Ein Ort am Wort Hunde Diskussion Wr. Neustadt
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„Ein Ort am Wort“

Hunde: Heftige Debatte über Beißtraining

Nach mehreren Hundeattacken soll das Beiß- und Angriffstraining für Hunde künftig deutlich strenger reguliert werden. Wie sinnvoll ist die geplante Gesetzesnovelle? Diese Frage wurde beim ORF-NÖ-Format „Ein Ort am Wort“ in Wr. Neustadt mitunter sehr emotional diskutiert.

Es ist der dritte Teil der Gebrauchshundesportausbildung, der zwischen Hundetrainern und Tierschützern die Wogen hochgehen lässt. Dieser Teil – der sogenannte Schutzdienst – sieht nämlich vor, dass ein Hund ein Beiß- und Angriffstraining absolviert. Dabei wird der Arm des Menschen mit Jute umwickelt, der Hund muss dann auf Befehl zubeißen. Nach mehreren Hundebissen war es eine tödliche Hundeattacke in Oberösterreich, die nun zu einer Gesetzesänderung führt. Die Novelle sieht vor, dass das Beiß- und Angriffstraining künftig viel strenger reglementiert werden soll.

Laut Philipp Ita, Vorstandsmitglied des Österreichischen Kynologenverbandes, spricht man dabei auch vom Beutespiel. Der Arm sei wie ein Bringgegenstand, den der Helfer am Arm trägt. „Der Hund ist ausschließlich auf diesen Unterarm konzipiert, also niemals auf den Menschen, sondern ausschließlich auf diesen Ärmel“, so Ita. Ebenso sei es weniger ein Beißen, sondern vielmehr ein Greifen des Hundes.

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Die Diskussion rund um das Beiß- und Angriffstraining für Hunde wurde sehr emotional geführt

„Jeder Biss ist einer zu viel“

Dieser Argumentation konnte Eva Rosenberg, Direktorin von Vier Pfoten Österreich, nichts abgewinnen. „Ich glaube, mit Spiel hat die Ausbildung sehr wenig zu tun. Und das sage nicht ich. Das sagt die Prüfungsordnung. Wenn man sich das ansieht, hier geht es gezielt um einen Angriff des Hundes auf den Menschen.“ Es gehe dabei um ein Anbellen, Attackieren und Stellen des Menschen. „Ich frage mich wirklich, wieso das von Privatpersonen durchgeführt werden muss“, so Rosenberg. „Jeder Biss und jeder Angriff ist einer zu viel.“

Hundetrainer Hannes Aicher führte aus, dass manche Hundehalter mit einem solchen Training anfangen würden, es dann aber nicht zu Ende machen. „Der Hund steckt mitten in der Ausbildung. Es ist auch ein Zeitfaktor. Es ist ein Motivationsfaktor. Und dann sagt man, man macht es halt nicht mehr. Dann hat man natürlich ein Problem. Das ist absolut gefährlich“, so Aicher, der mit seinem Hund Yakari zur Diskussion gekommen ist.

Ähnlich argumentierte auch Hundetrainerin Ursula Aigner: „Wenn man es falsch macht, hat man ein Problem. Genau darum geht es ja, dass die Fehleranfälligkeit bei dieser Art von Training einfach enorm hoch ist und die Folgen davon schwerwiegend sein können.“ Aigner sprach ebenfalls von einer Übertragbarkeit vom Hundeplatz auf den Alltag. Ein Hund, der auf einem Hundeplatz ein Beiß- und Angriffstraining erfährt, kann folglich unter Umständen auch im Alltag ein solches gefährliches Verhalten an den Tag legen.

Georg Sticha, Leiter eines Problemhundezentrums, widersprach heftig. „Keine der anwesenden Damen kann mir eine einzige Statistik bringen, wo in den letzten – sagen wir zwölf – Jahren Hunde, die eine Ausbildung im Gebrauchshundesport hatten, einen Unfall verursacht haben“, so Sticha. Er habe nichts gegen eine Zertifizierung von Schutzhelfern. Das Problem sei das Scharfmachen von Hunden „in Hinterhöfen“.

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Auch aus dem Publikum haben sich zahlreiche Menschen an der Diskussion beteiligt

Diskussion über Alternativen in Ausbildung

Karin Kuhn, Geschäftsführerin der Rettungshunde Niederösterreich, führte aus, dass man in den Statuten verankert habe, dass man keine Schutzhunde mehr bei den Rettungshunden aufnehme. Außerdem kritisierte sie, dass man derartig intensiv über ein Training diskutiere, das in der Gesamtausbildung lediglich 40 Sekunden einnehme. „Wenn es wirklich nur 40 Sekunden in der ganzen tollen Prüfung sind, warum diskutiert man über diese 40 Sekunden? Kann man die nicht adäquat anders umsetzen in einer anderen Art und Weise mit dem Hund?“, stellte Kuhn in den Raum.

Sendungshinweis

Die einstündige Diskussion von „Ein Ort am Wort“ wird am Donnerstag, den 22.2., ab 20.03 Uhr auf Radio Niederösterreich ausgestrahlt. Ebenso kann sie auf gängigen Podcast-Plattformen nachgehört sowie in der ORF-TVthek nachgesehen werden.

Danach gefragt, ob man mit einer härteren Strafe rechnen müsse, wenn man einen Hund einem Angriffstraining unterzieht und dann einmal etwas passiert, meinte Rechtsanwältin Susanne Chyba: „Je mehr Gefahr von einem Tier ausgeht, umso mehr muss ich darauf achten, dass nichts passiert. Und ich muss auch den Beweis erbringen, dass ich alles getan habe, damit nichts passiert.“ Hier geht es vor allem um die Frage, ob mit einem speziellen Training die Aggressivität im Hund geweckt worden sei. Das sei aber – so die Rechtsanwältin – immer von Fall zu Fall zu entscheiden.

Die Diskussion in voller Länge: sound.orf.at