Ein Ort am Wort Diskussion S8 Strasshof
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„Ein Ort am Wort“

Debatte um S8: Erhitzte Gemüter in Strasshof

Braucht es die Marchfeld Schnellstraße (S8) oder würde der Bau vorwiegend die Umwelt schädigen? Mit dieser Frage war der ORF NÖ mit dem Diskussionsformat „Ein Ort am Wort“ in Strasshof (Bezirk Gänserndorf) zu Gast. Es war eine hitzige und emotionale Debatte.

Seit Jahren drehen sich die Verfahren rund um die Marchfeld Schnellstraße im Kreis. Einmal gab es grünes Licht für den Bau der Schnellstraße, nach Beschwerden wurde dieses aber wieder zurückgezogen. Seither folgten zahlreiche Gutachten, doch weder eine generelle Absage noch eine genehmigungsfähige Trasse liegen weiterhin vor.

„Ich bin für die S8. 90.000 Leute wollen hier in der Gegend etwas und eine Minderheit ist dagegen“, argumentierte Franz Urbanek, Unternehmer sowie Mitorganisator einer Demonstration im Jahr 2021 für den Bau der S8. Diese Leute hätten ein Recht, eine Straße zu bekommen, wenn sie das wollen. „Wenn ein paar wenige das nicht wollen, dann sollen sie wegziehen“, so Urbanek.

Claudia Summerauer erzählte bei der Diskussion, dass sie an der Hauptstraße in Markgrafneusiedl (Bezirk Gänserndorf) wohnt: „Es ist unerträglich und es ist wirklich gesundheitsschädlich.“ Sie schilderte auch von einer Familie, die ein zweites Baby bekommt. Die Mutter würde „in der Nacht munter, wenn die Lkw und Pkw aus der Ortschaft hinausdonnern“.

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Mehr als 100 Menschen nahmen am Diskussionsformat „Ein Ort am Wort“ in Strasshof teil

„S8 würde nur noch mehr Staus bringen“

Der Bau einer Schnellstraße hätte vor allem kontraproduktive Effekte, meinte hingegen Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS sowie der BürgerInitiative Marchfeld (BIM). „Wir würden uns beim Vollausbau zusätzlich zu den regionalen Verkehrsproblemen, die suboptimal gelöst werden, noch ein überregionales Problem einhandeln. Denn das Problem, das wir hier haben, ist ein lokales und hausgemachtes an der B8 mit dem starken Zuzug und den Schotter-Lkw im Süden“, so Rehm. Dass man mit einer S8 schnell nach Wien kommen würde, sei ein Irrtum, viel mehr würde man schneller in den Stau an der Wiener Stadtgrenze kommen.

„Der Stau sind wir selbst. Der Stau sind wir mit unserem Verhalten, dass wir in der Früh sagen, wir müssen mit dem Auto hinein in die Stadt fahren“, so Günter Emberger, Verkehrsplanungsexperte an der TU Wien. „Wenn Sie das Geld, das Sie für die Autobahn in die Hand nehmen, in den öffentlichen Verkehr investiert hätten, dann hätten wir in der Früh die Spitzenstunde nicht, dann können Sie öffentlich in die Stadt fahren.“

Debatte um S8: Erhitzte Gemüter in Strasshof

Braucht es die Marchfeld Schnellstraße (S8) oder würde der Bau vorwiegend die Umwelt schädigen? Mit dieser Frage war der ORF NÖ mit dem Diskussionsformat „Ein Ort am Wort“ in Strasshof im Bezirk Gänserndorf zu Gast. Es war eine hitzige und emotionale Debatte.

Ähnlich argumentierte auch Umweltaktivistin Lena Schilling, die unter anderem dafür bekannt wurde, dass sie sich massiv gegen den angedachten Bau des Lobautunnels stark machte. „Niemand will Ihnen Ihre Probleme absprechen“, führte sie aus. „Wenn wir weiter Straßen bauen und dieselben Probleme mit denselben Lösungen immer und immer wieder wiederholen, sehen wir, dass wir noch eine Straße bauen, in der wir dann im Stau stehen können.“

Sendungshinweis

Die einstündige Diskussion von „Ein Ort am Wort“ wird am Donnerstag, den 22.11., ab 20.03 Uhr auf Radio Niederösterreich ausgestrahlt. Ebenso kann sie auf gängigen Podcast-Plattformen nachgehört sowie in der ORF TVthek nachgesehen werden.

Bau der S8 würde viele Ortschaften entlasten

Die Trasse der S8 würde außerdem durch ein Vogelschutzgebiet führen, wo der Triel – eine Vogelart – brütet. „Der Triel ist momentan auf Urlaub. Sie wissen, das ist ein Zugvogel“, scherzte ein Gast, der sich zu Wort meldete. „Wir brauchen die Hauptschlagader S8, um Deutsch-Wagram und Strasshof und die ganzen Ortschaften zu entlasten“, meinte auch Gerhard Kainz, ÖVP-Gemeinderat in Deutsch-Wagram. Jeden Tag würde man im Verkehrsfunk von Staus auf der B8 hören. „Das muss ein Ende haben.“

Auch seitens der Wirtschaft sprach man sich entschieden für den Bau der Schnellstraße aus. „Hätten wir eine S8, hätten wir eine höherrangige Straße, dann würden wir Betriebe hierher bekommen und könnten durch die zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze auch den Pendelverkehr etwas abmildern. Und deswegen ist die S8 eigentlich für mich unumgänglich“, so Andreas Hager, Obmann der Bezirksstelle Gänserndorf bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich.

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Während sich viele für den Bau der S8 aussprachen, führten Umweltschützerinnen und Umweltschützer aus, warum die Schnellstraße für sie keinen Sinn macht

S8 ist seit vielen Jahren juristisch hart umkämpft

Die Marchfeld Schnellstraße gilt seit Jahren als massiv umstritten. 2011 wurden die Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht, 2019 erteilte das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht für den Bau. Gegen diese Entscheidung wurden mehrere Beschwerden vorgebracht, insbesondere weil die geplante Trasse durch ein Vogelschutzgebiet führen soll.

Es folgten viele politische Diskussionen, ebenso versammelten sich im Sommer 2021 Bürgerinnen und Bürger, um für den Bau der S8 zu demonstrieren. Im September 2021 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass es keine Genehmigung für den Bau der S8 gibt und wies das Vorhaben zurück an das Verkehrsministerium.

S8 Marchfeld Schnellstraße Trasse Verlauf
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Die Trasse der S8 soll im Westabschnitt vom Raasdorf beginnend über Deutsch-Wagram und Strasshof an der Nordbahn bis nach Gänserndorf führen. Im weiteren Verlauf soll noch ein Ostabschnitt bis an die Grenze zur Slowakei reichen.

Auch gegen diese Entscheidung wurden Rechtsmittel eingelegt, woraufhin Höchstrichter im Frühjahr 2023 urteilten, dass das Bundesverwaltungsgericht selbst in der Causa entscheiden muss. Die nächsten Verhandlungstage sind Ende November bzw. Anfang Dezember angesetzt. Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob es eine genehmigungsfähige Trasse gibt. Aktuell werden mehrere Trassenvarianten geprüft.