Winzer Krems NS Geschichte Versöhnung
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Chronik

NS-Aufarbeitung: Versöhnungsbesuch am Weingut

Die Winzer Krems sind Österreichs größer Qualitätsweinproduzent. Doch ihre Geschichte hat auch Schattenseiten: Früher gehörte das Weingut einem jüdischen Geschäftsmann, später wurde es von den Nazis arisiert. Die heutigen Nachfahren waren nun in Krems zu Besuch.

Es war ein Treffen im Zeichen der Versöhnung. Für die Nachfahren von Paul Robitschek war der Besuch bei den Winzern Krems auch eine Reise in die Geschichte der jüdischen Familie. Robitscheks Nichte Juana aus Venezuela wusste etwa lange Zeit gar nichts über das Leben ihres Onkels im Krems in den 1930er-Jahren. Erst in jüngster Vergangenheit wurde seine tragische Geschichte aufgearbeitet.

Die 75-Jährige will die Erinnerung an ihren Onkel bewahren, erzählte sie bei ihrem Besuch in Krems. "Ich denke, dass meine Familie hier ziemlich wichtig war. Sie haben viel für das Land getan, das gibt mir ein gutes Gefühl“ so Juana Robitschek gegenüber noe.ORF.at.

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Die Nachfahren Paul Robitscheks besuchten die Sandgrube 13 in Krems

„Haben Vergangenheit wissenschaftlich aufgearbeitet“

Erst 2018 hatte der dokumentarische Roman „Der Wein des Vergessens“ den Anstoß für die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels in der Gesichte der Sandgrube 13 gegeben. Das Grundstück hatte sich bis zum Jahr 1938 im Besitz des jüdischen Weinhändlers Paul Robitschek und dessen Partner August Rieger befunden. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war es zur Denunziation und Arisierung jenes Besitzes gekommen. Paul Robitschek musste nach Südamerika fliehen. Nach dem Krieg war er mit der Summe von 600.000 Schilling entschädigt worden.

Nach anfänglichem Widerstand stellten sich die Winzer Krems diesem Teil ihrer Geschichte. „Wir haben die Vergangenheit wissenschaftlich aufgearbeitet und sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir freuen uns, das wir künftig ein gutes Verhältnis zur Familie Robitschek haben", sagte der stellvertretende Obmann der Winzer Krems, Anton Brandstetter, beim Besuch der Nachfahren Robitscheks. Auch Historiker und Mitautor des Buches „Der Wein des Vergessens“, Bernhard Herrman, betonte: „Es ist sehr schön für mich zu sehen, dass die Mitglieder der Familie Robitschek heute Gäste der Sandgrube sind und dass das ohne Animositäten abläuft."

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Eine steinerne Gedenktafel erinnert am Weingut an Robitschek

Erinnerungen an Paul Robitschek

Auch die Nachfahren des Weinhändlers freuten sich über den Besuch, naturgemäß rief er aber sehr unterschiedliche Gefühle bei ihnen hervor. Robitscheks Urgroßneffe Leo meinte etwa: „Es ist schön zu sehen, was unsere Familie hier mitgeschaffen hat. Aber ich habe auch zwiespältige Gefühle, weil uns dieser Ort weggenommen wurde. Dennoch ist es gut, die Erinnerung wiederzubekommen."

In der Sandgrube 13 erinnert eine steinerne Gedenktafel an das Schicksal von Paul Robitschek. Dort heißt es unter anderem: „Im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung widmet die Winzer Krems diese Tafel dem Gedenken an Paul und Johanna Robitschek und bekräftigt ihr Bekenntnis zu Toleranz, Vielfalt sowie der Unteilbarkeit der Menschenrechte.“ Auch eine Ausstellung über jüdische Familiengeschichten im Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla (Bezirk Zwettl) beleuchtet noch bis 27. August Robitscheks Leben.

Man müsse die Zeit des Nationalsozialismus in Erinnerung behalten, betonte Juana Robitschek bei ihrem Besuch in Krems. „Ich glaube es ist sehr wichtig, weil wenn wir die Vergangenheit vergessen, kann es wieder passieren. Es soll in der Schule gelehrt werden, was in dieser Zeit geschehen ist“, so die Nichte des früheren Besitzers.