Politik

Staatsbürgerschaft: ÖVP NÖ fordert strengere Regeln

Die ÖVP NÖ hat eine „Null-Toleranz-Initiative“ mit Maßnahmen gegen Antisemitismus und für eine bessere Integration veröffentlicht. Gefordert werden u. a. strengere Regeln für den Erhalt der Staatsbürgerschaft und härtere Sanktionen bei Schulpflichtsverletzungen.

Für die Einbürgerung soll ein Kurs, in dem es insbesondere um Grundwerte, Integration, Demokratie, aber auch die Anerkennung des Staates Israel geht, verpflichtend sein. „Wer Mitglied unserer Gesellschaft werden will, der muss die historische Verantwortung, die Österreich als Staat trägt, auch als Staatsbürger mittragen“, betonte Landeshauptfrau und VPNÖ-Landesparteiobfrau Johanna Mikl-Leitner. Der Kampf gegen den Antisemitismus und die Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel seien „Staatsräson – und damit Grundvoraussetzung für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.“

Der 7. Oktober und die Wochen danach „müssen für alle ein Weckruf sein und die Augen öffnen“, sprach Mikl-Leitner von einem „Wendepunkt“. „Gegengesellschaften dürfen wir als Gemeinschaft in unserem Land nicht tolerieren – wir müssen sie zur Verteidigung unserer Werte viel mehr sanktionieren.“

Staatsbürgerschaft nach frühestens zehn Jahren

Eine privilegierte Einbürgerung nach sechs Jahren soll es künftig nicht mehr geben, verlangte die Niederösterreichische Volkspartei. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll generell – mit Ausnahme von EWR-Bürgerinnen und -Bürgern – erst nach frühestens zehn Jahren möglich sein. Auch jene, die derzeit „befreit“ sind, weil sie in Österreich die Schule besuchen bzw. besucht haben, sollen künftig einen Test machen müssen.

Im Rahmen dieses Kurses zur Staatsbürgerschaftsprüfung soll – ebenso wie in der Schule – auch der Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend sein. Bei Verurteilung wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung soll es kein Recht auf Einbürgerung geben, bei einem Schuldspruch wegen Verhetzung oder nach dem Verbotsgesetz soll Doppelstaatsbürgerinnen und -bürgern die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Eltern sollen mehr in Pflicht genommen werden

Erweitert werden sollen laut dem Papier die Mitwirkungspflichten der Eltern an der schulischen Bildung ihrer Kinder. „Bei grobem Fehlverhalten, Mobbing oder Gewalt sowie mangelnder Integrationsbereitschaft“ sollen Lehrer-Eltern-Gespräche verpflichtend sein. Als Beispiel wurde u. a. „bewusste Verweigerung der Unterrichtssprache Deutsch trotz deren Kenntnis“ angeführt.

Zudem sollen Eltern mit der Schulleitung und den Lehrkräften kooperieren müssen. Ebenso gefordert wird eine Umsetzungspflicht der im Lehrer-Eltern-Gespräch vereinbarten Maßnahmen, etwa Anti-Gewalt-Training oder schulpsychologische Beratung. Der Strafrahmen bei nachhaltigen Verletzungen oder Vernachlässigungen der Mitwirkungspflichten der Eltern soll von bisher maximal 440 Euro auf künftig mindestens 500 bis maximal 2.500 Euro erhöht werden.

„Wir brauchen klarere Definitionen der Schulpflichten und strengere Sanktionen bei Schulpflichtsverletzungen“, sagte Mikl-Leitner. Wer „die gereichte Hand zur Integration in unsere Gemeinschaft nicht freiwillig annehmen will, muss finanziell empfindlich sanktioniert werden“. Strafzahlungen für Eltern integrationsunwilliger Familien seien eine „klare Botschaft, dass wir die Entwicklung von Gegengesellschaften in unserem Land nicht akzeptieren“.

Kritik von Grünen und SPÖ

Die niederösterreichischen Grünen reagierten am Nachmittag auf die „Null-Toleranz-Initiative“ in einer Aussendung und empfahlen Mikl-Leitner, „ihren Kampf gegen Antisemitismus bei ihrem Regierungspartner zu beginnen“. In der Vergangenheit sei dieser durch einschlägige Liederbücher und Hitlergrüße aufgefallen, sagte Landtagsabgeordnete Georg Ecker (Grüne). Wenn die Landeshauptfrau ihre Aussagen ernst meine, solle sie sofort die Regierungsgemeinschaft beenden, so Ecker.

Die SPÖ Niederösterreich ortet in der Forderung der ÖVP ein Abschieben von Verantwortung in Richtung Bund. Die Bekämpfung des Antisemitismus müsse aber ein gemeinsames Anliegen aller demokratischen Kräfte in Österreich sein, hielt SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander in einer Aussendung fest. „Just Landeshauptfrau Mikl-Leitner kritisiert heute Innenministerin Mikl-Leitner, die im Jahr 2013 die heute kritisierte Staatsbürgerschaftsreform – auf Initiative von Sebastian Kurz (damals Integrationsstaatssekretär, Anm.) – durchgeführt hat“, so Zwander.

Karner: „Entschlossen gegen Extremismus vorgehen“

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagierte am Dienstag im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs auf die Initiative aus Niederösterreich. „Ich halte es für richtig und notwendig, dass man entschlossen und geschlossen, konsequent gegen jedwede Form des Extremismus und vor allem gegen Antisemitismus vorgeht“, sagte Karner. Er verwies auf einzelne Initiativen im Bund, wie die Verschärfungen des Symbol-, Abzeichen- und Verbotsgesetzes. „Was wir nicht brauchen, ist, dass fremde Konflikte auf österreichischem Boden ausgetragen werden“, so der Innenminister.

Angesprochen auf den weiteren Fahrplan kündigte Karner an, dass es viele Initiativen aus den Ländern gebe, die es nun „im Detail zu prüfen“ gelte. „Ein Gesetz darf kein Husch-Pfusch sein, es muss gut vorbereitet und überlegt sein, damit es seine Wirkung erzielt.“