Eichelhäher
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Umwelt

Eichelhäher: Kritik an Abschussfreigabe

Die Bezirkshauptmannschaften haben den Eichelhäher mit Dienstag erneut zum Abschuss freigegeben, weil die Vögel ein Problem für andere Tierarten seien. Die NGO Tierschutz Austria bezeichnet die Verordnungen als rechtswidrig und legte bei Gericht Beschwerde ein.

Eigentlich gelten Eichelhäher im niederösterreichischen Jagdgesetz nicht als „jagdbare“ Tiere – das heißt, dass sie nicht abgeschossen oder gefangen werden dürfen. Seit Dienstag ist das nun aber in allen Bezirken Niederösterreichs möglich: Jägerinnen und Jäger dürfen Eichelhäher bis 15. März 2024 in Fallen locken und töten. Die entsprechenden Verordnungen wurden von den Bezirkshauptmannschaften erlassen, Ausnahmen bilden nur die Statutarstädte Krems und St. Pölten.

Basis dafür sind entsprechende Verordnungen der jeweils zuständigen Bezirkshauptmannschaften. Diese dürfen laut Jagdgesetz zwar Ausnahmeregelungen vom Jagdverbot treffen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. So muss der Abschuss etwa dem Schutz von Wäldern oder anderen Tieren dienen. Auf jeden Fall darf es „keine andere zufriedenstellende Lösung“ geben.

„Gewinnerarten“ gegen „Verliererarten“

Der Eichelhäher sei ein „Nahrungsopportunist“ und damit ein „Gewinner der modernen Kulturlandschaft“, heißt es vom Amt der Landesregierung, das eine Anfrage von noe.ORF.at an die Bezirkshauptmannschaften beantwortete. Zu viele Eichelhäher könnten den Bestand anderer Vogelarten und Kleinsäuger gefährden.

Es bestehe daher „prinzipiell das Erfordernis (…), durch Bejagung regulierend einzugreifen, insbesondere dort, wo sie als ‚Gewinnerart‘ hohe Dichten erreichen und zum Problem für die ‚Verliererarten‘ der Kulturlandschaft werden“, heißt es weiter in der Stellungnahme vom Amt der Landesregierung.

Gefahr für Singvögel, Reptilien und Kleinsäuger

Eichelhäher, die zu den Rabenvögeln zählen, würden sich neben pflanzlicher auch von tierischer Nahrung ernähren, konkretisiert der niederösterreichische Jagdverband am Donnerstag in einer Aussendung. Dazu zählen Gelege und Jungtiere von Singvögeln, kleine Reptilien sowie Jungtiere von Kleinsäugern.

„Das kann sich auf die Bestände der Beutetiere negativ auswirken, vor allem, wenn die Populationen dieser Arten stark ausgedünnt sind“, heißt es in der Aussendung. Eichelhäher würden zudem auch Schäden in den Obstkulturen anrichten, weil sie Früchte anpicken.

Eichelhäher
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Für die Bezirkshauptmannschaften gilt der Eichelhäher als Bedrohung für andere Arten, laut Tierschutz Austria gibt es dafür „keine Belege“

Tierschutz Austria: „Keine Belege für angebliche Schäden“

Die NGO Tierschutz Austria kritisiert, dass es für die „angeblichen Schäden an der Landwirtschaft und Fauna keine Belege gibt“ und dass diese „aufgrund der Lebensweise des Eichelhähers auch nicht zu erwarten sind“. Das Gegenteil sei der Fall: So sei etwa die Eiche auf den Eichelhäher angewiesen, weil ein einzelner Vogel Tausende Samen im Jahr verteile, heißt es in einer Aussendung.

Auch Menschen würden von den Eichelhähern profitieren. „Manche Forstbetriebe setzen für die Pflanzung der Eichen gezielt auf die Zusammenarbeit mit Eichelhähern“, wird Wildbiologin Karoline Schmidt von der AG Wildtiere zitiert. Weil die Verordnungen gegen das niederösterreichische Jagdgesetz, gegen das Bundestierschutzgesetz und gegen EU-Recht verstoßen würden, hat die Tierschutzorganisation eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht eingebracht.

Der niederösterreichische Jagdverband widerspricht: Die Bejagung einzelner Eichelhäher könne die Waldentwicklung sogar fördern, heißt es, weil sich dadurch alle versteckten Samen und Nüsse der erlegten Eichelhäher zu Bäumen entwickeln können und nicht über den Winter gefressen würden.

„Gibt keinen Grund, Eichelhäher zu jagen“

Wenig Verständnis für die Positionen der Bezirkshauptmannschaften (BH) und des Jagdverbands hat man bei Tierschutz Austria: „Es ist unfassbar, wie die BHs glauben, sich hier über jedes Recht hinwegsetzen zu können. Die sofortige Aufhebung dieser Verordnungen ist nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch aus Sicht des Rechtsstaates geboten“, sagt Tierschutz-Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic in einer Aussendung. Unterstützung erhält sie vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) und vom Ökologischen Jagdverband Österreichs.

„Es gibt keinen Grund, Eichelhäher zu jagen. Sie sind die Verbündeten des Waldbauers“, sagt dazu Franz Puchegger, Obmann des Ökologischen Jagdverbands Österreichs. VGT-Obmann Martin Balluch legt nach: „In den Bundesländern greift eine Wildwestmentalität im Umgang mit eigentlich geschützten Tierarten um sich. Das ist einer von vielen Gründen, warum das Jagdrecht auf die Bundesebene transferiert werden soll.“