Unter der Leitung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) führten die Forscherinnen und Forscher eine fachübergreifende Untersuchung von frühbronzezeitlichen Bestattungen durch. Dabei kam es zu einer überraschenden Entdeckung: An den etwa 4.000 Jahre alten Überresten zweier Männer, die im Alter von ca. 22 bis 30 Jahren verstorben waren, konnten sie Pesterreger feststellen.
Das Forschungsteam hatte ein Reihengräberfeld mit 22 Gräbern untersucht. Die Lage der Gräber der beiden Pestinfizierten habe bereits erste Hinweise zu deren Todesursache gegeben, sagt Archäologin Katharina Rebay-Salisbury vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der ÖAW in einer Aussendung: „Ihre Gräber befinden sich in Randlage, man war sich also vielleicht bewusst, dass sie an einer ansteckenden Krankheit verstorben sind".
Zähne geben Aufschluss
In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig in Deutschland wollte das Forschungsteam zunächst die Verwandtschaftsbeziehungen der Toten ergründen. Im Zuge der Arbeiten kam dann die überraschende Feststellung: Auf den Überresten konnte der Pesterreger Yersinia pestis nachgewiesen werden. Die Studienergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Archaeologia Austriaca veröffentlicht.
Zur genaueren Untersuchung entnahmen die Forschenden schließlich gezielt Proben aus dem Inneren der Zahnkronen. Die hier verlaufenden Blutgefäße geben Aufschluss über Krankheitserreger, die sich zum Zeitpunkt des Todes im Blut des Menschen befanden. Bei den Erregern der beiden Toten handelt es sich um zwei verschiedene Bakterienstämme. Trotz der räumlichen und zeitlichen Nähe sollen sich die jungen Männer also unabhängig voneinander mit der Pest angesteckt haben.
Anders als im Mittelalter wurden die Pestbakterien vermutlich nicht von Flöhen übertragen, „da den frühen Pestbakterien wichtige genetische Eigenschaften dafür fehlen“, sagt Rebay-Salisbury. Wahrscheinlicher sei eine Ansteckung durch Tröpfcheninfektionen oder der Konsum von infiziertem Fleisch. Die Männer könnten also Hirten gewesen und durch das Herumwandern mit Viehherden den Pesterregern ausgesetzt gewesen sein. Auch Kontakt mit Wildtieren, etwa in Zusammenhang mit der Jagd, oder die Teilnahme an Kriegszügen könnte die Ausbreitung der Pest beschleunigt haben.
Männer anfälliger als Frauen
Dass die Pestbakterien an zwei Männern festgestellt wurden, sei nicht ungewöhnlich. In der Forschung mit Pesttoten zeigt sich, dass Männer im Laufe der Geschichte offenbar eher von der Infektion betroffen waren als Frauen. „Wir beobachten in der Zusammenstellung aller bisher publizierten Pestopfer der späteren Urgeschichte in Eurasien, dass mehr Männer als Frauen an der Pest gestorben sind“, sagt Archäologin Rebay-Salisbury. Die Gründe für die ungleiche Verteilung sind noch nicht ausreichend erforscht.
Die Pest gehört zu den sogenannten Zoonosen. Das sind Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können. Heutzutage sind vor allem Nagetiere davon betroffen. In Österreich hat man laut der Agentur für Ernährungssicherheit und Gesundheit (AGES) seit 1945 keine Pestfälle mehr an Menschen festgestellt.