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Chronik

Armut: Ein Viertel ist alleinerziehend

Die Inflation verschärft die Situation für armutsgefährdete Menschen, warnt die Caritas. Aktuell gelten 14 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher als armutsgefährdet. Besonders betroffen sind Alleinerziehende.

Unter jenen Menschen, die die Sozialberatung der Caritas in Wien und Niederösterreich in Anspruch nehmen, ist jeder oder jede Vierte alleinerziehend. Das ergab eine Studie, die die Caritas gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut SORA in Auftrag gab. Rund 400 Klientinnen und Klienten wurden zu ihrer Lebenssituation befragt.

Acht von zehn Klientinnen und Klienten leiden den Ergebnissen der Studie zufolge unter erheblicher materieller und sozialer Deprivation. Für die meisten sei die Armut überraschend gekommen: „Knapp 70 Prozent der Hilfesuchenden hätten nie gedacht, je auf unsere Unterstützung angewiesen zu sein. Und mehr als die Hälfte der Befragten ist überzeugt, dass sie langfristig Hilfe benötigen werden“, so Caritas-Generalsekretär Christoph Riedl.

Jeder Zweite hat kein zweites Paar Schuhe

Die Studie ergab weiters: 94 Prozent der Befragten können sich keine regelmäßigen Freizeitaktivitäten leisten. Mehr als 85 Prozent der Befragten mussten sich angesichts der Inflation verschulden oder sind auf finanzielle Hilfe angewiesen. Weitere 76 Prozent müssen auf vollwertige Mahlzeiten verzichten. 70 Prozent können abgenutzte Kleidung nicht ersetzen. Und rund die Hälfte der Befragten hat kein zweites Paar Alltagsschuhe.

Die Zahl der armutsbetroffenen Menschen stieg in Österreich zuletzt stark. Insgesamt 200.000 Menschen gelten derzeit bundesweit als von Armut betroffen, das sind 25 Prozent (40.000 Personen) mehr als im Jahr zuvor. Entsprechend verstärkt habe sich auch die Nachfrage nach der Caritas-Sozialberatung, so Riedl. Die Zahl der Beratungskontakte sei bis Mitte Mai um knapp 22 Prozent höher gewesen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Insgesamt seien heuer bereits rund 400.000 Euro an Caritas-Unterstützungszahlungen ausgezahlt worden.

Riedl: „Sozialsystem nicht mehr sicheres Auffangnetz“

Die von Bund und Land initiierten Entlastungspakete gegen die Teuerung begrüßt Riedl: „Ohne diese Hilfen wäre die Armut in Österreich noch viel stärker angewachsen.“ Allerdings zeige sich, dass die Leistungen des Sozialsystems in Österreich nicht mehr ausreichen würden, um Menschen mittel- und langfristig abzusichern. „Unser Sozialsystem ist nicht mehr das sichere, letzte Auffangnetz für Menschen in Not, das es einmal war“, so Riedl.

Der Caritas-Generalsekretär fordert daher eine bedarfsorientierte Mindestsicherung, die sich an den „realen Kosten der Menschen für Wohnen, Energie und Lebensmittel“ orientieren solle. Darüber hinaus fordert Riedl eine Erhöhung der Ausgleichszulage für Mindestpensionisten und Notstandhilfebezieherinnen auf die Armutsgefährdungsschwelle von rund 1.390 Euro für einen Einpersonenhaushalt.

Im Juni und Juli finden die traditionellen Haussammlungen der Caritas in Niederösterreich statt. Die rund 4.000 Haussammlerinnen und Haussammler bitten um Spenden, die direkt in Niederösterreich verwendet werden. Im Vorjahr kamen so mehr als 742.600 Euro an Spenden zusammen.