Die Fachkräfte durften sich verewigen
ORF/Lydia Mitterbauer
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Chronik

Image der Lehre nach wie vor „ausbaufähig“

Die niederösterreichische Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer haben eine neue Image-Kampagne für die Lehre ins Leben gerufen. Unter der Dachmarke „Fame“ will man dem noch immer „ausbaufähigen“ Image entgegenwirken und Junge für eine Lehre motivieren.

In Niederösterreich ist der Fachkräftemangel nach wie vor groß. Einmal mehr möchte man deshalb junge Menschen dazu motivieren, eine Lehre zu absolvieren. Im Zuge der neuesten Kampagne „Fame“ wurde sogar ein öffentliches Zeichen gesetzt: Zum Startschuss der Kampagne wurden am Rathausplatz in St. Pölten die Handabdrücke einiger Fachkräfte enthüllt, die bei internationalen Berufsmeisterschaften Erfolge erzielen konnten.

„Das Wichtigste an der Initiative ist, dass die Facharbeiterinnen und Facharbeiter sich dafür rühmen, dass sie Fachkräfte sind und ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen“, so Arbeiterkammer-Präsident Markus Wieser. Viel eher solle dieses Licht nach außen getragen werden – etwa bei einem Tiefgaragenabgang am St. Pöltner Rathausplatz.

Eltern und Lehrer oft maßgebend bei Entscheidung

Unter der Dachmarke „Fame“ sollen die bereits bestehenden Angebote gebündelt werden, „um die vielfältigen Möglichkeiten der Lehre vor den Vorhang zu holen“, so Wieser weiter. Nach wie vor seien es vor allem Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern, die Kindern von einer Lehre abraten oder zumindest andere Wege empfehlen.

Laut einer aktuellen Umfrage sind 74 Prozent der befragten Eltern der Meinung, dass die Lehre zwar toll sei, jedoch nicht für ihr eigenes Kind. „Daran müssen wir arbeiten“, so der Appell von Wieser. Immense Ausgaben für Nachhilfe sowie eine hohe Drop-Out-Quote würden zeigen, dass weiterführende Schulen nicht immer der beste Weg seien. Den Eltern und den Kindern müsse die Lehre dementsprechend schmackhaft gemacht werden.

40.000 Fachkräfte fehlen in Niederösterreich

Denn die Lehrlinge werden gebraucht. „Uns fehlen derzeit 40.000 Mitarbeiter in Niederösterreich und die Tendenz ist steigend“, so Wirtschaftskammer-Präsident Wolfgang Ecker. In 54 Prozent aller Betriebe gäbe es dauerhaft unbesetzte Stellen, 27 Prozent der Betriebe hätten bereits die Öffnungszeiten reduziert – so das Ergebnis einer aktuellen Studie. Eine Möglichkeit, gegen den Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorzugehen, sei laut Ecker etwa, Lehrlinge selbst auszubilden.

Um tatsächlich Lehrlinge auch ausbilden zu können, sei das Image aber noch ausbaufähig. „Am Stellenwert der Lehre, den sie in der Gesellschaft braucht, muss noch gearbeitet werden“, so Ecker. „Diese jungen Menschen sind Vorbilder. Das sind Botschafter. Und wir müssen wirklich alle dazu beitragen, dass das auch überall gezeigt und ankommen wird.“

Laut dem St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) sei die öffentliche Würdigung der Fachkräfte „längst überfällig“. Auch in Zukunft sei noch Platz für weitere Handabdrücke. „Es ist wichtig, diese Leistungen angemessen zu würdigen und damit weitere junge Talente für Lehrausbildungen zu begeistern“, so Stadler.

Fachkräfte motivieren junge Menschen

Eine jener Fachkräfte, die sich am St. Pöltner Rathausplatz verewigen durfte, ist Philipp Seiberl. Beim WorldSkills 2015 in Sao Paulo konnte er gleich zwei Goldmedaillen im Bereich Schwerfahrzeugtechnik ergattern. Jungen Menschen, die sich aktuell schwer bei der Entscheidung für oder gegen eine Lehre tun, gibt er folgenden Ratschlag: „Lasst euch nichts einreden! Weil man sieht an sehr vielen – auch an mir – dass man aus einer Lehre etwas machen kann“, sagt Seiberl.

Die Zahl an Lehrlingen ist zuletzt wieder gestiegen. Ende Mai 2023 waren es 5.439 Lehranfängerinnen und -anfänger in Niederösterreich. 2022 waren es um 1,3 Prozent weniger, nämlich 5.368 Anfängerinnen und Anfänger. Die meisten Lehrverträge gibt es aktuell im Gewerbe und Handwerk, gefolgt vom Handel und der Industrie. Auch bei den Lehrbetrieben gab es indes einen Anstieg. Im Mai 2023 bildeten 4.389 Betriebe Lehrlinge aus, im Mai 2022 waren es noch um 27 Betriebe weniger.