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Umwelt & klima

Psychologie kämpft gegen „Klima-Angst“

Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für das Klima einsetzen und sich dafür etwa auf die Straße kleben, polarisieren. Das gehe von Ablehnung bis zu richtiger Klima-Angst, heißt es auf einer Psychologie-Fachtagung in St. Pölten. Jetzt gehe es darum, Lösungen aufzuzeigen.

Je mehr man sich mit dem Thema Klimawandel beschäftigt, desto heftiger können die Emotionen und somit auch die gegensätzlichen Einstellungen werden, sagt Norman Schmid, Leiter der Fachsektion Umweltpsychologie beim Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen im Rahmen der Fachtagung. „So kann viel einschränkende Angst entstehen oder das genaue Gegenteil – nämlich großes Engagement.“

Es gebe aber auch jene Gruppe an Menschen, die sich kaum mit dem Thema beschäftigen können, weil sie sich ohnehin mit verschiedensten Herausforderungen in ihrem Alltag konfrontiert sehen, etwa in Bezug auf Finanzielles, Beruf oder Gesundheit. In diesen Fällen bleibe weniger Energie für die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel übrig.

Zu viel Angst hemmt umweltfreundliches Verhalten

„Studien zeigen, dass zu viel Angst eher hemmt, weil man sich dadurch ohnmächtig und hilflos fühlt“, erklärt Anna Pribil von Psychologists for future Austria, einer Initiative von Psychologen und Psychotherapeuten zur Unterstützung der Fridays-for-Future-Bewegung. Immer mehr Menschen würden um Hilfe suchen, weil sie sich von der sogenannten „Klima-Angst“, also der Angst vor der Zukunft aufgrund des Klimawandels, überrollt fühlen.

Wer sich überfordert fühlt und von dieser Hilflosigkeit betroffen ist, aber trotzdem etwas gegen den Klimawandel unternehmen will, sollte sich laut Pribil auch mal Zeit nehmen, in der es aktiv nicht um das Thema Umwelt geht, sondern um sich selbst – etwa, indem man genügend schläft, sich bewusst Freizeitaktivitäten sucht oder um Hilfe bittet. Bei zu wenig Bewusstsein für den Klimawandel würde die Motivation sinken, Dinge zu verändern.

Politik, Wirtschaft und Verwaltung gefordert

In der Psychologie gehe es schließlich darum, aus diesen teils hemmenden Emotionen herauszukommen und Lösungen aufzuzeigen, um aktiv nachhaltige Entscheidungen treffen zu können, so Schmid. Dabei gehe es nicht darum, mit dem Zeigefinger auf Einzelpersonen zu zeigen: „Es geht vor allem um die Politik, die Verwaltung und die Wirtschaft. Auch hier sind es Menschen, die Entscheidungen treffen.“

Diese Menschen, die ebenfalls bestimmte Einstellungen zum Klimawandel haben, könnten es allerdings dem oder der Einzelnen erleichtern, nachhaltig zu leben. „Wenn ich in den Urlaub fahre und es ist mühsam, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin zu kommen, dann werde ich das Auto wählen“, so der Leiter der Fachsektion Umweltpsychologie.

Weniger Klimaleugner

Das Interesse in der Bevölkerung für Nachrichten zum Thema Klima und Nachhaltigkeit sei groß: 70 Prozent würden sich prinzipiell laut aktuellen Befragungen dafür interessieren. Die Anzahl der Klimaleugner sei laut Schmid dagegen eher rückläufig, das Bewusstsein steige. Generell werde die Anzahl jener Menschen, die den Klimawandel leugnen, als zu hoch eingeschätzt, sagt Sabine Pahl vom Institut für Psychologie an der Universität Wien im Rahmen der Fachtagung.

Studien des Instituts haben erfragt, wie hoch die Befragten den Anteil an jenen Menschen schätzen, die nicht an den menschengemachten Klimawandel glauben. Die tatsächliche Anzahl der Klimaleugner ist laut Pahl deutlich geringer als von den Befragten angenommen. Eine mögliche Erklärung dafür wäre eine verzerrte Wahrnehmung durch die Berichterstattung in den Medien oder auch die „laute Stimme“ bzw. die deutliche Präsenz, die Klimaleugner etwa in sozialen Medien haben.

Weniger umweltbewusst als wir denken

Allerdings würden sich viele als umweltbewusster einschätzen als sie eigentlich sind, erzählt Thomas Brudermann, Professor für Nachhaltigkeit und Verhalten an der Universität Graz. „Uns gibt es ein gutes Gefühl, wenn wir diese kleinen Dinge machen, wie Licht ausschalten oder kürzer duschen. Wir benutzen das aber oft als Rechtfertigung für die großen Dinge, die wir nicht so richtig angehen, wie Mobilität oder Ernährung. Man redet sich quasi den Flug in die Karibik schön, weil man eh schon ein bisschen Plastik eingespart hat.“