Christiane Pabst
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„Menschen im Blickpunkt“

Die „Päbstin“ der österreichischen Sprache

Abgesehen von den zahlreichen Dialekten gibt es formale Arten der deutschen, schweizerischen und österreichischen Sprache. Über die Eigenheiten in Österreich wacht Christiane Pabst, Chefredakteurin des österreichischen Wörterbuchs.

Sprache ist ein sich ständig veränderndes Gebilde. Immer wieder kommen Ausdrücke und Wörter dazu, andere fallen weg. Das österreichische Wörterbuch in der 44. Ausgabe ist das aktuelle Nachschlagewerk. Es soll auch in Schulen dafür sorgen, dass typisch österreichische Ausdrücke nicht von importierten verdrängt werden – ein ständiger Kampf gegen Windmühlenflügel.

Die schillernde Vergangenheit von Christiane Pabst umfasst vier Studien, dazu ein Postdoktorat in Brasilien, einen Lehrstuhl in Ungarn und ihre Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften – alles im Zeichen der Sprache, die sie seit acht Jahren als Chefredakteurin des österreichischen Wörterbuchs hegt und pflegt. „Chefredakteurin ist in diesem Fall nicht mit tagesaktueller Berichterstattung wie in den Medien zu vergleichen, wir denken da eher in Jahren. Aber wo wir ganz aktuell sein müssen, das ist beim Wortschatz“, erklärt sie.

Christiane Pabst
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Sprache bestimmt einen großen Teil von Christiane Pabsts Leben

Coronavirus beeinflusste die Sprache

Konkret bedeute das, „dass wir versuchen müssen, den neuesten Wortschatz in der nächsten Ausgabe zu integrieren, ohne dass wir allzu viel verlieren“, so Pabst. Einen extremen Anstieg an neuen Wörtern habe es etwa in der Zeit des Coronavirus gegeben, „geradezu eine Flut“, berichtet sie. „Das ist einerseits dadurch entstanden, dass behördliche neue Begriffe geboren wurden wie Impfstraße, aber es haben sich auch andere entwickelt, wie etwa Impfneid oder Covidiot.“

Das alles fand Aufnahme in die neueste Auflage. 5.000 neue Begriffe weist sie auf, viele davon aus CoV-Zeiten. Inzwischen ist die Zahl aller Begriffe sechsstellig. Pabst sagt: „Es sind inzwischen 100.000. Ich kann nicht alle aufzählen, ich bin ja nicht das wandelnde Wörterbuch, aber in der Hand hatte ich sicher jeden Einzelnen schon.“

Österreichisch behauptet sich

Durch soziale Medien entsteht ein immer größerer Einfluss bundesdeutscher Ausdrücke. Trotzdem behaupte sich das Österreichische, betont Pabst. Sie sieht sich nicht als Hüterin der österreichischen Sprache, sondern als wissenschaftliche Begleiterin. Das Österreichische habe eine nicht zu unterschätzende Eigendynamik und lasse sich nicht verdrängen.

Einen Austausch mit internationalen Begriffen habe es außerdem schon immer gegeben, so Pabst. Trotzdem tue sie viel für die österreichische Ausdrucksweise, etwa beim Erklären von Sprichwörtern auf Radio Niederösterreich (siehe Bild ganz oben). „Die liegen mir am Herzen, weil sie viel Individualität haben, so viel Humor oft. Diese Leidenschaft geht weit über meine Arbeit am Wörterbuch hinaus.“ Das liebste Steckenpferd der Sprachwissenschaftlerin ist also wieder – die Sprache.