KIKA-Möbelhaus
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
Wirtschaft

Kika/Leiner kündigt 1.900 Beschäftigte

Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts der angeschlagenen Möbelkette Kika/Leiner wird 23 von 40 Standorten per Ende Juli schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kündigen. „Wir retten jetzt, was zu retten ist“, so der neue Betreiber.

Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung soll „erheblich“ verkleinert werden, so der neue kika/Leiner-Betreiber und Geschäftsführer Hermann Wieser am Dienstag in einer Aussendung. „Um das Unternehmen wirtschaftlich überlebensfähig und vor allem langfristig wettbewerbsfähig zu machen, sind tiefgreifende Einschnitte und ein schneller, konsequenter Cut notwendig“, erklärte er. Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Mio. Euro übernommen worden und um die laufenden Kosten zu decken, betrage der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich circa acht bis zehn Mio. Euro.

Geschlossen werden laut Unternehmensangaben per Ende Juli 2023 die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring. An diesen Standorten beginnt ab sofort der Abverkauf mit Preisreduktionen.

Maßnahmenpaket für Mitarbeiter angekündigt

„Bedauerlicherweise sind die Hauptleidtragenden die Mitarbeiter, die am wenigsten dafür können“, so der neue kika/Leiner-Chef. Aus diesem Grund habe man gemeinsam mit den Betriebsräten für die durch Kündigung betroffenen Mitarbeiter ein Maßnahmenpaket beschlossen. Die Gewerkschaft GPA rät den betroffenen Beschäftigten, nichts zu unterschreiben, sondern sich beraten zu lassen.

Gemeinsam mit der Arbeiterkammer werde die GPA die Beschäftigten informieren, hieß es in einer Aussendung. Kritik übten die Arbeitnehmervertreter am ehemaligen kika/Leiner-Eigentümer. „Dass Benkos Signa-Holding von einem ‚sehr guten Investment‘ spricht, während die Hälfte der Belegschaft um ihre Jobs zittert, ist zynisch und entspricht brutalem Turbokapitalismus“, so GPA-Chefin Barbara Teiber.

Vergangene Woche wechselte Kika/Leiner den Besitzer. Nach knapp fünf Jahren als Eigentümer verkaufte die Signa Retail Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko die Immobilien der Möbelkette für einen nicht genannten Preis an die Supernova Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert. Das operative Geschäft ging an Wieser, der seit Jahrzehnten im Möbelgeschäft arbeitet und unter anderem Verkaufschef von XXXLutz und Kurzzeit-Chef von kika/Leiner im Jahr 2014 war – mehr dazu in news.ORF.at (1.6.2023).

„Managementfehler und falsche Markenstrategien“

Gründe für die Schieflage des Unternehmens gibt es laut dem neuen Eigentümer „viele“. Es habe „Management-Fehler, explodierende und nicht an die Rahmenbedingungen angepasste Kosten, komplizierte, personalintensive Abläufe, falsche Markenstrategien, zu geringe Flächenproduktivität und viel zu hohe Overheadkosten“ gegeben. In Folge habe die „aktuelle Marktsituation mit sinkenden Umsätzen aufgrund von Corona, Ukrainekrieg, hohen Energiekosten, hohen Zinsen und verschärften Vergaberichtlinien für Kredite die Gesamtsituation verschärft“, so Wieser.

Um kika/Leiner zu sanieren, will der neue Eigentümer „einen hohen zweistelligen Euro-Millionenbetrag“ in die Möbelkette stecken. Über Finanzierungspartner machte Wieser als Alleineigentümer der Leiner & kika Möbelhandels GmbH bisher keine Angaben.

Einen Gewinn hatte das Möbelgeschäft für Signa in den vergangenen fünf Jahren nicht abgeworfen. Im Geschäftsjahr 2020/21 beliefen sich die Verluste der kika Möbel-Handelsgesellschaft und der Rudolf Leiner Gesellschaft auf 12,9 Mio. Euro bzw. 9,9 Mio. Euro, geht aus dem Firmenbuch (Wirtschafts-Compass) hervor. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Über die Jahre kumulierte sich bis Ende September 2021 ein Bilanzverlust bei kika und Leiner von 106 Mio. Euro bzw. 83,7 Mio. Euro.

„Es ist ein drastischer Schritt des Unternehmens, der auch vier Standorte in Niederösterreich betrifft. Leider sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Leidtragenden, weshalb ich mir vom neuen Management eine faire, sozialpartnerschaftliche Abwicklung und Klarheit in der Kommunikation erwarte“, so die für Wirtschaft zuständige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Dienstag in einem schriftlichen Statement. Sie kündigte Unterstützung seitens des Landes an, „wo dies möglich ist“.