Speicherteiche als Kraftwerke
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Umwelt & Klima

Skigebiete sollen zu Stromerzeugern werden

Etwa zehn Prozent des Stroms in Österreich kommen aus Kraftwerken an kleineren Flussläufen. Deren Ausbau stockte aber zuletzt und so kommt man in der Branche auf kreative Ideen – etwa Speicherteiche von Skigebieten zu Pumpspeicherkraftwerken auszubauen.

Lokalaugenschein in Annaberg im Bezirk Lilienfeld. Der Betrieb im Skigebiet kann gerade noch aufrechterhalten werden, weiße Schneebänder ziehen sich durch die braune Landschaft. Gäbe es die beiden Speicherteiche für die Beschneiung nicht, stünden die Lifte längst still. Diese Teiche, einer oben am Hennesteck und einer bei der Talstation, könnten aber auch eine zweite Nutzung erfahren – als Pumpspeicherkraftwerk.

Bei der Liftgesellschaft kann man sich das vorstellen. Geschäftsführer Karl Weber spricht bei einem ersten Lokalaugenschein von einer „perfekten Ergänzung“: „Wir brauchen relativ viel Energie in kurzer Zeit, haben aber das ganze Jahr über diese Wasserflächen zur Verfügung. Wenn man das nutzen könnte, wäre das eine perfekte Synergie – und Wasser haben wir genug.“

Speicherteiche als Kraftwerke
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Die Skipiste am Annaberg ist auf Grund der milden Temperaturen mittlerweile auf eine Minimum geschmolzen

Auch die technischen Voraussetzungen passen, ist Weber im Gespräch mit noe.ORF.at überzeugt: „Unsere zwei Speicherteiche sind durch eine Leitung über 300 Höhenmeter miteinander verbunden. Momentan füllen wir den oberen, wenn der untere voll ist und so würde sich das perfekt ergeben.“

Potenzial für Sommer und Winter

Bei Kraftwerksprojekten sei oft das Problem, dass das Netz zu schwach ausgelegt sei, weiß Hannes Taubinger, Sprecher der Vereinigung der Kleinwasserkraftbetreiber in Niederösterreich. „Hier haben wir eine gute Stromnetzanbindung. Das macht es bei den Skigebieten so interessant, das voranzutreiben“, ist der Fachmann von der Idee ebenso angetan.

So ein Speicherteich sei außerdem im Sommer wie auch Winter nutzbar. „Wir denken aber speziell an den Sommer, wenn viel Photovoltaikstrom vorhanden ist, dass man etwa zu Mittag bei dann billigem Strom das Wasser hochpumpt, um es in anderen Tageszeiten zu nutzen“, erklärt Taubinger. Statt über Batterien würde der Strom also über Pumpspeicher gespeichert.

Speicherteiche als Kraftwerke
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Hannes Taubinger (li.) und Karl Weber können sich beide vorstellen, Speicherteiche für die Stromproduktion zu nutzen

Die Möglichkeit bestünde auch bei einigen anderen Skigebieten in Niederösterreich, die sollen jetzt nach und nach geprüft werden. „Der Photovoltaik-Ausbau ist enorm schnell in den vergangenen Jahren gegangen. Das führt dazu, dass im Sommer zu Mittag oft zu viel Strom da ist und wir Wasser ungenützt über die Donaukraftwerke laufen lassen“, weiß Taubinger. Da sei ein solches Pumpspeichersystem sinnvoll. „Wir haben die Pumpen, wir haben die Speicherteiche, wir haben die Stromanbindung, fehlt eigentlich nur die Turbine, dann wird das nicht einmal im Jahr hinaufgepumpt, sondern zweimal pro Tag.“

„Lösungen suchen, nicht Gründe, warum es nicht geht“

Die Kleinwasserkraft ist in den vergangenen Jahren etwas in die Krise gerutscht. Die Betreiber wollen sie im Sinne der Energiewende ausbauen, im vergangenen Jahr aber ist der Ausbau um 40 Prozent eingebrochen – großteils wegen bürokratischer Hürden, heißt es. Das Ausbauziel im Sinne der EU ist gerade einmal zu fünf Prozent erfüllt.

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Die Kleinwasserkraft ist in den vergangenen Jahren etwas in die Krise gerutscht

Die Stimmung in der Branche habe sich eingetrübt, sagt Taubinger: „Wir brauchen ein Commitment der Politik, die sagt, das Potenzial an ökologischer Energie, das nutzbar ist, wollen wir auch. Und wir sagen den Sachverständigen ‚Bitte sucht Lösungen, findet nicht Gründe, warum es nicht geht, sondern Möglichkeiten, wie es geht.‘ Wir wollen nichts zubetonieren, wir wollen nur den ökologisch verträglichen Ausbau.“ Dazu würde auch die Möglichkeit zählen, den Stromfresser Beschneiung zum Stromerzeuger umzufunktionieren.