Klassenzimmertheater Mario und der Zauberer mit Sven Kaschte
Luiza Puiu
Luiza Puiu
Kultur

So verführt man: „Mario und der Zauberer“

Thomas Manns dramatisierte Novelle „Mario und der Zauberer“ tourt in dieser Saison durch Klassenzimmer in Niederösterreich und Wien. In dieser Produktion des Landestheaters Niederösterreich beschreibt der Autor 1930 hellseherisch die Vorboten des Faschismus.

Mit „Mario und der Zauberer“ schrieb Thomas Mann ein Jahr, nachdem er den Literaturnobelpreis erhalten hatte, diesen Text über den aufkommenden Faschismus. „Erschreckend aktuell wird dabei die philosophische wie politische Frage nach der Freiheit des Willens und der Neigung des Menschen, sich verführen zu lassen, gestellt. Der Regisseur Sebastian Schimböck überträgt Thomas Manns Meisterwerk in einen soghaften Monolog für den Schauspieler Sven Kaschte“, heißt es auf der Website des Landestheaters Niederösterreich.

Klassenzimmertheater Mario und der Zauberer mit Sven Kaschte
Luiza Puiu
„Mit Hut und Brille hat das Erscheinungsbild von Cipolla eher etwas von einem Mafioso als einem Zauberer. Er ist kein Gentleman, kein Sympathieträger, sondern spielt mit den Menschen und zwingt ihnen seinen Willen auf“, kann man in den „NÖN“ über Sven Kaschte lesen

Worum geht es in dem 50-Minuten-Stück? Wie jedes Jahr verbringt die Familie des Erzählers in „Mario und der Zauberer“ ihren Sommerurlaub am italienischen Mittelmeer. Doch dieses Mal ist etwas anders. "Die sommerliche Unbeschwertheit und Leichtigkeit des Seins weicht einem Unbehagen. Es herrscht eine merkwürdig bedrohliche Stimmung, ausgelöst durch patriotische Parolen und Diskriminierung gegenüber den ausländischen Touristen.

„Man verstand bald, dass Politisches umging“

Mit Besorgnis stellt der Erzähler fest: „Man verstand bald, dass Politisches umging, die Idee der Nation im Spiele war.“ Kurz bevor die Familie beschließt abzureisen, besuchen sie die Vorstellung des Zauberers und Hypnotiseurs namens Cavaliere Cipolla. Cipolla begeistert sein Publikum mit faszinierenden Kunststücken, aber er spielt auch mit den Menschen, demütigt sie und zwingt ihnen seinen Willen auf. Höhepunkt der Veranstaltung ist die Verführung des jungen Kellners Mario, der unter Hypnose zu einer entwürdigenden Tat gezwungen wird.

Klassenzimmertheater Mario und der Zauberer mit Thorben Meißner, Matthias Rankov, Sven Kaschte, Sebastian Schimböck, Marie Rötzer
Landestheater Niederösterreich
Nach der Premiere in der Theaterwerkstatt (v.r.): Marie Rötzer (Künstlerische Leiterin des Landestheaters), Regisseur Sebastian Schimböck, Sven Kaschte, Matthias Rankov (Theatervermittlung) und Dramaturg Thorben Meißner

Thomas Mann war lange vor der Machtübernahme Hitlers als konsequenter Gegner des Nationalsozialismus bekannt. Angesichts des nationalsozialistischen Wahlerfolges warnte der Schriftsteller bereits im Oktober 1930 in seiner Berliner Rede „Appell an die Vernunft“ vor dem drohenden Rückfall in die Barbarei, seitdem war er starken Anfeindungen ausgesetzt. Im Februar 1933 kehrte er von einer Vortragsreise nicht mehr nach Deutschland zurück.

„Mario und der Zauberer“ wird am 15. Dezember (19.30 Uhr) in der Theaterwerkstatt des Landestheaters gezeigt

Alina Groer schreibt in den „Niederösterreichischen Nachrichten“ über die Premiere: „Die Erzählerfigur, gespielt von Sven Kaschte, schlüpft während des Monologs immer wieder in andere Rollen und kommt dabei mit wenigen Requisiten aus. Ein Handtuch, auf dem eine Karte von Italien abgebildet ist, fungiert zuerst als Landkarte, als Kleid einer Grande Dame im Hotel, dann als Tischdecke und Serviette eines Kellners im Restaurant und als Umhang von Zauberer Cavaliere Cipolla, dessen Vorstellung die Familie des Erzählers eines Abends besucht.“

Eva Riebler, Obfrau der Literarischen Gesellschaft St. Pölten, meint in ihrem Internet-Blog über die Aufführung: „Der Schauspieler Sven Kaschte, der seit dieser Spielsaison zum Ensemble des Landestheaters gehört, meisterte großartig alle Rollen! Mit Bravour spielte er den Vater zweier Kinder im Badeurlaub in Torre de Veneto, den Kellner Mario oder den Zauberer Cipolla. Er brauchte weder die in der Erzählung vorkommenden Requisiten wie Reitpeitsche, Zylinderhut oder weißen Schal des Zauberers, um ihn vor den Augen des Publikums leibhaftig entstehen zu lassen. Eindrücklich brachte er Thomas Manns Weisheiten und ließ die Ideen der kommenden NSDAP anklingen.“