Pakete Amazon Großebersdorf Weihnachten Zusteller
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Wirtschaft

Paketgeschäft: Hoher Druck und wenig Lohn

In der Vorweihnachtszeit haben Paketzusteller Hochsaison. Der Arbeitsalltag ist von Druck, Stress und geringer Entlohnung geprägt. In der Kritik steht oft der Online-Händler Amazon. noe.ORF.at durfte im Verteilzentrum in Großebersdorf hinter die Kulissen blicken.

Ein Paket nach dem anderen läuft über das Förderband. In den Tagen vor Weihnachten sind es im Amazon-Verteilzentrum in Großebersdorf (Bezirk Mistelbach) bis zu 80.000 Pakete, die jede Nacht von 20 großen Lkw aus den internationalen Lagern angeliefert und binnen weniger Stunden für die Zusteller sortiert werden müssen.

Jedes Paket wird beim Ankommen gescannt, jedes Packerl bekommt ein Pickerl, das zu einem Regal führt. Gleichzeitig beginnt im Hintergrund via Computer die Routenplanung, erklärt Standortleiter Florian Brezina: „Wo liegen die Pakete, welche Routen sind sinnvoll, wie können wir das so zusammenstellen, dass ein Fahrer oder eine Fahrerin diese Route in der normalen Arbeitszeit auch ordentlich ausfahren und in einer guten Qualität zustellen kann.“

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Vom Förderband werden die Pakete direkt in Taschen gepackt, nach Adresse und Reihenfolge der Auslieferung

Dafür werden die Pakete im Verteilzentrum vorsortiert. Jeder Mitarbeiter neben dem Förderband steht vor 20 großen Taschen. Wird das Paket nochmals gescannt, zeigt ein Licht an, in welche Tasche das Paket kommt. So werden die Pakete nach Adresse und der Reihenfolge der Auslieferung sortiert, sagt der Standortleiter. Die Taschen wiegen laut Amazon maximal 23 Kilogramm.

Intensive Nachtschicht

In Großebersdorf arbeiten üblicherweise etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aktuell etwas mehr. Die meisten kommen aus dem Ausland oder haben Migrationshintergrund. Die intensivste Zeit sei zwischen Mitternacht und 9.00 Uhr morgens. Jeder Arbeitsschritt wirkt genau durchgeplant. Um 10.30 Uhr kommen die rund 300, aktuell bis zu 450 Transporter, die die Ware schließlich bis zur Haustüre zustellen.

Amazon stellt die Pakete teilweise sogar noch am Tag der Bestellung zu. Moderne Logistik würde das möglich machen. Der Kunde will die Schnelligkeit, " da geben wir auch alles, dass das gemacht wird", sagt die Regionalleiterin bei Amazon Logistik, Miriam Enzi. Für den Zusteller bedeute das aber nicht mehr Stress. „Der weiß ja nicht, ob das gestern, vor zwei Tagen oder letzte Woche bestellt wurde. Er bekommt seine Route vorgefertigt und muss dann nur noch zustellen. Für ihn macht das keinen Unterschied.“

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Etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Verteilzentrum, der Großteil von ihnen kommt aus dem Ausland

Weltbester Arbeitgeber?

Obwohl Amazon laut eigenen Angaben der weltbeste Arbeitgeber sein will, gibt es immer wieder Kritik: über Zwölf-Stunden-Tage, die schlechte Bezahlung oder immensen Arbeitsdruck, wodurch Mitarbeitern teilweise keine Zeit zum Trinken bzw. für die Toilette bleibe. Beschäftigte würden auch manchmal erst kurz vor Dienstbeginn erfahren, in welchem Amazon-Lager sie eingeteilt wurden – mehr dazu in Großer Druck und wenig Lohn als Alltag (news.ORF.at; 7.12.2023).

Amazon spricht von Einzelfällen, das Unternehmen halte sich generell an den Kollektivvertrag, betont die Regionalleiterin bei Amazon Logistik: „Wenn Überstunden geleistet werden müssen oder freiwillig geleistet werden, dann gelten wir das auch nach dem Kollektivvertrag ab, und natürlich können die Mitarbeiter auch auf das WC gehen und haben auch ihre Pause, die sie nutzen können.“

Großrazzia mit 1.000 Verstößen

Bei einer Großrazzia in Großebersdorf vor drei Jahren stellte die Finanzpolizei fast 1.000 Verstöße fest – von Schwarzarbeit bis Lohn- und Sozialdumping. Betroffen waren damals nur Subfirmen, die von Amazon Aufträge zur Paketzustellung bekommen und diese teilweise wieder an andere Firmen ausgelagert hatten. Doch auch Amazon habe daraus gelernt, heißt es beim Lokalaugenschein von noe.ORF.at.

Das alte Ausliefersystem mit Sub- und Sub-Sub-Firmen gebe es nur noch in Ausnahmefällen, etwa in Spitzenzeiten, und müsse auch separat genehmigt werden. Stattdessen arbeite man in Großebersdorf nun mit neun fixen Partnerdiensten zusammen. „Die Lieferpartner haben ihre Fahrer auch angestellt und wir schauen uns immer wieder an, ob sie das Arbeitsrecht auch einhalten“, sagt Regionalleiterin Enzi.

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Binnen weniger Stunden werden die Taschen gefüllt und danach von den Zustellern ausgeliefert

Die Gewerkschaft fordert deshalb immer wieder eine Erstauftraggeberhaftung. Das würde bedeuten, dass etwa Amazon auch bei Verstößen von Partnerdiensten haftet. Amazon will dazu auf Nachfrage aktuell keine klare Stellung beziehen. „Wir schauen uns das gerade an, wir diskutieren mit vielen Leuten und auch mit anderen Unternehmen dazu“, sagt Enzi.

Stattdessen will Amazon in einem anderen Bereich punkten, konkret beim Thema Nachhaltigkeit. Bis 2040 will der Online-Händler klimaneutral sein. Die Transportbusse sollen dafür auf E-Antrieb umgestellt werden, außerhalb von Österreich betreibe man etwa auch eigene Windparks. Zudem verzichte man bei der Auslieferung schon bisher auf Plastikverpackungen.