Die Bioökonomie hat ein ziemlich großes Ziel: In der gesamten Wirtschaft Erdöl durch Pflanzen zu ersetzen – grob gesagt. Erdöl befindet sich etwa in Kosmetika, in Plastik oder in unserer Kleidung. Die Gesellschaft ist abhängig von fossilen Stoffen, die auf der Erde nur endlich vorhanden und umweltschädlich sind. Die komplette Umstellung auf Bioökonomie würde also auch der Klimakrise entgegenwirken.
In Österreich sind viele Anwendungen der Bioökonomie im Forschungsstadium, ein paar Start-Ups haben bereits den Schritt in die Produktion gewagt. Eines aus Tulln nützt zum Beispiel die Abfälle der Holz- und Papierindustrie, um trockene Böden feuchter zu machen: Das sogenannten AgroBiogel – ein schwarzes Granulat – saugt sich mit Wasser voll wie ein Schwamm und gibt das Wasser dann mit der Zeit an den Boden ab. Das Granulat besteht aus Lignin, einem Reststoff der Holzindustrie, der bisher meist verbrannt oder entsorgt wird.
„Es ist das einzige Produkt, das ein 100 Prozent biobasiertes Wasserspeichermedium ist. Es gibt auch andere Produkte, aber die haben alle eine synthetische Kunststoffkomponente“, sagt Tobias Keplinger, Agrarbiologe und im Vorstand bei der AgroBiogel GmbH. Das Granulat sei für die Bio-Landwirtschaft in Deutschland und Österreich zugelassen. Nach drei bis fünf Jahren werde es zu Humus und dünge somit auch den Boden.
Mit Fischresten Schweine füttern
Ein anderes Forschungsprojekt, das am Bioökonomie-Gipfel-Österreich in St. Pölten teilnahm, beschäftigte sich mit Fischresten. Etwa die Hälfte jedes in Österreich produzierten Fisches landet derzeit im Müll. Die Forschergruppe sah sich an, wie diese Reste zu Fischmehl verarbeitet und für die Futtermittel anderer Tiere, etwa für Schweine, verwendet werden können.
Der Fokus des Bioökonomie-Clusters liegt heuer auf Holz. Als Vortragende war Architektin Sonja Geier geladen, sie ist auch stellvertretende Leiterin des Bereichs Typologie & Architektur an der Hochschule Luzern in der Schweiz. Bei der Verwendung von Holz gebe es noch einiges Potenzial, so Geier, „einerseits könnten wir heute schon so bauen, dass zukünftige Generationen diese Ressourcen weiter zur Verfügung haben. Da zählt dazu, dass wir so bauen, dass wir es wieder auseinandernehmen können, wie ein Legosystem und in anderen Gebäuden weiterverwenden können.“
Dafür müsse aber klar sein, wie das Holz behandelt und verklebt wurde, da würden immer noch viele umweltschädliche, fossile Stoffe eingesetzt werden, so die Architektin. Sie stellte auf der Tagung einige reale Bauprojekte vor, die nach dem Bioökonomie-Prinzip gebaut wurden, etwa in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden.
Möglich ist es also – wieso greifen nicht mehr Menschen darauf zurück? „Wir haben im Projekt ‚circularWOOD‘ Pioniere der Kreislaufwirtschaft zu dieser Frage interviewt. Die meisten sagen, sie sind grundsätzlich nicht dafür, dass gewisse Dinge verpflichtend eingeführt werden, aber wir müssen hier wahrscheinlich stärker auf Verpflichtungen setzen. Dass Bauherren aufgefordert werden, Kreislaufwirtschaft mitzudenken“, so Geier. Über die EU-Taxonomie, ein Klassifizierungssystem für nachhaltiges Wirtschaften in der EU, würden Bauherren aber auch in diese Richtung gedrängt werden.
In Österreich fielen 2021 laut einer Erhebung des Klimaschutzministeriums 1,5 Mio. Tonnen Holzabfälle an. Das ist einiges an vermeintlichem Abfall, der genützt werden könnte. Von der Idee zur wirtschaftlichen, rentablen Umsetzung ist es aber ein weiter Weg – wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in St. Pölten ihre Forschung präsentierten, beklagten.
„Der Schritt von der universitären Forschung hin zu einem Unternehmen, um den Prozess dann zu vergrößern, also größere Mengen von einem Produkt zu produzieren, das ist die größte Herausforderung“, so Agrarbiologe Keplinger. Auch das AgroBiogel entstand in der Forschung an der Universität für Bodenkultur.