Emmanuel Tjeknavorian
EHL
EHL
Kultur

Walpersdorf: Weltpremiere eines Orchesters

Am kommenden Sonntag gibt es im Schloss Walpersdorf (Bezirk St. Pölten) eine musikalische Geburtsstunde: Der Geiger und Dirigent Emmanuel Tjeknavorian präsentiert sein neues Orchester. Das Matrix Orchestra ist erstmals beim Kulturfest Schloss Walpersdorf zu hören.

Emmanuel Tjeknavorian ist ein vielseitiger Ausnahmemusiker, nicht nur ein herausragender Solist auf der Violine, sondern auch ein international viel gefragter Kammermusiker in kleineren und größeren Formationen. Er ist aber auch ein Dirigent mit einer bereits bemerkenswerten Karriere. Seit 2015 brachte Tjeknavorian einmal im Jahr hochqualifizierte und erfolgreiche Musikerinnen und Musiker, die zugleich auch gleichgesinnte Freunde sind, vorwiegend für Caritas-Socialis-Benefizkonzerte zusammen, um gemeinsam symphonische Werke aufzuführen. In diesen Konzerten entstand „eine unglaublich enge Verbindung zwischen den Ensemblemitgliedern, geprägt von bereichernden musikalischen und menschlichen Erfahrungen“, erzählt Tjeknavorian.

Ermutigt durch diese Konzerte entstand der gemeinsame Wunsch, die Konzerttätigkeit zu vermehren und zu vertiefen. Dieser Klangkörper wird daher künftig unter dem Namen Matrix Orchestra auftreten und soll wichtiger Bestandteil der dirigentischen Tätigkeit von Emmanuel Tjeknavorian werden. Neben höchstem künstlerischem Anspruch sollen dabei diese enorme innere Verbundenheit und die Beziehungen untereinander künftig tragende Elemente sein; möglichst viele Menschen sollen diese einmalige Identität des Orchesters miterleben und erfahren.

Musikalischer Neustart im Renaissanceschloss

Dieses junge Orchester wird nun als Matrix Orchestra am 23. Juli um 11.00 Uhr im Schloss Walpersdorf zum ersten Mal zu sehen und zu hören sein. Zu diesem Renaissanceschloss hat Tjeknavorian eine enge Beziehung, denn er trat in den letzten Jahren dort bereits mehrmals auf. Als Harald Kosik, der Künstlerische Leiter in Walpersdorf, ihn fragte, ob er sein Orchester im Festsaal des Schlosses präsentieren möchte, war für den Orchestergründer die Zusage fast eine Selbstverständlichkeit.

Emmanuel Tjeknavorian
EHL
Emmanuel Tjeknavorian präsentiert das von ihm gegründete Matrix Orchestra am 23. Juli im Schloss Walpersdorf

Er wählte für die Abschlussmatinee des Kulturfests ganz spezielle Stücke aus. Gespielt werden Werke von Wagner, Tschaikowsky, Mahler, Ravel und Bartok. Solist wird der erst 23-jährige Cellist Jeremias Fliedl sein, dem eine große internationale Karriere vorhergesagt wird. Fliedl war der letzte Schüler des 2016 verstorbenen einzigartigen Cellisten und Lehrers Heinrich Schiff.

Tjeknavorian ist aber bereits auch am Vortag Gast in Walpersdorf: Beim Eröffnugnskonzert am 22. Juli (18.00 Uhr) im Festsaal spielt er mit Freunden mit Schuberts C-Dur-Streichquintett „eines der wohl mächtigsten und prächtigsten Kammermusikwerke der Musikgeschichte“ (Kosik), danach spielen und singen das Trio Hojsa-Koschelu und Daniel Gutmann Wiener Lieder im Schlosshof. Am Sonntag singt um 9.00 Uhr in der Schlosskapelle der Motettenchor Herzogenburg die G-Dur-Messe von Antonio Caldara.

Tjeknavorian: „Mein jetziges Leben heißt nun Dirigieren“

„Leider kann man niemandem sagen, was die Matrix ist. Man muss es selbst erleben.“ Dieses Zitat aus dem berühmten gleichnamigen Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1999 in der Regie von Lana Wachowski und Lilly Wachowski (damals Larry und Andy Wachowski) scheint besonders passend zu sein.

„Es ist ein exquisites Konzert eines musikalisch besonders hochgradig besetzten Orchesters, das man auf keinen Fall versäumen sollte“, erklärt Harald Kosik. Stephan Frotz, Obmann des Vereins Kultur Schloss Walpersdorf: „Die Schlosskonzerte Walpersdorf sind sehr stolz darauf, diesen vielversprechenden Start in die Zukunft präsentieren zu dürfen und werden diesem Orchester gerne weiterhin eine Bühne bieten.“

Emmanuel Tjeknavorian
Uwe Arens
„Mein Leben in drei Worten? Liebe, Traum und Musik.“

„Ein Leben besteht aus verschiedenen Kapiteln. Und mein jetziges Kapitel heißt ‚Dirigieren‘“, sagt Tjeknavorian. Und weiter meint der 28-Jährige: „Ob ich dirigiere, einen Workshop mache, Geige oder Bratsche spiele, der Musiker bleibt immer gleich. Es ist lediglich die Sprache eine andere.“

Tjeknavorian wurde einmal gefragt, wie er sein Leben in drei Worte fassen würde. „Liebe, Traum und Musik“, war seine Antwort. In einem Interview mit der Austria Presse Agentur sprach er auch über seine Zukunft: Er würde davon träumen, „als Dirigent in eine musikalische Familie integriert zu werden."

Konkret meine er damit, „dass ich zwar gerne gastiere, aber noch lieber in naher Zukunft eine feste Position als musikalischer Leiter hätte, um langfristige Visionen zu verwirklichen. Aber wir träumen doch alle jede Nacht etwas anderes, nicht? Insofern gibt es bei mir meistens jeden Vormittag einen neuen Traum.“ Mit dem Matrix Orchestra ist auf jeden Fall einer seiner Träume in Erfüllung gegangen.

Akribische Vorbereitung und genaueste Klangvorstellungen

Tjeknavorian wurde 1995 in Wien in eine Musikerfamilie geboren, seine Mutter ist Pianistin, der Vater ist der bekannte Dirigent und Komponist Loris Tjeknavorian. Ab dem Alter von fünf Jahren erhielt er Geigenunterricht, mit sieben Jahren konzertierte er mit einem Orchester. Tjeknavorian studierte bei Gerhard Schulz, einem ehemaligen Mitglied des Alban-Berg-Quartetts, an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.

Schloss Walpersdorf
foto-hoefinger.at
Schloss Walpersdorf nahe Herzogenburg

Von Publikum und Fachwelt gleichermaßen als vielseitige Künstlerpersönlichkeit geschätzt, hat Tjeknavorian in den vergangenen Jahren in den international bekanntesten Sälen und mit den wichtigsten Musikerinnen und Musikern konzertiert. Zudem debütierte er in der vergangenen Saison als Dirigent mit renommierten Orchestern wie der Filarmonica della Scala, dem spanischen Orquesta Sinfónica de RTVE, dem hr-Sinfonieorchester, dem Orchestra Sinfonica di Milano, dem Gürzenich Orchester Köln, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, den Wiener Symphonikern und dem ORF-Radio-Symphonieorchester.

Der Opus-Klassik-Preisträger veröffentlichte bereits mehrere CDs. Nach einem hochgelobten Solo-Album und Einspielungen der Brahms- und Sibelius-Violinkonzerte erschien 2021 sein Debütalbum als Dirigent, auf dem er das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich u.a. mit Nikolai Rimsky-Korsakows „Scheherazade“ leitet. „Er beeindruckt durch enormes Fachwissen, Frische, akribische Vorbereitung und genaueste Klangvorstellungen“, sagte Michael Nemeth, Intendant des Grazer Musikvereins, vor Kurzem über den jungen Dirigenten.