Etwa 30 Hangrutschungen gab es laut dem Geologischen Dienst des Landes heuer bereits in Niederösterreich. Keine davon hatte allerdings nur annähernd eine Dimension wie jene in der Steiermark und Kärnten, weil die Regenmengen geringer waren.
Laut Joachim Schweigl, Sachverständiger beim Geologischen Dienst, braucht es für einen Hangrutsch zuerst wochenlanges Regenwetter, „dass der Boden wassergesättigt ist, dann Intensivregen – dass es also innerhalb von 48 Stunden mehr als 80 Millimeter Niederschlag gibt. Dann setzt sich der Boden ziemlich leicht in Bewegung.“
In Niederösterreich wurde zuletzt im Mai intensiverer Regen verzeichnet, an zwei Tagen wurde mit 100 Millimetern Niederschlag sogar die Menge von durchschnittlich einem Monat erreicht. Dabei kam es zu „einigen dutzend Rutschungen“, so Schweigl. „Wenn das noch länger angehalten hätte, wäre eine Situation wie in Kärnten und der Steiermark durchaus möglich gewesen.“
Besonders Mostviertel gefährdet
Hangrutschungen treten in Niederösterreich vor allem im Gebiet zwischen dem Wienerwald und der oberösterreichischen Landesgrenze auf, besonders gefährdet ist das Mostviertel mit dem Raum um Waidhofen an der Ybbs und bestimmte Lagen im Bezirk Amstetten. „Wir haben dort sehr viele Gesteine, Klippengesteine mit Tonen und Mergeln, die zu Lehmböden verwittern und die bei entsprechender Wassersättigung gern abrutschen“, erklärt Schweigl.
Auch in der Buckligen Welt kommt es immer wieder zu derartigen Ereignissen. Das Weinviertel ist hingegen seltener betroffen, auch weil das Gelände dort meist flacher ist. Im Waldviertel sind Hangrutschungen aufgrund der Bodenbeschaffenheit sogar die Ausnahme.
Hangrutschungen schwer prognostizierbar
Schweigl rechnet damit, dass Hangrutschungen durch den Klimawandel zunehmen, weil extreme Wetterereignisse die Böden stärker belasten. Schuld sei einerseits die Trockenheit, durch die Lehmböden Risse bekommen, durch die Wasser schnell eindringen kann, andererseits die intensiver werdenden Regenereignisse, durch die die Böden schnell durchfeuchten, so Schweigl.
Konkret voraussagen lassen sich Hangrutschungen, anders als Hochwasser, allerdings nur schwer. „Die Hangrutschungen hängen vom unterirdischen Wasserhaushalt, von den unterirdischen Wasseradern zum Grundwasser ab“, erklärt Schweigl. „Man kann das viel schwerer beobachten und messen.“ Eine grundsätzliche Korrelation zwischen Hochwasserpegeln und Hangrutschungen gebe es aber, so der Experte.
Letzter größerer Hangrutsch 2014
Einen Hangrutsch größeren Ausmaßes gab es 2014 in Hollenstein an der Ybbs (Bezirk Amstetten). Damals ging im Ortsteil Dornleiten eine Mure ab. 2.000 Kubikmeter an Erdmassen, Geröll und Bäumen verwüsteten die Landesstraße und beschädigten ein Haus. Seit 2021 wird an dieser Stelle ein Rückhaltebecken gebaut, das Muren abfangen soll.
Das 2,5-Millionen-Euro-Projekt soll noch heuer im Spätherbst abgeschlossen werden. Weil der Hang nach wie vor in Bewegung ist, überlässt man seitens der Gemeinde nichts dem Zufall. Die Erdbewegungen werden mit einem Überwachungssystem kontrolliert. Im Alarmfall wird die Straße, die unter dem Murkegel vorbeiführt, gesperrt.