Bildung

Mangel an behinderungsgerechter Ferienbetreuung

Für Eltern von Kindern mit Behinderung ist die Betreuung während der Ferien eine große Herausforderung. Betreuungseinrichtungen gibt es kaum, vor allem Mütter leiden unter der Zusatzbelastung. Das Land will bis zum nächsten Sommer eine Lösung präsentieren.

Das Förderzentrum in St. Leonhard am Forst (Bezirk Melk) ist eine der wenigen Einrichtungen, die 365 Tage im Jahr für Kinder mit besonderen Bedürfnissen geöffnet ist. 27 Kinder aus vier Bezirken werden hier gegenwärtig umsorgt.

Eine von ihnen ist die siebenjährige Julia Reinberger. Sie ist eines von drei Geschwistern aus St. Pölten, bis vor zwei Jahren wurde sie zu Hause von ihrer Mutter zusammen mit ihren beiden Brüdern betreut, für die Mutter war das eine starke Belastung.

Rundumbetreuung: „Kein Urlaub, kein Krankenstand“

„Das ist sehr nervenaufreibend, vor allem wenn zwei Geschwisterkinder dabei sind, weil es keine Pause gibt“, berichtet Julias Mutter Kimberly Reinberger. „Ein schwer beeinträchtigtes Kind wie meine Tochter – sie hat Pflegestufe 7 – braucht rund um die Uhr Betreuung, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Es gibt keinen Urlaub, keinen Krankenstand, kein gar nichts.“ Die Betreuung in St. Leonhard bietet Julias Mutter jetzt die nötige Entlastung.

Dort ist die Nachfrage groß, es muss neu gebaut und erweitert werden. Mit Hilfe einer Spendenaktion für die Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie, die das Förderzentrum in St. Leonhard betreibt, soll der Ausbau mit Hilfe privater Mittel gelingen.

Fehlende Kinderbetreuung

Noch schwieriger ist diese Situation für Eltern behinderter Kinder, die in der Regel Sonderschulen besuchen. Denn Ferienbetreuung gibt es kaum, die Belastung führt vor allem die Mütter oft an ihre Grenzen. Zahlreiche Vereine und Netzwerke fordern nun eine institutionelle Ferienbetreuung auch für behinderte Kinder.

Vereine kritisieren fehlende Ferienbetreuung

Das Angebot des Zentrums sei ein Positivbeispiel, aber keineswegs die Regel in Niederösterreich, kritisieren Vereine und Verbände von Betroffenen in einem Positionspapier, darunter das „Netzwerk Inklusion NÖ“, „Lobby4Kids“, die Lebenshilfe Niederösterreich, die Phelan-McDermid-Gesellschaft und nicht zuletzt „U are special“, gegründet von der Wiener Neustädterin Beatrix Kohlhauser.

Auch Kohlhausers 14-jährige Tochter Hannah hat Pflegestufe 7. In der Zeit, in der die Sonderschule in Baden geschlossen ist, betreut Kohlhauser mangels Alternativen Hannah allein zu Hause: „Das beginnt in der Früh mit wickeln, waschen, Zähne putzen, Frühstück machen – und dann versuche ich jeden Tag, meine Tochter zu bespaßen, weil ihr ist in der schulfreien Zeit natürlich unendlich fad“, schildert Kohlhauser. „Ich kann ihr das eben nicht so bieten, wie in der Schule, die sozialen Kontakte und so weiter, das vermisst meine Tochter sehr.“

Hoffnung auf landesweit einheitliche Regelung

Ihren Beruf in der Pharmabranche musste Beatrix Kohlhauser aufgeben, sie lebt jetzt von der Mindestsicherung. Die Mutter pocht auf die Einführung einer landesweiten strukturierten Ferienbetreuung für Kinder mit schwerer Behinderung. Ob eine Betreuung für Kinder mit schwerer Behinderung angeboten wird, hänge derzeit vom Verständnis der Region, des jeweiligen Bürgermeisters, der Direktorin oder des Trägers der jeweiligen Schule ab, so Kohlhauser.

„Da bräuchte es meiner Meinung nach eine einheitliche Regelung für ganz Niederösterreich.“ Viele Stützkräfte, die unterm Jahr Arbeit haben, würden über den Sommer zum AMS „stempeln“ geschickt. Kohlhauser kann das nicht nachvollziehen.

Landesrätin will Lösung bis Sommerferien 2024

Aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Susanne Rosenkranz (FPÖ) heißt es dazu, man behandle das Thema mit hoher Priorität. Rosenkranz erklärte in einer schriftlichen Mitteilung: „Ich bin mir dieser Problematik durchaus bewusst und habe deswegen in Auftrag gegeben, hier mehrere Möglichkeiten zu prüfen. Ich hoffe, dass wir für die Sommerferien 2024 eine tragfähige Lösung anbieten können.“