Mitte Juli war es wieder so weit: Sieben Schülerinnen und Schüler der HTL Wiener Neustadt blicken in einer Halle in Florida auf jene beiden Roboter, an denen sie sechs Monate lang getüftelt haben. „Über 1.000 Arbeitsstunden waren es sicher“, sagte der WM-Teilnehmer Konstantin Lindorfer. Die Roboter sammeln gelbe Schaumstoffwürfel ein, greifen nach Kuscheltieren und sortieren Plastikringe, immer zwei Teams treten gleichzeitig in dem Parkour gegeneinander an.
Doch gegen die Wiener Neustädter hatte das Konkurrenzteam aus den USA letztlich keine Chance. Ein US-Roboter blieb hängen, die niederösterreichischen Roboter konnten Punkte sammeln. Und holten schließlich zum dritten Mal den Gesamtweltcup-Sieg nach Niederösterreich – mehr dazu in Robotik: HTL-Schüler gewinnen WM-Titel (noe.ORF.at; 23.7.2023).
„Das ist natürlich ein Wahnsinn: Wir sind dort bei der Siegerehrung rausmarschiert, die ganze Halle hat angefangen zu applaudieren“, erinnerte sich der HTL-Schüler Sven Oberwalder. „Das war ein Wahnsinnsgefühl, echt unbeschreiblich.“ Zwei Monate ist der Sieg nun her, am Dienstag wurde das siebenköpfige Team samt Teamcoach Christine Zeh und Lehrer Michael Stifter im Landhaus von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) empfangen.
Bestätigung für Bildungsstandort
Wie ausgerechnet die HTL Wiener Neustadt eine weltweit nahezu unschlagbare Expertise in der Robotik ausbilden konnte, dazu gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Für Wiener Neustadts Bildungsstadtrat Philipp Gruber (ÖVP) ist die Titelserie eine Bestätigung dafür, dass junge Talente in Wiener Neustadt die bestmöglichen Rahmenbedingungen vorfinden.
Mikl-Leitner lobte die Kompetenz, das Engagement und den Teamgeist auf Schüler-, aber auch auf Lehrpersonalseite. Die HTL wäre mittlerweile eine „wahre Weltmeisterschmiede“, so Mikl-Leitner. Das Betreuerteam sorge seit Jahren für die bestmöglichen Rahmenbedingungen.
Generationen von HTL-Schülern arbeiten zusammen
Eine dieser Betreuerinnen ist Zeh. 2016 ging Zeh als HTL-Schülerin selbst bei einer Robotik-WM an den Start, heuer betreute sie als Alumna das diesjährige Team in Florida. Für Zeh liegt das Geheimnis in der gegenseitigen Unterstützung der verschiedenen Robotikgenerationen an der HTL. Wissen werde sozusagen von Gruppe zu Gruppe weitergegeben. „Das hilft den Teams bei einer ganz anderen Ebene einzusteigen als Teams aus Amerika“, sagte Zeh.
Ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort sieht die Wirtschaftsagentur des Landes ecoplus in der Titelserie. Fachpersonal werde immer wichtiger für die Standortentscheidung von Firmen, hieß es. „Talente zu fördern zahlt sich aus“, betonte dazu die Landeshauptfrau.
Internationaler Ruf: „The Austrians are here“
Auch die WM-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer berichteten, dass der Robotikruf der HTL Wiener Neustadt mittlerweile international anerkannt sei. „Die Teams erinnern sich durchaus an den Namen HTL Wiener Neustadt“, sagte Lindorfer. Weil Wiener Neustadt meist das einzige österreichische Team sei, heiße es dann häufig: „Ah, the Austrians are here.“ Der Teamgeist sei auch über Ländergrenzen hinweg hoch, betonte Yasin Sahin: „Natürlich sind wir eine große Konkurrenz für die anderen“, sagte er, doch der Stimmung tue das keinen Abbruch.
Ausgerichtet wird der jährliche Bewerb von der US-Raumfahrtbehörde (NASA). „Direkte Rückmeldung von der NASA haben wir keine bekommen, aber natürlich waren dort auch viele Sprecher von der NASA, und da ist man schon etwas in Kontakt gekommen“, erzählte Oberwalder. Im kommenden Jahr wollen die Wiener Neustädter wieder teilnehmen, und der Ehrgeiz lässt offenbar nicht nach: „Wir treten an, um zu gewinnen“, gab Lehrer Stifter die Losung vor.