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WIRTSCHAFT

Immo-Prognose: Miete steigt, Kaufpreis sinkt

Nachdem der Immobilienmarkt im Vorjahr deutlich eingebrochen ist, ist die Prognose des Immobilien-Netzwerkes Remax für 2024 optimistischer. Die Lage bleibt aber angespannt. Die Makler erwarten generell steigende Mieten und sinkende Kaufpreise.

2023 war ein schwieriges Jahr für den An- und Verkauf von Immobilien. Die Nachfrage nach Eigentum brach zuletzt deutlich ein, obwohl sie im Jahr 2022 noch in unerwartete Höhen gestiegen war. Unter anderem weil die Corona-Pandemie auch den Immobilienmarkt zumindest kurzfristig durchgerüttelt hat. Ein Haus mit Garten oder zumindest eine Wohnung mit Terrasse sollte es da sein, und das möglichst am Land.

Das Angebot war gering, die Nachfrage hoch, auch die Preise schossen damit in die Höhe. 2023 dann der Einbruch: Das Angebot an Kauf-Immobilien wächst laut Immobilien-Netzwerk Remax so stark wie noch nie, die Nachfrage hingegen ist so niedrig wie noch nie und damit sind die Preise aktuell im Sinkflug.

Ein ähnlicher Trend – wenn auch abgeschwächt – wird auch 2024 erwartet. Bei den Mieten für Wohnungen in zentraler Lage ist das Preisplus am größten, ein Preisminus wird es auch heuer bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen in Landgemeinden geben. Anton Nenning von Remax prognostiziert für 2024: „Die Frage der Leistbarkeit dominiert die Immobilienentscheidung. Der Wunsch nach Eigentum und der Wunsch nach Freiraum mit Balkon, Terrasse oder Garten verliert wieder an Gewicht. Die Mietwohnungen boomen.“

Hohe Eigenkapitalquote für Käufer dürfte bleiben

Den Grund für diese Entwicklung orten die Maklerinnen und Makler weiterhin in den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen – vor allem bei den verschärften Kreditrichtlinien, die etwa eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent vorsehen, sowie in den hohen Zinsen.

Daran wird sich auch wenig ändern: Der Verfassungsgerichtshof hat einen Antrag eines Vorarlbergers gegen die sogenannte KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsicht abgelehnt – mehr dazu in Immokredite vor VfGH: Höhere Hürden bleiben (vorarlberg.ORF.at; 3.1.2024).

Rainer Altmann, Lehrgangsleiter für Real Estate Management an der Universität für Weiterbildung Krems, sagt dazu im „NÖ heute“-Interview: „Früher hat es immer geheißen: 30 Prozent Eigenmittel muss man haben – auch das wird es früher oder später wieder geben.“

Immobilienpreise könnten bis zu sieben Prozent abnehmen

Die „praxisfernen“ Kreditvergaberichtlinien müssten unbedingt rasch angepasst werden, so Bernhard Reikersdorfer von Remax: „Die Regelung stellt selbst Besserverdiener vor oft unüberwindbare Hürden, um sich in jungen Jahren Eigentum zu schaffen.“ Generell seien im nächsten Jahr die Käufer in einer besseren Verhandlungsposition als noch vor zwei oder drei Jahren. Österreichweit könnten laut der RREFIX-Expertenumfrage unter 600 Remax-Immobilienmaklerinnen die Preise um 6,7 Prozent zurückgehen, in Niederösterreich sogar um sieben Prozent.

Die einzigen Preiserhöhungen soll es für neue, frei vereinbare Mietabschlüsse geben. Denn bei den Mietwohnungen, die zuletzt stärker nachgefragt wurden, habe sich das Angebot seit Juni 2022 fast halbiert. Die Lage habe aus Sicht des Immobilien-Netzwerks auch das sogenannte Bestellerprinzip bei den Maklern beeinflusst. Seit 1. Juli müssen Auftraggeber die Maklerdienste voll bezahlen. Das sichtbare Immobilienangebot sei mit Juli 2023 spürbar zurückgegangen, mehr Wohnungen würden privat vermittelt und da fehle oft die Fachkenntnis, kritisierten die Makler.

Wohnraum wird gebraucht werden – aber kein neuer

Rainer Altmann, Lehrgangsleiter Real Estate Management an der Universität für Weiterbildung Krems, erwartet über 2024 hinaus eine Stagnation: „Den Höchststand an arbeitender Bevölkerung haben wir in den nächsten Jahren. Das heißt: Die Kaufkraft jener Schicht, die Wohnungen kaufen kann, nimmt wahrscheinlich ab.“

Zwar werde die Bevölkerung laut Statistik Austria bis 2080 aufgrund von Zuzug wachsen – es werde also neuen Wohnraum brauchen, sagt Altmann im „Niederösterreich heute“-Studiogespräch mit Claudia Schubert. „Aber neuen Wohnraum kaufen und errichten, das wird es weniger geben“, prognostiziert der Experte.

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Bevölkerungsentwicklung beeinflusst Immo-Preise

Weniger neuen Wohnraum werde es voraussichtlich auch geben, wenn die Häuser der Babyboomer auf den Markt kommen, weil sie sie im Alter nicht mehr selbst erhalten können. Altmann rechnet hier mit einem „massiven Preisverfall, zumal die Qualität dieser Häuser nicht dem heutigen Standard entspricht“.

Dass es weniger Wohnraum gebe, sei in entwickelten Gesellschaften normal, sagt Altmann: „Je weiter entwickelt eine Volkswirtschaft ist und je mehr Einkommen da ist, desto stärker steigt die Anzahl der Mietwohnungen während die Anzahl des Eigentums zurückgeht.“ Das sehe man etwa in der Schweiz bzw. in Bulgarien.

„Neubau macht langfristig keinen Sinn“

Zurzeit sei es nicht sinnvoll, neue Häuser zu bauen, so Altmann, denn: „Die Bauwirtschaft hat es nicht geschafft, eine Produktivitätssteigerung hinzubekommen. Andererseits muss ein Gebäude 50 Jahre lang stehen, um Co2 zu kompensieren. Das gebundene Co2 ist in den Baumaterialien so groß, dass ein Neubau langfristig keinen Sinn macht.“

Ein Mietpreisdeckel hätte zur Folge, dass die Gebäude „in einen schlechten Zustand kommen. Bei der Stadt Wien zum Beispiel, die ja den Mietdeckel machen, sind die Gebäude in so einem schlechten Zustand, dass der Rechnungshof beanstandet hat, dass die Renovierungszyklen viel zu lang sind.“