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APA/Helmut Fohringer
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Wirtschaft

Kika/Leiner: Gläubiger stimmen Sanierung zu

Am Montag hat die entscheidende Sanierungsplantagsatzung für die Möbelkette kika/Leiner am Landesgericht St. Pölten stattgefunden. Die Mehrheit der Gläubiger hat dem Sanierungsplan zugestimmt, damit kann das Unternehmen fortgeführt werden.

Es dürfte doch eine Zukunft für das 1910 in St. Pölten gegründete Möbelhaus geben: Die große Mehrheit der Gläubiger – der größte ist die Republik – stimmte am Montag dem Sanierungsplan für die Möbelkette zu. Damit kann das Unternehmen in verkleinerter Form weitergeführt werden.

Die über 500 Gläubiger erhalten zur vollständigen Befriedung ihrer Forderungen eine Quote von 20 Prozent binnen zwei Jahren, teilten die Kreditschutzverbände AKV, Creditreform und KSV mit. Die zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten beliefen sich auf 131,6 Mio. Euro, davon entfielen 49,6 Mio. Euro auf das Finanzamt.

Zehn Prozent fließen als sogenannte Barquote in wenigen Wochen und jeweils weitere fünf Prozent werden binnen 16 und 24 Monaten ausbezahlt. Mitte September wurde bekannt, dass der ehemalige Kika/Leiner-Eigentümer Signa rund um den Tiroler Investor Rene Benko 20 Mio. Euro in den Insolvenztopf einzahlt und dafür weitere Forderungen vom Hals hat. Dadurch erhalten die Kika/Leiner-Gläubiger laut KSV eine Superquote, zahlbar in zwei Raten – jeweils in den ersten Monaten 2024 und in den ersten Monaten Jänner 2025. Die auszuschüttende Superquote werde bis zu 14 Prozent betragen, so die Kreditschützer.

kika-Filiale in Stockerau, Außenansicht, Warteschlange
ORF
Durch Filialschließungen kam es zu Blockabfertigungen im Abverkaufsgeschäft, fast jede und jeder dritte Beschäftigte verlor den Arbeitsplatz

Republik ist größter Gläubiger

Die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik stimmte dem verbesserten Sanierungsplan zu, unter anderem weil es eine „harte Patronatserklärung“ der neuen Eigentümern der Leiner & kika Möbelhandels GmbH für die vollständige Zahlung der weiteren Quoten gibt und eine Fortbestands- und Standortvereinbarung bis Ende 2026 vereinbart wurde. Bei Verletzung der Standortzusage müsse die Möbelkette an alle Gläubiger eine zusätzliche Quote zahlen, hieß es von der Finanzprokuratur.

Weiterhin unzufrieden ist die Finanzprokuratur mit dem Signa-Vergleich. Der beschlossene Vergleich sei „zu gering und die Beträge spiegeln nicht die unternehmerische Verantwortung wider“, sagte Finanzprokuratur-Präsident Wolfgang Peschorn vergangene Woche. Der ehemalige kika/Leiner-Eigentümer Signa zahlt 20 Millionen Euro in den Insolvenztopf ein, hat dafür aber weitere Forderungen vom Hals – mehr dazu in „Signa zahlt 20 Millionen Euro“ (noe.ORF.at; 12.9.2023).

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer fordert von der türkis-grünen Regierung das durch die Insolvenz verlorene Steuergeld nicht abzuschreiben. „Benkos Unternehmen haben mit dem Kauf von Kika/Leiner und anschließendem Verkauf von Kika/Leiner-Immobilien einige hundert Millionen Euro Gewinn gemacht“, so Krainer in einer Aussendung. Er kündigte außerdem eine parlamentarische Anfrage zur Causa an.

Sanierungsplan für kika/Leiner beschlossen

Die Gläubiger der Möbelkette kika/Leiner haben dem Sanierungsplan für die insolvente Möbelkette ihr Okay gegeben. Montagvormittag stimmte die große Mehrheit der Gläubiger am Landesgericht St. Pölten für den vorgelegten Sanierungsplan. Damit kann das Unternehmen in verkleinerter Form weitergeführt werden.

Kreditschützer betonen Erhalt der Arbeitsplätze

Die Kreditschützer sind mit dem Sanierungsplan und dem Signa-Vergleich zufrieden. Die Zustimmung zum Sanierungsplan sei „die bestmögliche wirtschaftliche Entscheidung, um dem Unternehmen die Chance zu geben, eine nachhaltige Sanierung unter der Führung des neuen Eigentümers zu erreichen und die 1.770 Arbeitsplätze zu erhalten“, so die Leiterin Unternehmensinsolvenzen Wien/Niederösterreich/Burgenland beim KSV1870, Brigitte Dostal, in einer Aussendung.

Aufgrund „der professionellen Arbeit der Organe des Insolvenzverfahrens“ gebe es für die Gläubiger eine „respektable Quote“ von über 30 Prozent und mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze seien erhalten geblieben, sagte Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer. Bei einer Zerschlagung des Unternehmens hätte es nur eine Gesamtquote von lediglich rund 6,6 Prozent gegeben, damit sei der angebotene Sanierungsplan „jedenfalls angemessen“, erklärte der AKV.

Grafik kika/Leiner-Filialen in NÖ, Stand 25. September 2023
ORF
Drei Leiner- und zwei kika-Filialen sind in Niederösterreich übrig

23 von 40 Standorten geschlossen

Nach den 23 Filialschließungen Ende Juli gibt es noch die kika-Filialen in St. Pölten, Wr. Neustadt, Graz, Klagenfurt, Innsbruck, Dornbirn, Eugendorf, Linz, Ansfelden, Wien-Nord und Wien-Laxenburgerstraße. Leiner-Geschäfte finden sich noch in Vösendorf (Bezirk Mödling), Tulln, Krems, Graz, Salzburg und Wien-West. In Niederösterreich wurden die Möbelhäuser in Amstetten, Horn, Mistelbach und Stockerau (Bezirk Korneuburg) geschlossen – mehr dazu in „Letzter Tag für 23 kika/Leiner-Filialen“ (noe.ORF.at; 28.7.2023).

Der Personalstand sank von 3.300 auf derzeit circa 1.800. Gemessen an der Zahl der Belegschaft war die Insolvenz von kika/Leiner die größte Pleite der vergangenen zehn Jahre. Etwa 1.500 Beschäftigte wurden zur Kündigung angemeldet, 200 verließen die Firma ohne Kündigung. Laut kika/Leiner-Insolvenzverwalter Volker Leitner konnte durch den Abverkauf und die finanzielle Unterstützung des Eigentümers sowie durch Mithilfe der Supernova-Gruppe als Vermieter positiver gewirtschaftet werden als in der ursprünglichen Planrechnung vorgesehen.

Strategie für Fortführung angekündigt

Der Insolvenzrichter wird nach der Zustimmung der Gläubiger den vorgelegten Sanierungsplan in den nächsten Tagen bestätigen. Damit werde die Aufhebung der Insolvenz nach der entsprechenden Rechtsmittelfrist von drei Wochen, also Mitte Oktober 2023, rechtskräftig, hieß es von kika/Leiner. Die Möbelkette will „in den nächsten Tagen“ die Strategie für die Fortführung und bevorstehende operative Schritte vorstellen.

Landesgericht Sankt Pölten
ORF.at/Christian Öser
Am Montag wird der Sanierungsplan im Landesgericht St. Pölten vorgelegt, dem die Gläubiger aber noch zustimmen müssen

Ursachen für Vermögensverfall werden noch geprüft

Zu klären ist allerdings noch, weshalb es überhaupt zur Insolvenz kam. Kurz nach dem Verkauf des operativen kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Investor Rene Benko an den Handelsmanager und Investor Hermann Wieser, meldete die Möbelkette Mitte Juni Insolvenz an. Die Einrichtungshäuser-Immobilien kaufte die Grazer Supernova-Gruppe. Die Möbelkette befindet sich seitdem in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Masseverwalter ist der St. Pöltner Rechtsanwalt Volker Leitner.

Weil nach der Insolvenz einige Fragen zur kika/Leiner-Geschäftstätigkeit unter Signa-Eigentümerschaft auftauchten, wurde Insolvenzexperte Stephan Riel zum „besonderen Verwalter“ bestellt. Er kümmerte sich um die Prüfung der Ursachen des Vermögensverfalles und um die Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen aus der Verletzung von Gläubigerschutzbestimmungen. Weiters lieferte Riel einen Bericht zu seiner Prüftätigkeit an den Masseverwalter.