Risse in Häusern in Sommerein
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Chronik

Risse in Häusern: Erster Erfolg für Betroffene

In Sommerein (Bezirk Bruck an der Leitha) sind wegen Veränderungen des Bodens in einigen Häusern massive Risse entstanden. Weil die Versicherungen nicht für die Schäden aufkommen, klagten mehrere Betroffene. Zwei von ihnen bekamen nun in erster Instanz recht.

Sommerein, eine kleine, scheinbar idyllische Gemeinde am Fuße des Leithagebirges. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail bzw. hier im Boden. Durch den Klimawandel verändert sich dieser in Sommerein nämlich. Deshalb weisen mittlerweile zahlreiche Häuser teils massive Risse auf. Die Versicherungen der Bürgerinnen und Bürger wollen dafür aber nicht aufkommen, ebenso wenig wie der Katastrophenfonds des Landes. Seit rund drei Jahren laufen mehrere Verfahren.

Die beiden Sommereiner Martin Klinger und Fabio Gianesi haben ihres nun zumindest in erster Instanz gewonnen. Sie klagten ihre Versicherung im März 2022. Auch diese wollte nicht für die Schäden aufkommen und berief sich auf ein Gutachten, demzufolge „vertikale Bodenbewegungen“ für die Risse im Haus verantwortlich sind. Es handle sich damit um „kein versichertes Schadenereignis – insbesondere keinen Erdrutsch – im Rahmen der bestehende Eigenheimversicherung“.

Streit um Begrifflichkeiten

Ein vom Gericht beauftragtes Gutachten dagegen besagte, dass weder vertikale noch horizontale bzw. talwärts gerichtete Bewegungen auszuschließen seien. Die „schadensursächlichen Bewegungen“ könnten demnach „sehr wahrscheinlich auf oberflächennahe und/oder tiefgründige Kriechbewegungen zurückgeführt werden, die jedenfalls als Erdrutsch anzusehen sind“.

Vor Gericht galt es aber auch zu klären, was in den abgeschlossenen Versicherungsverträgen enthaltene Begriffe wie „Erdrutsch“ und „Gleitbahn“ konkret bedeuten. Der zuständige Richter entschied schließlich, dass diese nach der im Gesetz stehenden Unklarheitenregelung zugunsten des Versicherungsnehmers weit auszulegen seien.

Die Versicherung muss Martin Klinger damit eine Neuwertentschädigung gewähren und die Prozesskosten zahlen. Das Urteil ist zwar nicht rechtskräftig, gibt den Sommereinern aber Hoffnung.

Am Schauplatz Gericht: Zerbrechende Häuser

Für die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner geht es um die finanzielle Existenz und um einen geplatzten Traum: den vom eigenen Haus.

Vergleich als „Verlust“ für Betroffene

Denn weitere Verfahren sind noch im Laufen. Anwältin Romana Schön vertritt mehrere Sommereinerinnen und Sommereiner. In sämtlichen Fällen liegen bereits gerichtliche Gutachten vor. Die Anwältin schließt aber nicht aus, dass die Prozesse unterschiedlich ausgehen können.

Doch nicht alle wollen die kräftezehrenden Prozesse weiterführen. Der 74-jährige Pensionist Ernst Kirchthaler etwa einigte sich mit seiner Versicherung auf einen Vergleich: Die Versicherung zahlt für die Sanierung des Hauses 85.000 Euro. „Die Versicherung lebt ewig, die kann noch einen Gutachter bestellen und noch einen Gutachter und noch einen Gutachter. Das kann sich noch jahrelang ziehen“, schildert er die Problematik. Deswegen habe man sich letztendlich „in der Mitte getroffen, wie im Basar“. Für die Familie bedeute der Vergleich aber einen finanziellen Verlust.

TV-Hinweis

„Am Schauplatz Gericht“ widmete sich am Donnerstag, 25.1.2024, um 21.05 Uhr in ORF2 den zerbrechenden Häusern in Sommerein – mehr dazu in tv.ORF.at.

Bürgermeister hofft auf Katastrophenfonds

Sommereins Bürgermeister Karl Zwierschitz (SPÖ) hofft jedenfalls weiterhin auf den Katastrophenfonds des Landes. Sollte sich bei den Gerichtsverfahren durch Gutachten und Urteile erhärten, dass doch auch rutschartige Hangbewegungen stattgefunden haben, wolle er neuerlich versuchen, Mittel aus dem Katastrophenfonds für die Betroffenen zu erhalten, sagt er. Bisher war auch das abgelehnt worden.

Die zerbrechenden Häuser von Sommerein sind nur ein Beispiel für Schäden auch durch klimatische Einflüsse. Die Versicherer rechnen künftig mit einem Anstieg ähnlicher Ereignisse. Zufriedenstellende Lösungen für Versicherungen und Versicherungsnehmer scheint es bisher aber nicht zu geben. Ein Thema, das wohl noch für viele Diskussionen sorgen dürfte.