Aussenansicht Landesgericht Korneuburg
ORF.at/Christian Öser
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Gericht

Mutter getötet: Unterbringung für 28-Jährigen

Mit einer rechtskräftigen Unterbringung für einen 28-Jährigen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum hat am Dienstag in Korneuburg ein Prozess um eine Bluttat in Strasshof (Bezirk Gänserndorf) geendet. Der Mann soll seine Mutter getötet haben.

Bei der Attacke wurde auch der Stiefvater verletzt. Die Geschworenen entschieden einstimmig, dass der Betroffene im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gehandelt hat. Im Fall der Zurechnungsfähigkeit wäre der 28-Jährige wegen Mordes und versuchten Mordes belangt worden. Die entsprechenden Hauptfragen wurden von den Laienrichtern einstimmig bejaht.

Der Angriff wurde am 3. April des Vorjahres verübt. Schauplatz war ein Reihenhaus, in dem das Ehepaar und der Sohn der 60-jährigen Mutter lebten. Staatsanwältin Gudrun Bischof sprach am Dienstag von einem „furchtbaren und tragischen Vorfall“. Der Betroffene soll rund 30 Mal mit einem Küchenmesser auf seine Mutter eingestochen haben. Der schreienden Frau kam der Stiefvater zu Hilfe, der ebenfalls attackiert wurde.

Der 70-Jährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen, überstand die prekäre Gesundheitssituation laut Bischof nur aufgrund des schnellen Einschreitens der angeforderten Polizisten. Während die 60-Jährige an Ort und Stelle ihren Verletzungen erlag, wurde ihr Partner in das Universitätsklinikum St. Pölten geflogen und auf der Intensivstation behandelt.

Beschuldigter gestand die Tat

Der nicht vorbestrafte 28-Jährige wurde bei einem Suizidversuch ebenfalls schwer verletzt. Bei seiner Befragung legte der Betroffene ein umfassendes Geständnis ab. Er nannte Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Weltanschauungen als Motiv. Bischof zufolge hatte sich der Niederösterreicher nicht zuletzt aufgrund seiner Ansicht zur Corona-Impfung aus der Familie zusehends ausgeschlossen gefühlt. Er verschanzte sich vielfach vor dem PC und machte sich Gedanken zu Aliens, Freimaurerei und dem Thema Weltuntergang, worüber der 28-Jährige auch ein Manuskript verfasste.

Vor der Tat sollen sich diese Ansichten intensiviert haben, wodurch es mehrmals zu Diskussionen mit der Mutter gekommen sei – so auch unmittelbar vor der Messerattacke, an die sich der Niederösterreicher eigenen Angaben zufolge nicht mehr erinnern kann. „Ich habe dann nur meine Mutter gesehen und bin weggelaufen“, gab der Mann zu Protokoll.

Angeklagter laut Gutachten nicht zurechnungsfähig

Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bescheinigte dem Betroffenen eine schwere Geisteskrankheit im Sinne einer chronischen Drogenpsychose. Der 28-Jährige sei daher zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig gewesen. Seit rund acht Jahren habe er Cannabis konsumiert, zuletzt täglich, räumte der Niederösterreicher in der Geschworenenverhandlung ein. Laut Hofmanns Einschätzung besteht beim Betroffenen die Gefahr, dass er in absehbarer Zeit erneut strafbare Handlungen mit sehr schweren Folgen begehen könnte. Wäre der Mann zurechnungsfähig, müsste er sich wegen Mordes und versuchten Mordes verantworten.

Verteidigerin Astrid Wagner sprach von „wirklich unfassbaren Ereignissen“, es sei „tragisch, was hier geschehen ist“. An den Vorfällen vom 3. April 2023 gebe es keine Zweifel: „Der Tathergang ist ja klar.“ Auch das psychiatrische Gutachten sei eindeutig, am Ende des Verfahrens müsse eine Unterbringung stehen. Staatsanwältin Bischof hielt in ihrem Schlussvortrag fest, dass die Behandlung des 28-Jährigen „ein langwieriger Prozess“ werde. Die Geschworenen zogen sich gegen 11.15 Uhr zu den Beratungen zurück. Eine Entscheidung wurde für den frühen Nachmittag erwartet.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über Femizide und (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147, ebenso die psychosozialen Dienste des Landes Niederösterreich.