Stadttheater Mödling Szenenbild Good mit Wolfgang Lesky Hendrik Winkler von links
Bettina Frenzel
Bettina Frenzel
Kultur

„Good. Ein guter Mensch.“ Auch 1933?

Mit einer deutschsprachigen Erstaufführung wartet am Samstag das Stadttheater Mödling auf. In der Regie von Bruno Max wird das 1981 uraufgeführte Stück „Good. Ein guter Mensch.“ von C. P. Taylor gezeigt, in dem es um das Verhalten von Menschen in Nazi-Deutschland 1933 geht.

Dr. Hans Halder ist ein guter Mensch, Germanist und halbwegs erfolgreicher Professor an der Universität in Frankfurt, aber er hört fast ständig Musik in seinem Kopf: vom Schlager bis zu den Berliner Philharmonikern. Doch davon weiß niemand außer seinem besten Freund, dem jüdischen Psychiater Moritz.

„Er kümmert sich rührend um seine demente Mutter, seine Familie und seine Frau, die unter Antriebsschwäche und Depressionen leidet. Neuerdings macht ihm eine seiner Studentinnen schöne Augen. Aber er ist ein guter Mensch und schlägt sich aufrichtig durch alle Widrigkeiten der Lebensmitte eines abendländischen Akademikers“, heißt es auf der Website des Stadttheaters Mödling.

Wie bleibt man ein guter Mensch?

Es ist das Jahr 1933, die Nationalsozialisten haben die Macht in Deutschland übernommen. So sehr sie Hans Halder auch zutiefst verachtet, so „überraschend kommen plötzlich vernünftig klingende Angebote, sich für das ‚neue Deutschland‘ nützlich zu machen. Und man kann diese inkompetenten Rabauken doch nicht wichtige Entscheidungen ohne fachlichen Rat treffen lassen? Das Wichtigste ist doch, ein guter Mensch zu bleiben, und sich nicht vereinnahmen zu lassen“.

Stadttheater Mödling Szenenbild Good mit Johanna Lindinger Wolfgang Lesky und Lisa-Marie Bachlechner von links
Bettina Frenzel
„Er kümmert sich rührend um seine demente Mutter, seine Familie und seine Frau“: Johanna Lindinger, Wolfgang Lesky und Lisa-Maria Bachlechner (v.l.)

Der schottisch-jüdische Lehrer, Schriftsteller und Aktivist Cecil Philip Taylor (1929–1981) erlebte die umjubelte Uraufführung von „Good“ an der Royal Shakespeare Company (1981) nicht mehr. „In der Hauptfigur, des wohlwollenden liberalen Germanisten Hans Halder, dessen Rückzugsgefecht gegen die Vereinnahmung durch den nationalsozialistischen Zeitgeist so katastrophal misslingt, können auch wir Nachgeborenen uns erschreckend gegenwärtig wiedererkennen", sagt Bruno Max, Intendant des Stadttheaters Mödling, Regisseur und Übersetzer von „Good“.

Was kann ein Einzelner denn schon groß tun?

„Auch heute werden die Grenzen des Möglichen, des Sagbaren immer weiter Stück für Stück verschoben, auch heute reden wir uns drohende Gefahren, politische, ökologische Abgründe möglichst klein. Was kann ein Einzelner denn schon groß tun? Das Wichtigste ist doch, dass man im Inneren ‚sauber‘ bleibt.“

Worum gehe es in dem Stück, fragt Michaela Fleck in ihrer Premierenvorschau in den „Niederösterreichischen Nachrichten“ Wolfgang Lesky, der den Hauptdarsteller spielt. Um Moral? Um Politik? Oder um den Menschen an sich? „Um Politik geht es definitiv immer, um Politik geht es auch im Märchen“, so Lesky.

Stadttheater Mödling Szenenbild Good mit Wolfgang Lesky Samantha Steppan und Hendrik Winkler (v.l.)
Bettina Frenzel
„Um Politik geht es definitiv immer“, so Wolfgang Lesky (l.), mit Hendrik Winkler und Samantha Steppan (v.r.)

Wolfgang Lesky: „Ein Mensch, der zu wenig oft Nein sagt“

Was kann man überhaupt unter einem guten Menschen verstehen – 1933, und heute? Lessky: „Er ist ein Mensch, der andere nicht enttäuschen will. Und der zu wenig oft Nein sagt. Das kennen wir ja auch im Kleinen. Er ist kein Held, das sagt er auch über sich. Und ich war auch sehr wütend, auf die Figur …“

Bruno Max wundert sich gegenüber noe.ORF.at, warum es mehr als 40 Jahre im deutschsprachigen Raum zu keiner Aufführung gekommen ist, während es in England und in den USA zahlreiche Inszenierungen, sogar an Schulen und Universitäten, gegeben habe. „Vielleicht wollte man ‚nicht schon wieder‘ an der Schuldfrage der Deutschen rühren. Aber darum geht es gar nicht. Es geht um die Verstrickung und die Mitschuld des Einzelnen, die überall und jederzeit wieder passieren kann. Darum war mir die Wiederentdeckung und Neuübersetzung von ‚Good. Ein guter Mensch." so ein Anliegen.“

Stadttheater Mödling Szenenbild Good Musikensemble
Bettina Frenzel
„Good. Ein guter Mensch.“ wird im Stadttheater Mödling von 10. bis 24. Februar gezeigt

Bruno Max: „Der nächste Faschismus wird wählbar sein“

Er gebe gerne zu, dass er keine Ahnung hat, wie er sich als braver Staatsbürger zum Beispiel im Dritten Reich verhalten hätte. „Gottseidank habe ich mich nie gegen eine so allumfassende Diktatur ihre allgegenwärtige Propaganda zur Wehr setzen müssen. Aber müssen wir nicht gerade deshalb besonders wachsam sein? Der nächste Faschismus wird freundlichere Symbole, ein harmloseres Gesicht haben und für die breite Mehrheit ganz vernünftig und nach gesundem Menschenverstand klingen. Er wird wählbar sein. Und es wird außerordentlichen Mut brauchen, nicht wieder zu sagen: ‚Was kann ich als Einzelner schon dagegen tun?‘“

Regie führt Bruno Max, der das Stück auch übersetzte, den Bühnenraum gestaltete Markus Ganser, die Kostüme stammen von Sigrid Dreger, die Musik von Fritz Rainer. Auf der Bühne stehen Lisa-Maria Bachlechner, Hans-Jürgen Bertram, Wolfgang Lesky, Johanna Lindinger, Alexander Rossi, Samantha Steppan und Hendrik Winkler. Nach der Premiere gibt es bis 24. Februar im Stadttheater Mödling noch acht weitere Aufführungen von „Good. Ein guter Mensch.“