historischer Feuerwehrhelm
ORF
ORF
„Menschen im Blickpunkt“

Leidenschaft für Feuerwehrgeschichte

Vom Signalhorn bis zum Lederhelm: Peter Greßl aus Rosenau (Bezirk Amstetten) restauriert Feuerwehrutensilien aus dem 19. Jahrhundert. Jede freie Minute verbringt er in Archiven, um historische Brände zu erforschen.

Im Jahr 1913 gab es einen Großbrand am Sonntagberg. Alten Zeitungsberichten zufolge war der Lichtschein des Feuers so hell, dass man ihn bis Linz sehen konnte. „Ursprünglich kannte man nur ein Foto von diesem Brand“, berichtet Peter Greßl, der ehrenamtlich als Sachbearbeiter für Feuerwehrgeschichte tätig ist, „ich wollte aber genau wissen, was damals geschehen ist und habe wie bei einem Puzzle Teile gesucht, die das Bild vervollständigen. Mittlerweile habe ich acht Bilder und mehrere Zeitungsartikel von damals gefunden.“

Recherche in der Schatzkammer der Basilika

Nicht die Basilika, sondern das Pilgerhotel daneben stand in Flammen. Weil am Sonntagberg Wassermangel herrschte, mussten die zehn Feuerwehren, die im Einsatz waren, Löschwasser mit Pferdegespannen kilometerweit heranschaffen. Durch die Thermik am Sonntagberg stiegen die Funken besonders hoch in den Himmel hinauf, sodass auch Dachschindeln eines Turms der Basilika Feuer fingen.

„Ein Knecht, der in der Kirche gearbeitet hat, hat mit Kübeln Wasser in den Turm hinaufgetragen und von oben die Schindeln beträufelt, damit sich die Flammen nicht ausbreiten können“, weiß Peter Greßl. Einige der verkohlten Schindeln samt Dankbrief an „die Heilige Dreifaltigkeit“ sind heute in der Schatzkammer der Basilika ausgestellt.

Feuerwehrhistoriker Peter Gressl

Mehr als 100.000 Menschen in Niederösterreich engagieren sich bei der Feuerwehr. Einer von ihnen ist Peter Gressl aus Rosenau am Sonntagberg. Der Mostviertler ist aber nicht nur bei den Übungen und Einsätzen dabei, sondern verbringt auch jede freie Minute mit dem Restaurieren alter Feuerwehrutensilien und er erforscht spektakuläre Brände in der Vergangenheit.

Leopold Figl als Signalhornbläser

Neben der theoretischen Erforschung beschäftigt sich Peter Greßl auch mit den praktischen Seiten des Feuerwehrwesens vergangener Jahrhunderte. Er restauriert alte Utensilien, zur Zeit etwa einen Lederhelm und ein Signalhorn, auf dem bereits Leopold Figl gespielt haben soll.

„Dieses Signalhorn ist ab 1952 als Siegestrophäe bei Feuerwehrwettkämpfen wie ein Wanderpokal an die jeweils beste Feuerwehr weitergegeben worden“, erzählt Greßl, „auf einem alten Foto sieht man, wie der damalige Landeshauptmann Figl hineinbläst.“ Vor der Verbreitung von Funkgeräten waren die Hörner wichtig, um bei Einsätzen gut hörbare Kommandos zu geben. Ersatzteile für das alte Signalhorn gibt es längst keine mehr. Als gelernter Blechblasinstrumentenerzeuger kann Peter Greßl diese Teile aber selbst von Hand anfertigen.

Feuerwehrhistoriker Peter Greßl
ORF
In seiner Werkstatt restauriert Peter Greßl historische Feuerwehrutensilien

80 Stunden für einen Lederhelm

Das zweite Projekt, das viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Wiederherstellung eines 150 Jahre alten Lederhelms: „Das ist das letzte vorhandene Originalexemplar einer kleinen Feuerwehr im Raum St. Pölten“, erzählt Greßl, „das Leder muss komplett gereinigt, geschliffen, in warmes Wasser getaucht und gedehnt werden, bevor man händisch wieder die Metallteile annähen kann. Dafür hat man nur einen Versuch. Ist man unachtsam, bricht das Leder.“

Etwa 80 Stunden Arbeit werden vergehen, bis als letzter Arbeitsschritt der sogenannte „Ziegelbrecher“ wieder auf den Helm gesetzt werden kann: „Der Ziegelbrecher ist ein Kamm aus Blech. Er heißt Ziegelbrecher weil er tatsächlich den Kopf vor herabfallenden Gegenständen schützt“, weiß Greßl. Die meist schwarz eingefärbten Lederhelme waren als Vorgänger der Stahlhelme mit Spinnenaufsatz bei einzelnen Feuerwehren noch bis in die 1950iger Jahre im Einsatz. Erst Ende des 20. Jahrhunderts stiegen die meisten Feuerwehren auf die heute üblichen Plastikhelme um.