Politik

Mikl-Leitner kontert Van der Bellens Warnung

Die Diskussion über das Wort „normal“ geht in die nächste Runde. Nach der Warnung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor ausgrenzender Sprache ortete Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) einen „Ablenkungskampf“.

„Es ist eine seltsame Entwicklung in unserem Land, wenn die breite Mehrheit der Bevölkerung laufend mit erhobenem Zeigefinger ermahnt wird, während Einzelne tun und lassen können, was sie wollen. Es ist eine seltsame Entwicklung, wenn genau jener ‚Ablenkungskampf um Begrifflichkeiten‘, von dem gestern auf großer Bühne die Rede war, auf eben dieser Bühne selbsterfüllend fortgesetzt wird“, teilte Mikl-Leitner in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

„Seit Wochen wird von manchen Kreisen das Wort ‚normal‘ durchgekaut und in seine Einzelteile zerlegt, um zwischen den Buchstaben auch nur irgendwelche bösen Geister zu finden. Seit Wochen wird von diesen Kreisen versucht, den Menschen skandalträchtig einzureden, wer das Wort ‚normal‘ verwendet, sei ‚präfaschistoid‘“, meinte Mikl-Leitner u.a. zu Aussagen von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Debatte lenke ab von dem, „worum es wirklich geht“

Von eben diesen Kreisen werde „vermieden darüber zu reden, worum es wirklich geht“, erklärte die Landeshauptfrau, die etwa erneut forderte, dass sich die EU „wieder auf ihre Stärken besinnen soll“. „Wenn ich sage, die Klimakleber schaden dem Klimaschutz, weil sie Menschen nicht für das wichtige Anliegen begeistern sondern verärgern, dann bin ich keine Klima-Leugnerin, sondern gegen diesen radikal falschen Aktivismus“, hielt sie fest.

Es müsse etwa darüber geredet werden, „wie sich Menschen noch Eigentum schaffen können und nicht darüber, wie wir es ihnen nehmen können“ und „wie wir einen sozial gerechten Ausgleich schaffen, ohne gegenseitigen Neid zu schüren“: „All das gehört auf die große Bühne. Stattdessen erleben wir, dass der ‚Ablenkungskampf‘ um das Wort ‚normal‘ fortgesetzt wird.“

Van der Bellen hatte am Mittwoch in Bregenz den „Ablenkungskampf um Begrifflichkeiten und Deutungshoheiten“ sowie den Populismus scharf kritisiert. Der Bundespräsident hatte auch – ohne Nennung der Parteien – nicht nur auf Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien im Bund, ÖVP und Grüne, angespielt, sondern auch „das Volk“, von der FPÖ für sich reklamiert, und „unsere Leute“, zuletzt im Fokus der SPÖ, genannt.

Kickl sieht ÖVP von der „Normalität entfernt“

FPÖ-Chef Herbert Kickl fühlte sich offenbar nicht angesprochen und schoss sich stattdessen am Donnerstag wiederum auf die ÖVP ein: „Es ist nicht normal, wenn eine angeblich christlich-soziale wertkonservative Wirtschaftspartei mit den Grünen koaliert“, richtete Kickl der Volkspartei via Aussendung aus. Daran ändere sich auch dann nichts, „wenn führende ÖVP-Politiker nun versuchen, ihrer Politik eine Art ‚Gütesiegel für normale Positionen‘ verleihen zu wollen“, meinte der Blaue.

„Die von den Grünen erwirkten und von der ÖVP geduldeten Inhalte im Bereich des Klimawahnsinns oder des Autofahrer Bashings“ würden eindrucksvoll beweisen, „wie weit die ÖVP von der Normalität entfernt“ sei. Die ÖVP fördere es, dass „extremistische Inhalte, die ausschließlich von einer Minderheit beklatscht“ würden, „als normal verkauft werden“. Gleichzeitig bewarb Kickl die blauen Positionen als die Norm: „Wer Freiheit will und Zwang ablehnt, wer kriminelle Asylanten abschieben und die Islamisierung stoppen will, wer Rot-Weiß-Rot statt Regenbogen will“, vertrete nicht extremistische Positionen, sondern der sei „normal“.

SPÖ fühlt sich zu Unrecht mit FPÖ auf eine Stufe gestellt

Bei der SPÖ wiederum sah man sich von Van der Bellen implizit auf eine Stufe mit der FPÖ gestellt; für SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder „eine Relativierung der Gefahr, die von Herbert Kickl ausgeht“, wie sie gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ meinte. Die FPÖ arbeite seit Jahren daran, dass der politische Diskurs verrohe – und sie stelle die Menschenrechte in Frage. „Im Kern geht es bei der FPÖ immer darum, eine brutale Grenze zu ziehen zwischen Menschen, die etwas wert sind und Menschen, die nichts wert sind“, befand Breiteneder. „Außerdem wissen wir: Die FPÖ träumt von einer Oligarchie, in der sich reiche Menschen Staatsbürgerschaften, Medien und Gesetze kaufen können. Dagegen stehen wir.“

Die SPÖ habe sich stets für mehr Demokratie eingesetzt. „Wir sind immer gegen Ideologien aufgetreten, in denen Menschen gleiche Rechte verwehrt werden. Was wir kritisieren, ist die enorme Ungleichheit, das Erheben einiger Weniger über alle anderen“, sagte die SPÖ-Managerin. „Zu ‚unseren Leuten‘ gehören alle, die sich nicht auf Kosten anderer zu etwas Besserem erklären und die sich eine Politik wünschen, die alle mit Würde und Respekt behandelt.“ Den Anspruch der SPÖ nach mehr Gerechtigkeit in einem Atemzug mit der FPÖ zu nennen, verkenne, „von wem eine real demokratiegefährdende Gefahr ausgeht – und wer in Österreich für mehr demokratische und soziale Rechte eintritt“.