Wald auf ehemaliger Skiwiese
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Umwelt & Klima

Wald „frisst“ Naturpark Ötscher-Tormäuer

Der Naturpark Ötscher-Tormäuer ist mit 170 Quadratkilometern der größte der 22 niederösterreichischen Naturparks. Und er hat ein Problem: Er verwaldet immer mehr. Jetzt sollen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Während erfahrungsgemäß der ideale Waldanteil bei Naturparks zwischen 65 und 70 Prozent liegt, kommt das Ötscher-Tormäuer-Gebiet auf bis zu 90 Prozent. Das sei viel zu viel, erklärt Florian Schublach, der Geschäftsführer des Naturparks: „Natürlich würde man auf den ersten Blick sagen, jeder Baum, der wächst, ist gut, schon aus Klimaschutzgründen. Aber in unserer Region ist es so, dass der Wald quasi überhandnimmt und anderes verdrängt, etwa artenreiche Wiesen. In einer extensiv bewirtschafteten Wiese finden sich im Schnitt 200 bis 250 Lebewesen, in einem Wald gerade einmal die Hälfte.“

Die frühere Skipiste auf dem Pfarrboden in Annaberg zeigt das Problem. Büsche und Bäume wachsen auf, die Wiese verschwindet immer mehr – ein Trend, der sich im ganzen Naturparkgebiet seit vielen Jahren fortsetzt. Die Topografie der Wiesen mache die Arbeit sehr mühevoll, betont auch Almsenner und Naturvermittler Heribert Pfeffer: „Die Lagen sind steil, die Geräte, die man für die Bewirtschaftung braucht, sehr teuer. Ich verstehe, wenn es Bauern gibt, die unter diesen Umständen aufgeben und auf ihren Wiesen Bäume pflanzen. Aber das kann nicht unsere Zukunft sein, die Verwaldung ist ein Zeichen, dass der Mensch die Landschaft verlässt. Wir müssen einen Weg finden, um die Landwirte zu unterstützen, damit sie bleiben.“

Bauer mäht Wiese
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Die Arbeit auf den Wiesen ist aufgrund der Topografie mühsam und nur mit teuren Maschinen möglich

Was einmal Wald ist, bleibt Wald

Eine Wiese verwalden zu lassen ist ein Schritt, der unumkehrbar ist. Was Wald ist, bleibt Wald. Georg Wutzl geht den entgegengesetzten Weg, der junge Landwirt baut sogar neuerdings wieder Getreide an, was in Annaberg jahrzehntelang unüblich war: „Es kann doch nicht sein, dass wir uns hier nicht selbst ernähren können. Natürlich ist das kein Boden wie im Marchfeld, aber ich bin optimistisch, dass wir eine gute Getreideernte einfahren können.“ Diese verwertet er selbst, das Getreide wird zu Brot im Ab-Hof-Verkauf.

Wutzl ist überzeugt, dass die Lebensgrundlage für die Bäuerinnen und Bauern auch der Schlüssel für den Fortbestand der Region ist, auch im Tourismus. Denn „niemand will nur auf Bäume schauen, der Mensch braucht den freien Blick, deshalb klettert man ja auf Berge. Lassen wir die Verwaldung zu, dann akzeptieren wir, dass die Region über kurz oder lang ausstirbt.“

Naturpark Ötscher-Tormäuer verwaldet

Der Naturpark Ötscher-Tormäuer ist mit 170 Quadratkilometern der größte der 22 niederösterreichischen Naturparks. Und er hat ein Problem: Er verwaldet immmer mehr. Während erfahrungsgemäß der ideale Waldanteil bei Naturparks zwischen 65 und 70 Prozent liegt, kommt das Ötscher-Tormäuer-Gebiet auf bis zu 90 Prozent. Dem will man jetzt entgegensteuern.

September: Gespräche mit fünf Gemeinden

Im September wird es deshalb mit den fünf Mitgliedsgemeinden Gaming, Puchenstuben, St. Anton an der Jeßnitz (alle Bezirk Scheibbs), Mitterbach am Erlaufsee und Annaberg (beide Bezirk Lilienfeld) Gespräche über künftige Maßnahmen geben.

Zudem wird eine Studie erstellt, kündigt Schublach an: „Das wird nicht eine Maßnahme sein und dann ist alles wieder gut, sondern das wird ein ganzer Maßnahmenkatalog sein. Das reicht zum Beispiel von der Einrichtung eines Landschaftspflegeverbandes bis hin zur Unterstützung von regionalen Landwirten, damit diese mehr auf dem Hof produzieren können. Damit steigern sie ihre Wertschöpfung und können auch weniger ertragreiche Flächen bewirtschaften.“ Das Ziel des Projektes: eine prekäre Entwicklung für den ganzen Naturpark zumindest zu verlangsamen.