Blick über Gloggnitz
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Kultur

Wie Mozarts Requiem Gloggnitz beleben soll

Gloggnitz hat eine enge Verbindung zu Wolfgang Amadeaus Mozart – eine, die wohl nicht einmal alle Einheimischen kennen. Das Festival „moz art“ will die Stadt am Fuße des Semmerings neu positionieren – mit weit mehr als ausschließlich klassischer Musik.

Schloss Stuppach im Gemeindegebiet von Gloggnitz gilt als Geburtsort von Wolfgang Amadeus Mozarts weltbekanntem Requiem, das bis heute zu seinen zentralen und bedeutendsten Werken zählt. Den Auftrag für die Komposition hatte Mozart 1791 Graf Franz von Walsegg gegeben. Das Stück sollte Mozarts letzte Komposition werden. Während der Arbeit daran erkrankte der Musiker schwer, das Requiem blieb teils unvollendet. Die Originalpartitur befand sich bis kurz nach dem Tod von Graf Walsegg auf Schloss Stuppach.

Um das Requiem ranken sich bis heute zahlreiche Mythen und seine Geschichte legte einerseits den Grundstein für das junge Musikfestival „moz art“ und inspirierte andererseits zu dessen Namensgebung. Das Programm reicht jedoch weit über Mozarts Werk und Schaffen hinaus. „Zwischen moz und art passt die ganze Welt“ lautet einer der Festivalslogans.

Keine Trennlinie zwischen ernster und Unterhaltungsmusik

Das Ziel der Konzerte beschreibt Intendant Johannes Kropfitsch dennoch wieder mit einer an Mozart angelehnten Metapher: „Zum einen Teil sind sie Tamino zuzurechnen, also dem ernsten Genre, und zum anderen Teil aber auch dem Papageno, was bedeutet, dass die Konzerte auch lustig und unterhaltsam sein dürfen.“ Bei der Erstellung des Programms frage Kropfitsch sich selbst, „was ich denn gerne hören würde. Ich höre auch nicht gerne immer das Gleiche“.

Das Ergebnis dieser Überlegungen war in der diesjährig zweiten Saison ein buntes Potpourri aus klassischer Musik und Unterhaltungsmusik. So fand man unter den drei Dutzend Veranstaltungen neben einer Aufführung des Mozart-Requiems oder eines Konzertabends anlässlich Rachmaninows 150. Geburtstags und virtuoser Orgelmusik auch Irischen Folk oder Wiener Lieder des „Birgit Denk Trios“, die alle der Liebe gewidmet waren.

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Birgit Denk Trio
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Beim Besuch von noe.ORF.at gab das „Birgit Denk Trio“ launige Wiener Lieder rund um das Thema Liebe zum Besten
Kristina Miller
Oskar Schmidt
Fixer Bestandteil der Konzerte sind Nachwuchstalente – wie zum Beispiel die steil aufstrebende und bereits preisgekrönte Pianistin Kristina Miller
Berliner Symphoniker in Gloggnitz
Barbara Windwarder
Auch Orchester aus dem Ausland kommen nach Gloggnitz – hier im Bild die Berliner Symphoniker

„Musik ist Musik“, so Denk beim Besuch von noe.ORF.at, „und dabei ist es komplett wurscht, ob das vor 400 Jahren komponiert wurde oder jetzt oder in Zukunft komponiert wird. Musik ist Musik“, so ihre Analyse. „Ich will mich jetzt nicht mit Mozart vergleichen – schon gar nicht, was die Reichweite betrifft. Aber wir alle hier machen Musik und das hat Mozart mit seinem Requiem gemacht. Und entweder spüren die Leute etwas dabei oder nicht.“

Mit Musik bewegen will auch Kropfitsch – und zwar „unter der Prämisse der größtmöglichen Qualität“. Dazu holt der künstlerische Leiter von „moz art“ unter anderem aufstrebende Nachwuchsmusikerinnen und -musiker nach Gloggnitz oder ausländische Orchester wie beispielsweise das ungarische Györ Philharmonic Orchestra. Zudem wurde mit dem „Capella Mahleriana“ ein eigener Klangkörper gegründet, der in Gloggnitz seine Residenz hat. Der Name ist eine Anlehnung an eine weitere musikalische Persönlichkeit, die eng mit der Stadt verwoben ist: Gustav Mahler erwarb bei Gloggnitz ein Grundstück, auf dem er sich als Alterssitz eine Villa erbauen lassen wollte. Die Fertigstellung erlebte Mahler jedoch nicht mehr, sodass seine Frau Alma Mahler dort ohne ihn einzog. Die Villa existiert bis heute.

Festival soll Tourismusimpulse bringen

Gloggnitz, die Stadt am Tor zu den niederösterreichischen Alpen, hat touristisch noch Luft nach oben. Eingebettet zwischen den Semmering und Reichenau an der Rax litt sie in der Vergangenheit an einer gewissen stiefmütterlichen Behandlung. Mit den Festspielen in Reichenau und dem Kultursommer am Semmering lastete ihr eher ein Schattendasein an. Daher finden sich dort beispielsweise auch deutlich weniger Nächtigungsquartiere und Hotels als in den Nachbargemeinden. Durch das Festival soll sich das ändern.

Während der Pandemie nutzte die Gemeinde den allgemeinen Stillstand im Land, um an einem neuen Stadtentwicklungskonzept zu arbeiten, erzählt Peter Kasper (Liste WFG), Kulturstadtrat von Gloggnitz im Gespräch mit noe.ORF.at. „Und da war Kulturtourismus eine gute Idee, weil die gesamte Region hier ja bereits eine Kultur- und Tourismusregion ist. In Gloggnitz selbst war bislang aber wenig Tourismus und auch das Kulturprogramm war auf die Veranstaltungen der Stadtgemeinde beschränkt.“ Durch „moz art“ sieht das heute anders aus.

Johannes Kropfitsch am Klavier
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Intendant Johannes Kropfitsch hat noch viel vor und tritt auch selbst auf

„Keine Konkurrenz“ für Semmering und Reichenau

Ein Konkurrenzprogramm zu den bestehenden Kulturangeboten sei das Festival keinesfalls, sondern Ergänzung, ist Mariella Klement-Kapeller überzeugt. Laut der Geschäftsführerin des „Wiener Alpen“-Tourismus finden über die Sommermonate mehr als 300 Veranstaltungen in der Region statt, "aber ‚moz art‘ differenziert sich insofern, als dass es ganzjährig erlebbar ist und auch außerhalb dieser dichten Sommermonate Kultur bietet – sowohl für die Einheimischen, als auch für Gäste.

Das Programm zieht sich von März bis Dezember, im kommenden Jahr startet man vielleicht sogar schon im Februar. In der Stadt bespielt das Festival sechs verschiedene, teils auch ausgefallenere Konzertorte – etwa auf der Dachterrasse des neuen, architekturpreisgekrönten Schulgebäudes im Zentrum der Stadt. „Die Stadt soll damit neues Leben bekommen“, so Kulturstadtrat Kasper, der mittlerweile auch Vorsitzender des Kulturvereins „moz art“ ist. Auch wenn nicht alle Aufführungen ausverkauft waren, sei man mit der Auslastung „sehr zufrieden“ und habe „sämtliche Ziele erreicht“, aber „natürlich sind wir noch nicht am Ende“, ergänzt Intendant Kropfitsch, der mit dem Programm für die dritte Saison noch mehr musikalische Bezüge zur Region herstellen möchte.

Erste Schritt auf einem noch langen Weg

„Zwei Jahre sind viel zu wenig, um etwas zu entwickeln, aber wir sind auf einem guten Weg“, so Kasper. „Unser Plan war ja eine mittel- und langfristige positive Stadtentwicklung.“ Dazu zähle es in den kommenden Jahren, weitere Förderer und Sponsoren zu gewinnen, um etwa Hotels zu eröffnen und das Festival auch in der Kommunikation noch besser in die bestehenden Initiativen einzubetten.

Reine Musikfestivals gibt es in der Region bislang nicht. Während die Festspiele Reichenau auf Theater setzen und der Semmering neben musikalischem Programm vor allem auch auf Literatur setzt, gab es bis „moz art“ noch kein Festival in den Wiener Alpen, das sich ausschließlich Musik widmet – und schon gar nicht nahezu ganzjährig.

Ortszentrum Gloggnitz
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Das Festival bespielt sechs verschiedene Orte: unter anderem den Stadtsaal und die Christkönigskirche in Gloggnitz

Die Tourismus-Geschäftsführerin glaubt jedenfalls an den Erfolg in Gloggnitz. „Natürlich dauert es, bis sich Neues durchsetzt und es braucht ein gutes Konzept, eine großartige Idee und eine fantastische Intendanz – wie das hier auch der Fall ist. Die Qualität des Angebotes muss stimmen. Und sobald das alles zutrifft, ist es durchwegs ein Erfolgsrezept, das auch im touristischen Kontext sehr sehr gut funktionieren kann.“

Der künstlerische Leiter hat indes noch viele Ideen und Vorhaben: „Mich reizt natürlich vor allem etwas Neues. Sich auf etwas Bestehendes draufzusetzen, das schon lange existiert, ist nicht so lustig, wie etwas neu zu kreieren und dem auch seine persönliche Note aufzudrücken.“ Mit seinen persönlichen Noten ist Kropfitsch „noch lange nicht am Ende“, wie er sagt.