AVENTURA.  Von den Abenteuern im Kopf und anderswo., Bruno Max, Theater im Bunker 2022
Bettina Frenzel
Bettina Frenzel
Kultur

Theater zum Fürchten im Mödlinger Bunker

Die unterirdischen Luftschutzstollen in Mödling sind Sonntagabend – nach pandemiebedinger Pause – wieder Ort des sommerlichen Stationentheaters gewesen. Das Stück „Aventura“ mit einem 50-köpfigen Ensemble ist eine extravagante wie aufwendige Produktion.

Was macht ein Erlebnis zum Abenteuer? Diese Frage zieht sich wie ein inhaltlicher Ariadnefaden durch die eineinhalbstündige Wanderung in den verschlungenen Gängen. Allein der Besuch einer Vorstellung gleicht schon einem Abenteuer: Alle 15 Minuten startet eine kleine Gruppe von unter 20 Personen eine Reise zu den Wagnissen und Risiken des Lebens – zwischen mittelalterlicher Aventiure und Internet-Avataren, Glücksspiel und Spekulantentum, realem Krieg und virtuellen Kämpfen, Erotik und Feminismus.

Unerschöpflich scheint das Quellenmaterial, das Bruno Max in Konzept und Inszenierung einbringt, schreibt APA-Kulturkritiker Ewald Baringer: von Jules Verne über Bert Brecht bis Monty Python, von Casanova über Tolstoi und Ernst Jünger bis zu Handbüchern der britischen Spezialeinsatztruppe im Zweiten Weltkrieg: Abenteuer sind eben schier überall anzutreffen, im Kopf und anderswo.

Jeder Raum birgt Überraschungen

Bei der Gestaltung der Räumlichkeiten hat sich Marcus Ganser selbst übertroffen. Sei es durch altägyptische Wandmalereien, eine U-Boot-Szenerie, diverse Verrohrungen und Apparaturen, Musikinstrumente oder Details wie Ratten-Attrappen: Jeder neue Raum birgt Überraschungen. Die Kostüme von Sigrid Dreger und die Klanginstallationen von Fritz Rainer tragen ebenfalls wesentlich zur Realisierung der „literarischen Geisterbahn“ (Bruno Max) bei.

AVENTURA.  Von den Abenteuern im Kopf und anderswo., Bruno Max, Theater im Bunker 2022
Bettina Frenzel

Insgesamt eine Ermutigung, das Abenteuer nicht zu meiden. Denn, wie Paolo Coelho formulierte: „Wenn du denkst, Abenteuer sind gefährlich, versuch’s mal mit Routine – die ist tödlich.“ In diesem Sinne ist das Theater im Bunker vitalisierend – und nicht nur der angenehm kühlen Temperatur wegen. Wer nicht an Klaustrophobie oder Gehbehinderung leidet, wird in der Mödlinger Unterwelt sein Vergnügen finden.

Zufluchtsort für 9.000 Menschen

Der Luftschutzstollen in Mödling wurde in den Jahren 1941/43 von italienischen Zwangsarbeitern als Luftschutzbunker errichtet und diente der Mödlinger, Wiener Neudorfer und Süd-Wiener Bevölkerung während des Bombenkriegs als Zufluchtsort. Bis zu 9.000 Menschen verbrachten bei Luftangriffen die Zeit in den Stollen. Im Sommer 1999 pachtete der Verein „Theater zum Fürchten“ das rund ein Kilometer lange, aus zwei Hauptröhren und Nebenstollen bestehende Stollensystem. Seitdem wird es jährlich in den Sommermonaten in ein Stationentheater verwandelt.