Alter Mann vor Tablet
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Gesundheit

Wenn die Pflegerin per Tablet kommt

Die Caritas rollt ihr Telepflege-Pilotprojekt im Weinviertel weiter aus. Das Angebot ermöglicht es, per Tablet mit diplomierten Pflegekräften zu kommunizieren. Nun wird es auch für Nicht-Caritas-Kundinnen und -Kunden angeboten.

„Guten Morgen! Wie geht es Ihnen heute mit Ihren Knieschmerzen?“ Ein älterer Herr sitzt auf seinem Sessel, auf dem Tisch vor ihm steht ein Tablet, am Bildschirm ist eine diplomierte Krankenpflegerin zu sehen, die zu ihm spricht. Die Caritas hatte das Telepflege-Projekt bereits 2019 entwickelt und während der Coronavirus-Pandemie gestartet, um Kundinnen und Kunden kontaktlos beraten zu können. Nun wird es aufgrund des Zuspruchs fortgeführt.

„Es geht um Beratungen und Unterstützung, etwa bei Pflegegeldanträgen, bei der Inkontinenzversorgung, beim Blutzuckermessen und Blutdruckmessen – dass man anleitet, unterstützt und die Selbstständigkeit fördert“, sagt Daniela Hackl, Leiterin der Caritas-„Pflege zuhause“ in der Region Weinviertel, im Gespräch mit noe.ORF.at. Für viele Menschen, die das Angebot in Anspruch nehmen, ist aber auch die Einsamkeit ein Thema. Sie freuen sich, über das Tablet jemanden zu haben, der mit ihnen spricht.

Pflegerin auf Tablet
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Das Projekt wurde bereits vor der Coronavirus-Pandemie entwickelt und mit dem ersten Lockdown gestartet, um kontaktlose Betreuung anbieten zu können

Telepflege soll Vor-Ort-Betreuung ergänzen

Vorbild für das Telepflege-Projekt der Caritas ist das „Virtual care system“ aus Finnland. In einem persönlichen Erstgespräch wird zunächst das Ziel der Telepflege vereinbart, anschließend erhält der Kunde sein eigenes Tablet, über das er mit einer diplomierten Pflegekraft in Kontakt treten kann. Die Gespräche können mehrmals in der Woche stattfinden und zwischen einer halben Stunde und Stunde dauern. Die Telepflege soll die persönliche Betreuung aber nicht ersetzen, sondern ergänzen, so Hackl.

Der Umgang mit der modernen Technologie ist für die ältere Generation oft eine Herausforderung, falsch machen könne man aber nichts, heißt es von der Caritas. Das Angebot ist derzeit kostenlos und steht nun auch Nicht-Caritas-Kunden zur Verfügung. Das Projekt läuft vorerst bis März 2024 und gilt für das gesamte Weinviertel. Anmelden kann man sich bei der Caritas in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) und in Deutsch-Wagram (Bezirk Gänserndorf).

„Moderne Technologien können Personal entlasten“

Martin Fangmeyer, Leiter des Informationszentrums für Pflegende an der Universität für Weiterbildung (vormals Donauuniversität) in Krems, sieht in der Telepflege Potenzial. Der Vorteil bestehe darin, „Pflege zu bündeln, Ressourcen zu bündeln und dadurch den Menschen Unterstützung zu bieten und das Personal zu entlasten, weil dann auch Wegzeiten wegfallen“, sagte er im Interview in der Fernsehsendung „NÖ heute“ am Dienstag mit Nadja Mader. Die persönliche Pflege würden moderne Technologien aber seiner Meinung nach nicht ersetzen können.

Martin Fangmeyer
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Martin Fangmeyer: „Roboter sind nicht der Schlüssel zur Lösung des Personalproblems in der Pflege“

Angesprochen auf eine mögliche Skepsis der älteren Generation gegenüber digitalen Hilfsmitteln wie Tablets, verwies Fangmeyer auf Studien, die gezeigt hätten, dass Menschen beim Erlernen der neuen Technologie oft Unterstützung brauchen, es dann aber funktionieren würde. Ein Drittel der Personen sei jedoch aus der Studie ausgeschieden, weil sie keine Teleberatung wollten, sondern eine persönliche Betreuung. Fangmeyer hielt zudem fest, dass es geistige Fähigkeiten und manuelle Fertigkeiten brauche, um ein Tablet zu bedienen. „Es gibt eine Gruppe von Menschen, die sicher davon profitieren wird, andere werden das wahrscheinlich gar nicht können“, so der Experte im Interview.

Was die Zukunft der Pflege betrifft, seien schon jetzt Roboter im Einsatz, so der Leiter des Informationszentrums für Pflegende an der Universität für Weiterbildung in Krems. Dabei handle es sich einerseits um Assistenzroboter, die Hilfsmittel bringen oder vorlesen können, andererseits um Roboter, die Gemütszustände erkennen und durch Geräusche positiv auf die Stimmung der Menschen wirken soll. „Ich glaube, dass Roboter ein enormes Potenzial haben, aber sie sind nicht der Schlüssel zur Lösung des Personalproblems in der Pflege und können immer nur unterstützen, aber die Pflege nicht ersetzen“, so Fangmeyer.