Goldschakal im Schnee
APA/JENNIFER HATLAUF
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Umwelt & Klima

Goldschakal: Uneinigkeit über Schutzstatus

In den vergangenen Jahren hat sich der Goldschakal in Österreich verbreitet. Eine Studie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) bewertet ihn in Niederösterreich als streng schützenswert – im Landesjagdverband sieht man das anders.

Er sieht aus wie ein großer Fuchs, mit eigenen Augen haben ihn aber die wenigsten gesehen: einen Goldschakal. In der Fachsprache wird er als Neozoon, also als gebietsfremdes Tier, bezeichnet. Vom Balkan aus verbreitete er sich gen Westen und damit auch nach Österreich. 2023 wurden 55 Sichtungen nachgewiesen, darunter erstmals auch in Wien, wenn auch nur anhand eines überfahrenen Tieres – mehr dazu in „Goldschakal in Wien nachgewiesen“ (wien.ORF.at, 27.1.2023).

Laut EU-Recht müssen Goldschakale in Österreich ganzjährig geschont und dürfen nicht bejagt werden, erklärte der Wiener Jurist Florian Rathmayer von der BOKU am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Dies gelte zumindest, bis ein „günstiger Erhaltungszustand“ der auf natürliche Weise eingewanderten Art nachgewiesen ist. Laut seinem Rechtsgutachten widersprechen die Jagdgesetze der Bundesländer bezüglich der Goldschakale teils den EU-Richtlinien und wären dementsprechend zu ändern.

Im Auftrag der „Forschungsgemeinschaft Lanius“ und des „Volksbegehrens für ein Bundesjagdgesetz“ erstellte Rathmayer ein Rechtsgutachten zum Umgang mit dem Goldschakal in den Naturschutz-und Jagdgesetzen der Bundesländer. Das Ergebnis: In Niederösterreich dürften Goldschakale nicht mutwillig beunruhigt, gejagt und entnommen werden – was laut Medienberichten aber passierte. Das Rechtsgutachten würde „außer Zweifel stellen“, dass er in Niederösterreich eigentlich dem Naturschutzrecht unterliege.

Goldschakal
Eine Begegnung mit einem Goldschakal gilt als für den Menschen ungefährlich

Jagdverband: Goldschakal „ganzjährig bejagbar“

Dem widerspricht der niederösterreichische Jagdverband: Der Goldschakal falle unter das so genannte „Raubzeug“ und sei ganzjährig bejagbar, sagt Geschäftsführerin Sylvia Scherhaufer gegenüber noe.ORF.at. Ein Grund für die Uneinigkeit über den Schutzstatus des Golschakals in Niederösterreich könnte sein, dass er weder im Jagd- noch im Naturschutzgesetz erwähnt wird.

„Daraus wurde fallweise der Schluss gezogen, dass er dem ‚Raubzeug‘ angehöre, weswegen er ganzjährig geschossen werden dürfe“, so Rathmayer. Darunter verstehen Jäger allgemein „dem Wild schädliche Tiere“, meist streunende Hunde und Katzen. Dies würde eine schrankenlose Entnahme der Art durch jagdlich befugte Personen erlauben, so der Jurist.

Bejagung nur bei „günstigem Erhaltungszustand“

Laut EU-Recht, konkret in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), ist der Goldschakal aber eine „Art von gemeinschaftlichem Interesse“ und demnach „eine geschützte Art“. Für solche müsse ein „günstiger Erhaltungszustand gewahrt und nötigenfalls wiederhergestellt werden“. Das heißt, es ist aufgrund von Monitoringdaten zu belegen, dass die Art langfristig überlebensfähig ist und das Verbreitungsgebiet nicht abnimmt.

Nur wenn dies der Fall ist, könnten nationale Regelungen seine Bejagung erlauben. Alle Mitgliedsstaaten wären verpflichtet, den Erhaltungszustand geschützter Arten (wie des Goldschakals) zu überwachen, und alle sechs Jahre der EU Berichte zu erstatten. „Das hat Österreich bis dato noch nicht gemacht“, sagte Rathmayer.

Goldschakal im Schnee
Jennifer Hatlauf
Bei der Unterscheidung vom Fuchs hilft ein Blick auf die Rute des Goldschakals: Sie ist in der Regel weniger buschig und kürzer

Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern

In Wien ist der Goldschakal laut Naturschutzordnung streng geschützt. „In Salzburg und Vorarlberg unterliegt er dem Jagdrecht, ist aber ganzjährig geschont, er darf dort also nicht bejagt werden“, so der Jurist. Im Burgenland, in Kärnten, Oberösterreich und in der Steiermark legen die Jagdgesetze eine Schusszeit von Anfang Oktober bis Mitte März fest. In Tirol dürfe er laut einer Novelle vom September 2023 das ganze Jahr bejagt werden.

„Schusszeiten zu etablieren, ohne den Erhaltungszustand zu kennen und zu berücksichtigen, widerspricht der EU-Richtlinie“, erklärt Rathmayer. Befristete oder ganzjährige Schusszeiten für Goldschakale wären demnach in der Europäischen Union rechtswidrig. Die Tiroler Novelle würde sogar dem Tiroler Jagdgesetz selbst widersprechen. „Das hat die Landesregierung auf Intervention der Landesvolksanwaltschaft Ende Dezember sogar eingeräumt“, so der Jurist.

2023 wurden österreichweit neun Schafe gerissen

Goldschakale tauchten im Jahr 1987 erstmals in Österreich auf. Mittlerweile gab es – bis auf Vorarlberg – Sichtungen in allen Bundesländern. Im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark ist nachgewiesen, dass sie Nachwuchs haben. Goldschakale sind monogam. Das heißt, dass ein Pärchen ein Leben lang zusammenbleibt. Ein Weibchen trägt meist vier bis fünf Junge aus.

Die Tiere fressen vor allem Mäuse, Vögel, Insekten, Amphibien, Pflanzen, Früchte und Aas – wie etwa von Jägern zurückgelassene Innereien des erlegtem Wilds. Manchmal erwischen sie auch junge Schafe, Ziegen und Rehe. 2023 gab es neun Risse von Schafen durch Goldschakale, alle in Tirol.

Wie viele Goldschakale in Österreich leben, sei aufgrund eines fehlenden Monitorings nicht einschätzbar. Es gäbe „etwa knapp unter hundert Streufunde“. Von einem günstigen Erhaltungszustand könne man bei solchen Einzelfunden auf keinen Fall sprechen, erklärten die Experten. Für Menschen wäre eine Begegnung mit den scheuen Tieren jedenfalls ungefährlich.