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Unsplash/Roman Wimmers
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Wirtschaft

Mittelschicht immer öfter armutsgefährdet

Berechnungen des Dachverbands der staatlich anerkannten Schuldnerberatung (ASB) weisen deutlich gestiegene Lebenskosten auf. Jede fünfte Person sei armutsgefährdet. In Niederösterreich erkenne man, dass das zunehmend Menschen aus der Mittelschicht betrifft.

In Referenzbudgets stellt der Dachverband der Schuldnerberatung die monatlich notwendigen Ausgaben für unterschiedliche Haushaltsformen dar. So hat beispielsweise eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern heuer Ausgaben im Wert von 4.100 Euro pro Monat – 300 Euro mehr als noch im Vorjahr. Die höchste Steigerung liegt mit fast 60 Prozent im Bereich Heizen, gefolgt von einer Steigerung bei den Strom- und Lebensmittelpreisen mit jeweils plus elf Prozent sowie mit einem Kostenanstieg von sieben Prozent im Bereich der sozialen und kulturellen Teilhabe.

Laut einer Umfrage der Arbeiterkammer versuchen drei von vier Österreicherinnen und Österreichern vor allem in letzterem Bereich einzusparen. Das sei jedoch problematisch, da für Kinder und Jugendliche eine grundlegende Teilhabe am sozialen Leben für die gesunde Entwicklung unerlässlich sei. Bei Erwerbstätigen sei ein Ausgleich zur Arbeit notwendig, und Seniorinnen und Senioren drohe die Vereinsamung, wenn beispielsweise der gelegentliche Kaffeehausbesuch ausgelassen werde.

Mittelschicht „bricht weg“

Durch die erheblichen Preisanstiege gehe die Kluft zwischen Lebenskosten und dieser Grenze immer weiter auseinander. „Wir bemerken, dass die sogenannte Mittelschicht langsam ‚wegbricht‘ beziehungsweise dass Menschen, die bisher ganz gut über die Runden gekommen sind, plötzlich armutsgefährdet sind“, bestätigte Michael Lackenberger, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich.

Grundsätzlich liegt die Armutsgefährdungsschwelle bei 60 Prozent des monatlichen Durchschnittseinkommens. Den Berechnungen der ASB zufolge sind damit mehr als 20 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher armutsgefährdet – jede fünfte Person. „Immer mehr Menschen, die aktuell gar keine Schuldenprobleme haben, rufen bei uns an. Sie haben Angst vor der nächsten Mieterhöhung, Angst vor Beginn der nächsten Heizperiode und das bereits zu Beginn des Sommers“, bestätigt Lackenberger.

Offizielle Armutszahlen kaum gestiegen

Laut Auskunft des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sei die soziale Lage in Österreich weitgehend stabil. Der Anteil der armutsgefährdeten Personen sei im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,1 Prozent auf 14,8 Prozent gestiegen, ergibt eine EU-weite Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC), auf die sich das Bundesministerium bezieht.

Seitens des ASB fordert man, die Referenzbudgets bei Maßnahmenpaketen gegen die Teuerung heranzuziehen, da sie eine lebensnahe und aktuelle Bemessungsgrundlage darstellen würden.