Max Reinhardt und Baden
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Kultur

Max Reinhardt und seine Geburtsurkunde

Max Reinhardt wurde am 9.9.1873 in Baden bei Wien geboren. So steht es in den Biografien. Vielerorts wird in diesen Tagen der 150. Geburtstag des Theaterregisseurs gefeiert. Es war allerdings gar nicht so einfach für Reinhardt, diese Geburt auch zu belegen. Eine Rekonstruktion.

Die Spurensuche in Baden ist gar nicht so einfach. Viele Historikerinnen und Historiker, die sich mit Reinhardts Geburt oder den späteren Aufenthalten in Baden beschäftigten, mussten sehr genau recherchieren. Die Familie hieß zu Max’ Geburt nämlich Goldmann, ein sehr häufiger Namen damals in der jüdischen Bevölkerung der K.u.K.-Monarchie. Viele Einträge zu dem Namen Goldmann sind in den Kurlisten der Stadt Baden zu finden.

Einfacher wurden die Nachforschungen ab dem Oktober 1904, da wurde durch ungarische Behörden (!) die Namensänderung auf „Reinhardt“ bestätigt. Nicht nur Max nimmt diesen Namen an, sondern die ganze Familie. Vermutet wird von Biografen, dass sich der Name auf eine Person in der Novelle „Immensee“ Theodor Storms bezieht. Der Grund für die Umbenennung könnten antisemitische Anfeindungen gewesen sein, der sich die Familie und vor allem Max ausgesetzt sahen.

Die Kurliste in Baden als wichtiger Beleg

„Baden ist ein alter Kurort zwischen reizenden Weinhügeln gelegen, mit wunderbar alten Häusern und Höfen, sommerlich, heiter, hell“, schrieb Max Reinhardt in seinen Erinnerungen in Amerika um 1940.

In einem unscheinbaren ebenerdigen Haus in der Badener Altstadt kam er, so schreibt Reinhardt an anderer Stelle seiner Erinnerungen, am 9. September 1873 auf die Welt. Ob dies zufällig geschah oder gewollt war, das lässt sich heute nicht sagen. Fest seht, seine Mutter weilte in dieser Zeit in Baden als Kurgast. Belegt ist dies im Badener Stadtarchiv im Rollettmuseum in den „Curlisten“: „Frau Rosa Goldmann, mit Frau Schwägerin und Dienstmädchen aus“, so lautet der Eintrag.

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In diesem Haus soll Max Reinhardt auf die Welt gekommen sein
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Reinhardt lebte von 9.9.1873 bis 31.10.1943
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Ein Blick in das Max Reinhardt-Foyer in Baden

„Zwei Tage vor der Ankunft von Rosa Goldmann verzeichnet die Badener Kurliste, ausgegeben am 12. August, die Ankunft einer anderen Rosa Goldmann, Hebamme, mit Tochter aus Wien. Ob die Hebamme namens Goldmann womöglich eine Verwandte war oder einfach namensgleich, ob sie bei der Geburt assistiert hat, wurde nie erzählt und wird nie mehr festzustellen sein“, schreibt dazu Hildegard Hnatek in einer Abhandlung zu Reinhardt in Baden.

Der berühmte Theatermagier ringt mit den Behörden

Fünf Jahrzehnte später war er der berühmte Theatermagier in Berlin, war mit den Salzburger Festspielen höchst erfolgreich und und hatte internationale Regieaufträge unter anderem in New York am Broadway. Doch nach wie vor war er ohne Geburtsurkunde. Jahrelang führte Reinhardt über seinen Bruder einen intensiven Briefverkehr mit der Gemeinde Baden, der im Stadtarchiv erhalten geblieben ist.

„Auf Ihre Zuschrift teilen wir Ihnen mit, dass die Geburt des Dr. Max Reinhardt, früher Goldmann, in unseren Matrikeln nicht verzeichnet ist. Die regelmäßige Führung unserer Matrikelbücher beginnt erst mit dem Jahr 1878“, zitierte Ursula Scholda, die Leiterin des Stadtarchivs im Rollettmuseum in Baden, aus einer ersten Stellungnahme der Gemeinde. Reinhardt kam bekanntlich bereits einige Jahre davor auf die Welt.

Auch die israelitische Kultusgemeinde in Baden hat erst zehn Jahre später Geburtenmatrikeln angelegt. Das gleiche ergaben die Anfragen in den weiteren Kultusgemeinden von Mödling, Wiener Neustadt oder Wien. Reinhardt brauchte aber eine Geburtsurkunde, um die Schauspielerin Helene Thimig heiraten zu können. 1935 – auf Druck der Landesregierung Salzburgs – und unter Beiziehung einer Zeugin der Geburt, nämlich der Schwägerin seiner Mutter, lenkte Badens Oberrabiner Carlebach ein und stellte eine Urkunde aus, die sich heute im Theatermuseum in Wien befindet.

Reinhardt und seine Berührungspunkte zu Baden

Helene Thimig, seine zweite Ehefrau, hatte ihre Theaterkarriere im Stadttheater Baden begonnen. Es gab 1921 zudem die Überlegung, ob nicht der berühmte Regisseur und Theaterpädagoge das bankrotte Stadttheater übernehmen könnte. Diese Idee zerschlug sich zwar, aber dennoch: Im Stadttheater Baden trägt heute das Foyer, in dem auch Veranstaltungen abgehalten werden, seinen Namen.

Immer wieder besuchte Max Reinhardt mit seiner Mutter oder den Geschwistern die Kurstadt. Auch das neu errichtete Strandbad hat ihn interessiert, so gibt es einen Eintrag in der Badener Zeitung vom Juli 1929, als der Star von den Menschen offenbar begafft wurde: „Er wurde von mehreren Gästen erkannt und war natürlich bald Gegenstand allgemeinen Interesses. Durch die taktvollen Bemühungen des Strandbaddirektors wurde das Publikum veranlasst, dem berühmten Gaste das Vergnügen am Bade nicht zu stören.“