Politik

Europa-Forum: Nehammer wegen Russland besorgt

Die Ereignisse in Russland haben am Samstag auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Europa-Forums in Göttweig (Bezirk Krems) beschäftigt. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich besorgt: „Atomwaffen dürfen nicht in die falschen Hände gelangen“, sagte er.

Nehammer gab an, in Kontakt mit EU-Kollegen zu stehen, und die westlichen Geheimdienste würden die Lage in Russland laufend analysieren. „Die Lage ist mehr als besorgniserregend. Man sieht, welche schweren Bruchlinien der ungerechtfertigte Angriffskrieg auf die Ukraine auch in der Russischen Föderation auslöst“, so der Kanzler am Rande des Europa-Forums auf Stift Göttweig.

Nehammer betonte die gemeinsame Vorgangsweise mit Italien und anderen EU-Partnern. „Die Vorgänge in der Russischen Föderation sind immer von größter strategischer Bedeutung, weil Russland biologische, chemische und nukleare Waffen besitzt.“ In seiner Abschlussrede, die von einer Wortmeldung eines Klimaaktivisten kurz unterbrochen wurde, sagte er: „Eine Supermacht mit Atomwaffen hat das Völkerrecht mit Füßen getreten.“

Die EU-Sanktionen gegen Russland seien notwendig gewesen. „In Österreich hat kein einziges Unternehmen oder Bankinstitut unsere Sanktionen hinterfragt“, so Nehammer. Österreich sei zwar seit 1955 ein neutrales Land, aber „vollsolidarisch mit der Weltgemeinschaft“ und auch solidarisch in der EU. Es sei weiter wichtig „Täter und Opfer zu benennen“. Dazu sei es auch notwendig, „Kriegs-Narrativen Russlands“ entgegenzutreten. „Lügen bleiben Lügen“, so Nehammer.

Meloni: „Chaotische Situation“

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, ebenfalls in Göttweig, erklärte, „dass wir uns jetzt in der EU von der Unterstützung der Ukraine nicht ablenken lassen dürfen.“ Es sei eine „sehr chaotische Situation in Russland“, die zu Instabilität führe und „der Propaganda Moskaus der letzten Monate klar widerspricht“. Sie könne schon jetzt feststellen, „dass die Propaganda von der Kompaktheit und des Zusammenhalts des russischen Regimes nicht stimmt“, betonte Meloni. Gleich nach der Rückkehr nach Rom später am Samstag habe sie eine Regierungssitzung mit den italienischen Geheimdiensten angesetzt.

Reaktionen auf Eskalation in Russland

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigt sich über die Ereignisse in Russland besorgt: „Atomwaffen dürfen nicht in die falschen Hände gelangen“, sagt er. Er stehe in Kontakt mit EU-Kollegen, und die westlichen Geheimdienste würden die Lage in Russland laufend analysieren.

Bulgariens Staatspräsident Rumen Radew, der ebenfalls am Samstag Gast beim Europa-Forum in Göttweig ist, erklärte, dass die Lage in Russland gefährlich und noch unklar sei. „Das ist kein Sport, das ist ein Krieg“, erklärte er auf die Frage, ob Russlands Präsident Wladimir Putin oder der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, siegen werde. „Wenn Söldnertruppen schwere Waffen besitzen, ist das immer unberechenbar.“ Er wies auf die Notwendigkeit hin, wegen der Ereignisse in Russland rasch Maßnahmen zum Schutz der EU-Mitgliedsstaaten zu ergreifen.

Der Botschafter der Ukraine in Österreich, Wassyl Chymynez, erklärte im Gespräch mit der APA beim Europa-Forum: „Das ist ein Krieg, den Putin gegen die Ukraine 2014 begonnen hat. Die Handlungen Prigoschins seit gestern zeigen, dass die russische Propaganda, die diesen Krieg gegen uns rechtfertigte, nun völlig zerstört wurde. Putin hat die Probleme im eigenen Land selbst verursacht. Es zeigt die Schwäche von Russlands Regime. Mit jedem Tag des Kriegs gegen die Ukraine wird Russland schwächer. Was jetzt zählt, ist die weitere Unterstützung der Ukraine.“

Khymynets erinnerte auch an den Putsch gegen den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow im August 1991. „Wir erleben jetzt wieder einen Putsch in Russland. Und Putin könnte schuld am Zerfall der Russischen Föderation sein.“

Europa-Forum: Nehammer, Radew, Mikl-Leitner, Eichtinger
APA/Alex Halada
Die Ereignisse in Russland überschatteten am Samstag das Europa-Forum in Göttweig: Bundeskanzler Karl Nehammer, Bulgariens Präsident Rumen Radew, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Ex-Landesrat und Diplomat Martin Eichtinger (v.l.)

EU-Kommissar Johannes Hahn sprach von einer „fragilen, undurchsichtigen Sache“. „Wir müssen jetzt sicherstellen, dass die Ukraine weiter die Unterstützung bekommt, die sie benötigt.“ Aus dem Außenministerium in Wien hieß es auf APA-Anfrage, man beobachte die Situation und sei in enger Abstimmung mit dem österreichischen Botschaftsteam in Moskau.

SPÖ-Chef Andreas Babler bezeichnete die Situation am Rande des Landesparteitages der niederösterreichischen Sozialdemokraten in St. Pölten als „brandgefährlich“. Es gehe nun darum, „dass möglichst wenige Menschen zu Schaden kommen“. Es handle sich um eine „neue Dimension“, jetzt sei es nötig, Infos zu sammeln und die Lage gemeinsam mit Expertinnen und Experten neu zu bewerten. Seine Partei verlangt die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrats.

ORF_Korrespondentin Miriam Beller über den Machtkampf in Russland

ORF-Korrespondentin Miriam Beller berichtet über den Einmarsch der Söldnertruppe Wagner in Rostow. Zudem spricht sie darüber, wie die Stimmung in Moskau ist.

Außenministerium warnt vor Russland-Reisen

Angesichts der Ereignisse verhängte das österreichische Außenministerium eine partielle Reisewarnung für Russland. Das Außenministerium warnt vor allen Reisen in die an die Ukraine angrenzenden russischen Verwaltungsbezirke Belgorod, Kursk, Brjansk, Woronesch, Rostow und Krasnodar. Insbesondere die Stadt Rostow sowie das Umland sollen gemieden werden. Auch in Moskau und anderen Städten Russlands soll „eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag gelegt werden“.

In Russland ist der Machtkampf zwischen dem Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, und der russischen Militärführung eskaliert. In der Nacht sollen Söldner in Russland einmarschiert sein. Nach Angaben Prigoschins von Samstagfrüh kontrollieren die Söldner nun die Militäreinrichtungen im russischen Rostow – mehr dazu in news.ORF.at.