschiede machen Wechsel in der Vegetation aus, erklärte Übl. „Innerhalb von 100, 200 Metern ändert sich das Waldbild sehr stark.“ Dort, wo es saures Gestein gibt, ist die Vegetation beispielsweise anders als auf Kalkgestein.

Die Natur hält sich nicht an Nationalgrenzen

Von den Tieren finden sich vor allem Schwarzstorch, Schwarzspecht, Uhu, Smaragdeidechse, Äskulapnatter und Fischotter im Thayatal sowie einzelne Nachweise der Wildkatze, die Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Österreich als ausgestorben galt. Zwei Exemplare des scheuen Tiers können im Nationalparkzentrum bei Hardegg in einem Gehege beobachtet werden.

Wildkatze
Nationalpark Thayatal
Gut zwei Dutzend Mal konnten Wildkatzenforscher mit ihren Fotofallen im Thayatal bisher Wildkatzen festhalten

Auf tschechischer Seite des Schutzgebiets ist wichtige Vorarbeit geleistet worden, betonte Übl die grenzübergreifende Zusammenarbeit. Dort war der Bereich nördlich der Thaya durch den Eisernen Vorhang im Hinterland abgeschnitten und die Natur sich selbst überlassen. Der Národní Park Podyjí besteht bereits seit 1991 kurz nach der Grenzöffnung, der österreichische Nationalparkteil seit dem Jahr 2000. 1.360 Hektar auf heimischer und 6.300 Hektar in Tschechien stehen heute unter strengem Naturschutz. Dank einer neuen Hängebrücke über die Thaya (Foto ganz oben) und der historischen Grenzbrücke in Hardegg kann der Nationalpark nun auf einem kleinen Rundwanderweg abgegangen werden.

Artenvielfalt per Boot entdecken

Auch der Nationalpark Donau-Auen, der sich vom Westen Wiens bis an die slowakische Grenze erstreckt, „ist ein Hotspot der Diversität“, betonte Nationalparkdirektorin Edith Klauser. Neben 800 höheren Pflanzenarten wurden 33 Säugetier- und 100 Brutvogelarten, acht Reptilien- und 13 Amphibienarten sowie 67 Fischarten nachgewiesen. Das entspricht 67 Prozent der in Österreich vorkommenden Amphibien- und 74 Prozent der Fischarten.

Viele der Tiere lassen sich auch bei einer Tour – etwa geführt per Schlauchboot – beobachten. Seeadler und Rotmilan kreisen auf der Jagd nach Beute über Au und Fluss, Bienenfresser bauen ihre Höhlen in sandigen Steilwänden am Ufer und Rehe überqueren schon mal schwimmend die Seitenarme der Donau.

Fotostrecke mit 3 Bildern

Würfelnatter
In Nationalparks findet man bedrohte Tierarten, die andernorts nur selten zu sehen sind – etwa Würfelnattern
Seeadler fängt Fisch
WWF / Jari Peltomäki / Birdphoto.fi
Seeadler galten in Österreich schon als ausgestorben. Der Nationalpark Donauauen zählt zu den wichtigsten Brutgebieten Österreichs
Donauauen Nationalpark Anbindung Spittelauer Arm
ORF/Stefan Schwarzwald-Sailer
Die vom Menschen wenig berührten Ökosysteme der Nationalparks weisen eine besonders hohe Artenvielfalt auf

Renaturierungsmaßnahmen zeigen Wirkung

Großes Thema in den Donau-Auen sind Maßnahmen zur Renaturierung nach Vorbild des historischen Zustandes vor der großen Regulierung der Donau ab 1870. „Der regulierte Fluss kann die Landschaft nicht mehr gestalten“, sagte Stefan Schneeweihs als Zuständiger des Nationalparks für Wasserbauprojekte. Die Landschaft lebe davon, dass es einen Fluss mit Hochwassern gibt. Sonst könne im alten Baumbestand kein junger Auwald nachwachsen.

In den Jahren 2005/06 wurden gegenüber von Hainburg die zur Regulierung angebrachten Blocksteine auf drei Kilometer Länge entfernt. So kann seither am Ufer wieder Erosion stattfinden und die Donau hat sich an dieser Stelle um 70 Meter verbreitert, erklärte Christian Baumgartner, Bereichsleiter Natur und Wissenschaft des Nationalparks. Außerdem wurde der dahinterliegende Spittelauer Arm im Herbst 2020 wieder an die Donau angeschlossen.

„Wir machen die Programme nicht, weil’s schön ausschaut“, erklärte Baumgartner. Es gehe um die Balance, die es in Flusslandschaften brauche. Eisvogel und Bienenarten finden zum Beispiel wieder Lebensraum in den Abbruchwänden am Ufer. Wenn wir zehn Prozent der Arten verlieren, würde die Funktionalität im System verloren gehen, sagte Baumgartner.

Schwechatfluss
Kern
Ein Bagger im Wasser kann hilfreiche Gründe haben: Immer mehr Flüsse werden renaturiert – hier die Schwechat, die den Biosphärenpark Wienerwald mit dem Nationalpark Donau-Auen verbindet und als Verbreitungskorridor für gefährdete Pflanzen und Tiere dient

Die Projekte an der Donau werden gemeinsam mit der Wasserstraßenverwaltung viadonau umgesetzt und sind „für den Hochwasserschutz sowieso ein Vorteil“. Die natürliche Landschaft sei einzigartig für einen großen schiffbaren Fluss in Europa. Wermutstropfen ist der zwischen Wien und Bratislava verkehrende Twin City Liner, der mit seinem starken Wellenschlag tödlich für viele Jungfische in Ufernähe ist.

International bekannt ist die Vogelvielfalt im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel, die Ornithologen und Bird Watcher aus dem In- und Ausland anlockt. 348 Vogelarten kommen hier vor. Beweidungsprojekte mit alten Haustierrassen erhalten die Steppenlandschaft und bieten Wiesenbrütern wie Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe, Feldlerche und Schafstelze Brutplatz und Nahrung.