Isabella Rossellini
Sophie Boulet
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Kultur

Isabella Rosselini gastiert am Landestheater

Isabella Rossellini ist wieder in populärwissenschaftlicher Mission unterwegs. Nach den kultigen Erklärvideos „Green Porno“ ist der Hollywoodstar mit dem Einpersonenstück „Darwin’s Smile“ auf Tournee und macht am Wochenende Station im Landestheater in St. Pölten.

In „Darwin’s Smile“ macht sich die Tochter der schwedischen Schauspielerin Ingrid Bergman und des italienischen Regisseurs Roberto Rossellini daran, die Frage zu erkunden, wie sich Gefühle beim Menschen und beim Tier ausdrücken. Die Schauspielerin (u.a. „Blue Velvet“), die vor wenigen Jahren auch ihren Universitätsabschluss als Verhaltensbiologin geschafft hat, ist derzeit also nicht nur in Alice Rohrwachers „La Chimera“ im Kino zu erleben, sondern am Freitag und Samstag auch live auf der Theaterbühne in der Landeshauptstadt.

Vor der St.-Pölten-Premiere sprach Isabella Rossellini mit Martin Fichter-Wöß von der Austria Presse Agentur über den Stress als Bäuerin, ihre Erkenntnisse als Verhaltensbiologin und die Frage, ob sie Vegetarierin ist.

Darwins Buch „Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren“ war der Ausgangspunkt für Ihr Stück. Wie aktuell sind seine Erkenntnisse noch?

Isabella Rossellini: Darwin stellt in seinem Buch letztlich die zentrale Frage, wie Emotionen ausgedrückt werden. Und eine der interessantesten Fragen dabei ist, weshalb manche Mimiken wie ein Lächeln weltweit und universell verstanden werden, während andere Gesten beispielsweise nur in Italien gelesen werden können.

Manche Ausdrücke sind also kulturell erlernt, manche hingegen dem Menschen intrinsisch. Auch ein blinder Mensch lächelt. Darwin hat auch spannende Erkenntnisse aus der Verwendung des damals sehr neuen Mediums der Fotografie gezogen. Er hat Aufnahmen mit einem schwedischen Model und einem Neurologen in Frankreich gemacht, die heute zwar relativ simpel aussehen, mich aber sehr bewegen.

Schauspielerin Isabella Rossellini in dem Programm „Green Porno“ 2015
APA/Mario del Curto
Isabella Rossellini in ihrem Programm „Green Porno“

Ist der Ausdruck der Gefühle ist in den Augen Darwins also just das, was Mensch und Tier verbindet?

Rossellini: Darwin glaubte zwar, dass die Evolution sehr einfach begann und sich sukzessive in verschiedenste Wege diversifiziert hat. Wir haben in seinen Augen also alle einen gemeinsamen Ursprung. Aber erst seit Konrad Lorenz, dem Begründer der Ethologie, ist uns wirklich klar, dass Tiere nicht nur nach Instinkt handeln, sondern denken und Gefühle haben können. Die Verhaltensforschung ist so gesehen eine junge Wissenschaft.

Ist „Darwin’s Smile“ wie Ihr früheres Projekt „Green Porn“ für Sie so etwas wie die Verschmelzung Ihrer beiden Persönlichkeiten als Schauspielerin und Wissenschafterin?

Rossellini: In gewissem Sinne absolut. Ich kombiniere Darwins Schriften mit dem, was ich in meinem Studium der Verhaltensbiologie gelernt habe, beziehungsweise mit meinen Erfahrungen als Schauspielerin. Denn Gefühle auszudrücken – das ist exakt das, was wir Schauspieler tun. Der Starfotograf Richard Avedon, für den ich als Model gearbeitet habe, hat zu mir einmal gesagt: Ich fotografiere keine hübschen Augen oder keine hübsche Nase, sondern Gefühle. Deshalb muss man selbst als Model Gefühle ausdrücken können.

Welche Rolle kommt dem Humor in „Darwin’s Smile“ zu?

Rossellini: Wenn die Leute lachen, habe ich mein Ziel erreicht. Wissenschaft ist zwar einerseits beeindruckend, wird aber oftmals sehr trocken kommuniziert. Die Sprache der Wissenschaft ist kalt und kompliziert. Wenn man jedoch versucht, das, was die Wissenschaft hervorbringt, zu übersetzen, ist das unheimlich faszinierend. Ich war mein Leben lang Unterhaltungskünstlerin, weshalb ich versuche, diese Übersetzung zu übernehmen. Für mich war das Staunen angesichts der Erkenntnisse der Wissenschaft immer der Motor meiner Motivation.

Schauspielerin Isabella Rossellini in dem Programm „Green Porno“ 2015
APA/Mario del Curto
„Ihre Show ist sowohl eine Lektion über Evolution als auch eine über die Schauspielkunst“, so das Landestheater Niederösterreich über Isabella Rossellini

Ganz die Schauspielerei hinter sich zu lassen, war für Sie nie eine Option?

Rossellini: Na ja, Sie müssen bedenken, dass ich bald 72 Jahre alt werde. Meine Perspektive ist im Wesentlichen der Ruhestand. Ich habe keine 50 Jahre mehr vor mir, die mich motivieren könnten, in einem Labor für das Wohl der Menschheit zu arbeiten. Mir ist bewusst, dass ich alt bin und viele Wege mir nicht mehr offen stehen.

Vor zehn Jahren habe ich einen Bauernhof auf Long Island eröffnet, eigentlich nur aus Liebhaberei. Aber die Farm ist so populär geworden, dass sie mittlerweile ein fixer Bestandteil der dortigen Community ist. Eine Freundin von mir kümmert sich um das Gemüse, ich mich um die Tiere. Und eigentlich dachte ich, dass ich das als alte Dame machen werde. Aber irgendwie schreibe ich immer noch Monologe, drehe Kurzfilme und übernehme Rollen in Spielfilmen. Ich bin zu meiner eigenen Überraschung immer noch ziemlich geschäftig unterwegs.

Sie spielen in „Darwin’s Smile“ nun eine Schnecke oder ein Huhn. Hat Ihnen die Beobachtung Ihrer Farmtiere bei der Erarbeitung des Stücks geholfen?

Rossellini: Sehr. Ich hatte zwar immer Hunde und Katzen, weshalb ich mich mit ihnen gut auskannte. Aber auf dem Bauernhof konnte ich meine Kenntnisse Richtung Schafe, Ziegen oder Enten erweitern. Gerade die Details sind hier wichtig im Verhalten – und so etwas ist nur sehr schwer aus Büchern zu erfassen.

Sind Sie eigentlich Vegetarierin?

Rosselllini: (lacht) Das bin ich nicht. Ich bin das Paradebeispiel einer Heuchlerin. Ich schaffe es, nicht meine eigenen Hühner oder Schafe zu essen. Meine eigenen esse ich also nicht, aber ich bin keine Vegetarierin. Ich esse aber zumindest nicht viel Fleisch …

Schauspielerin Isabella Rossellini präsentiert am 4.10.2013 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg einen Bildband über ihre Mutter Ingrid Bergman
in Bildern»
APA/dpa/Angelika Warmuth
Isabella Rossellini präsentierte 2013 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg einen Bildband über ihre Mutter mit dem Titel „Ingrid Bergman: Ein Leben in Bildern“

Abgesehen von der Bühne sind Sie zwar weiterhin regelmäßig im Kino zu sehen, aber nicht mehr in Hauptrollen. Hat man es als Frau über 50 immer noch schwer in der Filmindustrie, oder geht sich als Bäuerin und Theaterschauspielerin einfach nicht mehr aus?

Rossellini: Es ist eine Kombination aus beidem. Ich bekomme tatsächlich keine Hauptrollen mehr angeboten. Das liegt hauptsächlich an meinem Alter. Aber es freut mich auch, dass ich Nebenrollen spielen kann – da muss man nur zwei Wochen arbeiten und kann wieder nach Hause, anstatt mehrere Monate in einem fremden Land zu sein und den Kontakt zu meinen Tieren, aber auch meinen Enkelkindern zu verlieren.

Hat sich die Filmindustrie in diesem Punkt überhaupt nicht verändert?

Rossellini: Langsam passiert da etwas. Dank der neuen Verbreitungswege wie den Streamern werden Publikumsschichten wie junge Mütter erreicht, die nicht so einfach ins Kino gehen können. Dadurch werden neue Rollenbilder interessant, werden mehr Frauen Regisseurin. Das braucht einfach seine Zeit.

Sind Sie Optimistin?

Rossellini: Ich denke schon! Wenn ich das nicht wäre, hätte ich meinen Bauernhof wohl nicht aufgebaut. Es war eine Mischung aus Optimismus und Unwissenheit. Mir war schlicht nicht klar, wie viel Arbeit das bedeutet!