Gericht

Schlecht bewertet: Google muss entschädigen

Weil ein User eine Ärztin aus Wr. Neustadt in einer Google-Bewertung als „menschlich miserabel“ bezeichnete, muss der Internetriese der Medizinerin nun Schadenersatz zahlen. Das Oberlandesgericht (OLG) urteilte, dass der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt war.

Ein User namens „Peter 2016“ ließ laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ seinem Ärger über die Kinderärztin im Rahmen einer Google-Bewertung freien Lauf. Laut seiner Schilderung habe er einen Termin für seinen kranken Sohn vereinbart, dieser sei aber wieder gestrichen worden, nachdem sich herausstellte, dass das Kind kein Patient in der Wr. Neustädter Ordination sei. Er vergab einen Stern – „keiner ging nicht“ – und schrieb: „Über die ärztliche Kompetenz kann ich leider nicht urteilen (soll laut anderen Beurteilungen sehr gut sein), aber zur menschlichen kann ich nur sagen: MISERABEL!!!“?

Das Landesgericht Wr. Neustadt stellte bereits in erster Instanz fest, dass der Vorfall tatsächlich anders abgelaufen sei. Das Patientenkontingent sei erschöpft gewesen, deshalb konnte man keinen Termin vergeben und bat den Mann, den eigenen Kinderarzt aufzusuchen oder ins Spital zu fahren. Die Mitarbeiter der Ärztin seien angewiesen gewesen, so vorzugehen, und zwar unabhängig davon, ob ein Patient zuvor bereits in der Praxis war oder nicht.

Google als Medieninhaberin haftbar

Weil Google weder den Eintrag löschte, noch die Mailadresse des Nutzers bekanntgab, richtete sie die rechtlichen Schritte, die sie gegen den User hätte setzen wollen, gegen das Onlinunternehmen. Das OLG Wien bestätigte, dass durch den Eintrag, der auf einem „wahrheitswidrig geschilderten Vorfall“ basiert, „die Grenze des Tolerablen“ überschritten wurde und dadurch der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt wird.

Anders als das Landesgericht entschied das OLG allerdings, dass Google auch dafür haftbar ist, bestätigt ein Sprecher den „Presse“-Artikel gegenüber noe.ORF.at. Google sei demnach „auch Medieninhaberin und nicht nur Host-Provider der Plattform“. Laut Urteil ist Google verpflichtet, der Ärztin 2.000 Euro Entschädigung zu zahlen und die Rezension zu löschen.

Anwalt: „Jetzt inhaltlich verantwortlich“

Die Rezension sei unmittelbar nach der Urteilsfindung gelöscht worden, sagt der Anwalt der Kinderärztin Markus Passer gegenüber noe.ORF.at. Damit sei der Fall abgeschlossen. Spannend sei an der Entscheidung, dass „in Wahrheit alle, die Rezension verfassen, jetzt inhaltlich verantwortlich sind für Dinge, die veröffentlicht werden“, so Passer. In diesem Fall müsse eben Google die Rezensionen prüfen und löschen. Zuvor habe man sich auf die Anonymität und Meinungsfreiheit berufen, so einfacher ein Haftungsprivileg erwirkt und somit keinen Schadenersatz zahlen müssen.