Religion

„Mussten viele schlimme Dinge aufarbeiten“

Anton Höslinger ist neuer Propst im Stift Klosterneuburg, das zuletzt Missbrauchsfälle aufarbeiten musste. Die Kirche musste „in den vergangenen Jahren viele schlimme Dinge aufarbeiten“, sagt er – und könnte somit „eine Vorreiterrolle für viele Institutionen einnehmen“.

Anton Höslinger übernimmt die Leitung nach turbulenten Jahren für das Stift, in denen auch Missbrauchsfälle aufgearbeitet wurden. Höslinger bat in einem Pressegespräch am Mittwoch „um Entschuldigung“. Der neu gewählte Propst des Stifts Klosterneuburg (Bezirk Tulln) hielt auch fest, dass der Schlussbericht des Delegaten „viel Schmerzliches“ enthalte.

Die Aufgaben des zu Ende gegangenen Kommissariats bestand darin, „die umfassende Aufklärung der Missbrauchsfälle und die Untersuchung der Bedingungen der Möglichkeit ihres Vorkommens“ zu untersuchen, hieß es am Mittwoch beim Pressegespräch. „Alle bekannten Fälle wurden der diözesanen Kommission gegen Missbrauch und Gewalt gemeldet und sind inzwischen korrekt aufgearbeitet und Anerkennungen geleistet worden.“

„Mangel an Formung und Führung"

Laut dem Schlussbericht habe „eine Mehrheit der Chorherren (aktuell 38 an der Zahl, Anm.) ihren Dienst treu und gewissenhaft erfüllt“ und seien „von den aufgezeigten Fehlentwicklungen weit entfernt“. Ein Fazit des mehr als zweijährigen Kommissariats war jedoch „Mangel an Formung und Mangel an Führung“. Die Propst-Neuwahl vom Montag bezeichnete der Päpstliche Delegat Bischof Josef Clemens als „wichtigstes Ereignis nach all dem, was gewesen ist“.

Für die kommenden drei Jahre werde auch ein Päpstlicher Assistent eingesetzt, das sei aber kein Aufpasser, sagte Höslinger im Interview, eher ein Begleiter. Im Blick nach vorne verwies der auf zehn Jahre gewählte Propst darauf, dass im Stift viele Ressourcen da seien. Die sollten im Hinblick auf ein geistliches Zentrum genützt werden. Nicht zuletzt sei eine „sehr gute wirtschaftliche Basis“ vorhanden. In die Zukunft solle es „mit Schwung“ gehen, so Höslinger.

noe.ORF.at: Es wird eine Anlaufstelle für etwaige Missbrauchsfälle geben. Wird dieser Schritt ausreichen oder haben Sie noch mehr geplant, um in Zukunft so etwas zu verhindern, was in der Vergangenheit für so negative Schlagzeilen gesorgt hat?

Anton Höslinger: Es ist richtig. Wir haben in der vergangenen Zeit eine Präventionsstelle eingerichtet, um – wenn Vorwürfe auftauchen – sich schnell und direkt an eine Stelle wenden zu können, wo dieser Fall behandelt wird. Aber wir haben darüber hinaus noch mehrere Maßnahmen gesetzt, Schulungen, Konzepte und auch Erklärungen, die sowohl die Mitbrüder wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeben müssen, damit präventiv verhindert werden kann, so gut es möglich ist, dass solche Vorfälle sich wiederholen.

Stift Klosterneuburg Propst Anton Höslinger Interview Missbrauch
ORF
Anton Höslinger im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs

noe.ORF.at: Tritt die Kirche ganz generell aus ihrer Sicht entschieden genug, klar genug gegen Missbrauch auf?

Höslinger: Ich denke, wir haben sicherlich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele schlimme Dinge auch aufarbeiten müssen. Und die Kirche war sicherlich eine der Institutionen in ganz Österreich, die dieses Thema aktiv angegangen ist, die sehr viel in diese Richtung getan hat. Und ich denke auch sagen zu können, dass die Kirche in Österreich hier eine Vorreiterrolle für viele Institutionen einnehmen kann.

noe.ORF.at: Sie bekommen nun für drei Jahre einen päpstlichen Assistenten zur Seite gestellt. Was soll das genau sein? Eine Art Aufpasserrolle oder was ist die Funktion dieser Person?

Höslinger: Wir wurden davon unterrichtet, dass dieser päpstliche Assistent uns drei Jahre begleiten soll. Der päpstliche Delegat hat uns auch versichert, dass das kein Zeichen des Misstrauens sei, sondern dass es übliche Praxis ist, wenn nach in dieser Zwischenzeit, wo es hier keinen Propst und keinen Kapitelrat gegeben hat, dass ein solcher päpstlicher Assistent diese Begleitung einnehmen wird.

Ich vertraue darauf, dass der Mann, dessen Namen wir noch nicht kennen, ein Begleiter ist, der uns zur Seite steht, der uns zu tragen hilft und der eben auch Hilfe notfalls anbieten kann.

Neuer Propst Stift Klosterneuburg Anton Höslinger
Stift Klosterneuburg/Hanzmann
Der neue Propst Anton Höslinger (m.) trat am Mittwoch mit dem als Administrator tätig gewesenen Prälaten Maximilian Fürnsinn (re.) und dem Päpstlichen Delegaten Bischof Josef Clemens vor die Presse

noe.ORF.at: Sie haben bei der Pressekonferenz gesagt, Sie wollen das Stift zu einem geistlichen Zentrum machen. Was kann man sich da konkret darunter vorstellen?

Höslinger: Das Stift Klosterneuburg hat seit vielen Jahrhunderten viel Arbeit in der Pfarrseelsorge gemacht. Das heißt die Mitbrüder sind draußen an den Pfarren, um die Menschen pastoral zu betreuen und zu begleiten. Das Stift selbst soll aber auch ein solcher Ort sein, zu dem die Menschen kommen können und auf unterschiedliche Weise gemeinsam mit dem Chorherren das Wort Gottes hören, auch Hilfe für ihre Lebenssituationen finden, so dass es gemeinsam gelingt, in der Pastoral das Reich Gottes auf Erden aufzubauen.

Und da denke ich, dass das Stift mit seinen reichhaltigen, gerade auch historischen, kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen Möglichkeiten Andockpunkte bietet, zu dem die Menschen kommen können und aus denen heraus wir auch umgekehrt zu den Menschen gehen können.

noe.ORF.at: Es gibt einen Trend in der Kirche, der kann jemanden wie Sie nicht freuen, dass nämlich seit vielen Jahren die Kirchenaustritte steigen, auch aktuell wieder. Was ist denn Ihr Rezept bzw. haben Sie ein Rezept, um eine Trendumkehr zu schaffen?

Höslinger: Es stimmt, die Kirchenaustrittszahlen sind sehr bedauerlich. Aber gerade in dem, was ich jetzt gerade gesagt habe, dass wir als Stiftung ein geistliches Zentrum sein möchten, dass wir in den Pfarrgemeinden bei den Menschen sein möchten, ihnen in ihren Lebenslagen beistehen möchten, dass so auch umgekehrt die Menschen wieder Wege zur Kirche finden, nicht nur als eine Institution, sondern vor allem Wege zu Gott finden, zum Glauben finden. Der Glauben, der sie dann auch tragen kann in ihren Lebenssituationen.