Radfahrverbotsschilder
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Verkehr

Aufregung über Radverbote in Wiener Lobau

Große Aufregung herrscht in Mühlleiten bei Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf). Kritisiert werden die Radfahrverbote in der angrenzenden Wiener Lobau, die zunehmend strenger kontrolliert und bestraft würden. Jetzt wurde eine Petition für mehr Radwege gestartet.

In der unteren Wiener Lobau, die am Ortsrand von Mühlleiten beginnt, gilt auf den meisten Wegen ein Radfahrverbot. Vor kurzem wurden von der Stadt Wien neue Verbotsschilder angebracht. Die Radfahrerinnen und Radfahrer in Mühlleiten sind zornig: denn man könne mit dem Rad weder zur Donau noch nach Groß-Enzersdorf fahren. Sie halten die Fahrverbote für ungerecht, wie sie bei einem Lokalaugenschein von noe.ORF.at schildern.

Maria Mössinger fährt seit Jugendtagen hier Rad und kann den Umgang mit Radfahrerinnen und Radfahrern nicht nachvollziehen: „Ich bin schon alt und ich will nicht immer auf der Straße fahren, sondern im Wald. Ich bin schon geboren in Mühlleiten und darf plötzlich nicht mehr in den Wald fahren?“ Auch Karl Schmidtmaier bezeichnet die Umstände als „Wahnsinn für die ältere Generation“, denn „wir fahren hier ganz gemütlich durch die Lobau. Das müsste doch okay sein“, ist er überzeugt.

Ähnlich beurteilt Inge Czervenka die Situation: „Ich will, genau wie die anderen, dass man anstandslos mit dem Rad nach Groß-Enzersdorf fahren kann, und zwar auf den breiten Forststraßen in der Au.“ Manuela Kacerek hat eine Fischerhütte an der Donau, „und plötzlich kann ich jetzt mit dem Fahrrad nicht mehr zu meiner Hütte fahren“, beklagt sie sich.

Radfahrerinnen und Radfahrer in Mühlleiten
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In Mühlleiten ist das Fahrrad ein geschätztes Fortbewegungsmittel und die Fahrvebote stoßen auf großen Unmut

Magistrat beklagt steigenden Besucherdruck

Dort, wo jüngst die für die Wiener Forstverwaltung zuständige MA 49 Radverbotstafeln aufgestellt hatte, protestierten kürzlich die regionalen Radlerinnen und Radler, mobilisiert von Ortsvorsteher Wolfram Böhme (SPÖ). „Wir können jetzt gar nirgendwo mehr hinein in den Nationalpark. Und wir können mit dem Rad weder zur Donau noch nach Groß-Enzersdorf fahren", sagt er.

Tatsächlich ist nicht nur der Weg von der Hubertuskapelle durch die Au zum Groß-Enzersdorfer Uferhaus für Radfahrende gesperrt, sondern auch die Dammstraße und die Parkstraße. Einzig der Feldweg Richtung Schönau und die Landstraße sind es nicht.

Das sei nicht neu, heißt es von der MA 49, im Nationalpark bei Mühlleiten habe es noch nie Fahrradwege geben und Forststraßen seien sowieso für Radfahrende gesperrt. Der Besucherdruck steige und auch die Zahl der rücksichtslosen Radlerinnen und Radler, heißt es, sodass man sich gezwungen sehe, auf die Verbote nun auch hinzuweisen.

Ortsvorsteher kritisiert Strafen

Der Ortsvorsteher widerspricht der Darstellung der Stadtverwaltung. Das Verbot werde mit „in ihrer Höhe vollkommen überzogenen Geldstrafen“ durchgesetzt, so Böhme. Zudem werde Mühlleiten von der Umgebung abgeschnitten. Radwege in Wien, aber auch Radrouten wie der EURO Velo 6 an der Donau seien nicht mehr erreichbar.

Außerdem: Die Mehrzahl der Radlerinnen und Radler aus Mühlleiten führen mit dem Rad in die Arbeit nach Wien oder bis zur U-Bahn. „Sollen sie wieder aufs Auto umsteigen?“, fragt Böhme. Die Forstwege in der Lobau werden von der MA 49, von Jägern und Fischerinnen mit dem Auto befahren, aber die Radfahrenden würden ausgesperrt – das sei die falsche Botschaft.

Radfahrverbotsschilder
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Radfahrverbotsschilder, die in den Augen vieler Einwohnerinnnen und Einwohner unberechtigt sind

Petition mit mehr als 5.000 Unterschriften

Einige Hobbyradlerinnen und -radler klagen auch über strengere Kontrollen und Strafen, erzählt der Ortsvorsteher. Die Rahmenbedingungen für die Radfahrer hätten sich in der Lobau verschlechtert. „Früher war das Radfahren in der Au zumindest geduldet“, erzählt er, zudem habe es auch einige ausgewiesene Radfahrwege und -strecken gegeben. „Jetzt, ganz plötzlich, wird das Radfahrverbot exekutiert – zum Teil auch mit recht hohen Strafen.“

Der Ortsvorsteher von Mühlleiten startete eine Petition, die mehr Radwege durch das Naherholungsgebiet fordert und nach wenigen Tagen online mehr als 5.300 Unterstützungserklärungen hat. Böhme gesteht zwar ein, dass es „natürlich Ausreißer gibt unter den Radfahrern, die sich vielleicht ein bisschen undiszipliniert verhalten. Die sollte man aber gesondert erfassen.“ Warum die Allgemeinheit hier „ausgesperrt“ ist, „das ist für mich nicht nachvollziehbar“.

Stadt Wien verneint neue Wegsperren

Zum Vorwurf strengerer Kontrollen und hoher Strafen heißt es seitens der Landespolizeidirektion Wien in einer schriftlichen Stellungnahme: „Gesonderte Schwerpunktaktionen gegen Radfahrer und Hundebesitzer wurden in der Lobau von der LPD Wien nicht durchgeführt. Im Zuge routinemäßiger Streifenkontrollen kann es zu vereinzelten verwaltungsrechtlichen Anzeigen kommen.“

In Mühlleiten will man jedenfalls weiter Unterschriften sammeln und hofft auf eine einvernehmliche Lösung im Sinne der vielen Freizeitradlerinnen und -radler. Die Petition, die im Rathaus aufliegt wolle man mit vielen Unterschriften Mitte August an den Wiener Bürgermeister weiterleiten.

„Es ist wichtig, auf die Situation aufmerksam zu machen. Das Radfahren in der Au muss neu gedacht werden“, sagt Bürgermeisterin Monika Obereigner-Sivec (SPÖ). „Gewohnte Alltagsrouten sind weg und Alternativen nicht da. Ich erhoffe mir eine gute Lösung für alle Seiten“, so die Bürgermeisterin.