Josef Hader
ORF / Andreas Kotzmann-Krickl
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Kultur

Hader: „Bin meist netter als meine Rollen“

„Andrea lässt sich scheiden“ ist die zweite Regiearbeit von Josef Hader – ein Film über das Landleben, der in Niederösterreich spielt. Im Interview mit noe.ORF.at erzählt Hader, wie sehr ihn das Aufwachsen am Land prägte und, dass er „meist ein bissl netter ist“ als seine Rollen.

Josef Hader ist Kult. Er gilt als einer der erfolgreichsten Kabarettisten des Landes, prägt und gestaltet seit Jahrzehnten die österreichische Künstlerlandschaft mit und fährt auch mit seinen Filmen einen Erfolg nach dem anderen ein. Nach „Indien“ oder seinen Einsätzen als Privatdetektiv Brenner in den Wolf Haas-Verfilmungen wagte er sich 2017 mit „Wilde Maus“ an seine erste eigene Regiearbeit. Mit „Andrea lässt sich scheiden“ folgt die zweite.

Es ist eine Geschichte über Polizistin Andrea, verkörpert von Birgit Minichmayr. Sie will ihre unglückliche Ehe mit Andi – gespielt von Thomas Stipsits – beenden und in St. Pölten eine neue Stelle beginnen. Nach einer Geburtstagsfeier läuft ihr ihr Noch-Ehemann betrunken vor das Auto, sie begeht Fahrerflucht. Da kommt Josef Hader ins Spiel – als Religionslehrer Franz, ein bis dahin trockener Alkoholiker. Er hält sich für den Täter und nimmt ihre Schuld bereitwillig auf sich.

„Bin ein bissl trotzig und will mein eigener Herr sein“

Seit 23. Februar ist der Film in den Kinos zu sehen, diese Woche feierte er im Cinema Paradiso in Baden Niederösterreich-Premiere. Im Interview mit Redakteurin Pia Winkler-Seiser gab Josef Hader Einblicke in seine Persönlichkeit abseits der Bühne und Kamera. „Ich bin ein bissl trotzig manchmal und ich will mein eigener Herr sein. Ich glaube, das hat alles mit meiner Herkunft zu tun“, zeigte sich der Künstler überzeugt davon, vom Aufwachsen auf dem Bauernhof geprägt worden zu sein.

Pia Winkler-Seiser und Josef Hader
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Pia Winkler-Seiser traf Josef Hader bei der Niederösterreich-Premiere seines neuen Films im Cinema Paradiso in Baden zum Interview

noe.ORF.at: Wir sitzen hier im Cafe des Cinema Paradiso in Baden. Gerade läuft die Niederösterreich-Premiere Ihres neuen Films „Andrea lässt sich scheiden“. Passend, denn der Film spielt auch in Niederösterreich. Wie haben Sie die Drehorte ausgesucht und warum?

Josef Hader: Ich wollte einen Film machen über die Menschen am Land, ich komme von dort. Also habe ich nicht so weit weg von dort gedreht, wo ich herkomme. St. Pölten war mir ganz wichtig als Großstadt, als urbanes Zentrum des Films. Wo ich herkomme, ist es wunderschön, im südlichen Waldviertel, aber da ist zu viel grün, man sieht keinen Horizont – und so bin ich ins Weinviertel gekommen, wo die Landschaft ein bissl mehr ausschaut wie Nebraska. Wir haben aber auch im Wald- und Mostviertel gedreht. Es ist ein Film, der einerseits ganz, ganz stark in Niederösterreich spielt und gleichzeitig aber eine Geschichte ist, die fast überall passieren könnte, wo Landleben ist.

noe.ORF.at: Und wie haben Sie die Gegend während der Dreharbeiten kennengelernt?

Hader: Ich habe sie schon gekannt, ich komme gerne ins Weinviertel. Ich bin als ganz junger Kabarettist immer mit dem Auto über das Weinviertel nach Berlin gefahren. Es ist eine Gegend, die einen speziellen Reiz hat – ein Film, den man im Weinviertel dreht, schaut immer ein bisschen wie ein Western aus.

noe.ORF.at: Sie sind selber am Land aufgewachsen – in Oberösterreich geboren, in Niederösterreich aufgewachsen. Haben diese Erinnerungen an das Landleben beim Schreiben des Drehbuches reingespielt?

Hader: Ja, sicher. Also beim Drehbuch schreiben denkt man natürlich an die eigene Zeit, die man hier verbracht hat, das waren doch die ersten 20 Lebensjahre. Und man denkt aber auch an viele Besuche, die man gemacht hat inzwischen. Jetzt werde ich immer zu runden Geburtstagen von Volksschulkollegen eingeladen. Und da kann man dann auch ein paar Sätze verwenden, die im Drehbuch vorkommen.

Premiere in OÖ: „Andrea lässt sich scheiden“

Es sind der ganz spezielle Humor und der besondere Erzählstil, den die Fans von Josef Hader an seinen Kinofilmen so lieben. Sein aktueller Film trägt den Titel „Andrea lässt sich scheiden“. Am Montag hatte der Streifen Oberösterreich-Premiere in Wels

„Liebevoller und schonungsloser“ Blick auf das Landleben

noe.ORF.at: In der Presseaussendung zum neuen Film steht, er sei ein Plädoyer gegen jede Landleben-Sehnsucht. Soll er das sein?

Hader: Nein, überhaupt nicht. Ich habe das nicht geschrieben. Das ist eine Interpretation. In Wirklichkeit ist es so, dass es ein liebevoller Blick ist, aber gleichzeitig in gewisser Weise auch ein schonungsloser . Viele Leute vom Land, die drinnen sitzen, lachen, aber sie lachen mit dem Gedanken: „Ja, so ist es oft bei uns!“

noe.ORF.at: In Ihrem Regiedebüt „Wilde Maus“ ging es um das Stadtleben in Wien, jetzt geht es um das Landleben in Niederösterreich. Wo fühlen Sie sich mehr Zuhause?

Hader: Ich bin jetzt seit meinem 19. Lebensjahr in Wien geblieben und da ist man dann schon sehr verhaftet. Also ich fahre immer gerne zu meinem Bruder auf den Bauernhof nach Nöchling und bin gerne ein paar Tage dort. Aber nach den paar Tagen fahre ich dann doch gerne wieder in die Stadt.

noe.ORF.at: Also beides hat seinen Reiz?

Hader: Ja, ich finde schon. Wenn man am Land aufgewachsen ist als Bauernkind, dann kennt man alle Zwischentöne dort. Die Kindheit ist etwas, das man nie ganz verliert. Das ist die Zeit, die den meisten Einfluss hat. Ich glaube, dass ich deswegen so geworden bin, weil ich von einem Bauernhof komme. Ich bin Solo-Kabarettist, bin ein bissl trotzig manchmal, ich will mein eigener Herr sein. Ich glaube, das hat alles mit der Herkunft zu tun.

Josef Hader
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Er spiele gerne „die Gebeutelten“, sagt Josef Hader – der nette Siegertyp sei nichts für ihn

noe.ORF.at: Das passt gleich zur nächsten Frage. In Ihren Rollen Sind Sie eigentlich immer ein bisschen der „Grantler“, der Pessimist – der Antiheld, könnte man so sagen. Warum haben Sie immer diese Rollen? Sind Sie wirklich so?

Hader: Naja, ich bin selber eigentlich ein bissl netter meistens als die Rollen. Das hat sich ein bisschen ergeben, wahrscheinlich durch die Brenner-Filme, weil der halt vom Charakter so war. So richtig nette Siegertypen habe ich noch nie gespielt, aber ich glaube dafür bin ich auch nicht geeignet, rein vom Körperbau her (lacht). Ich spiele lieber die Gebeutelten. Das mag ich gern.

noe.ORF.at: 1993 sind Sie mit „Indien“ auch in die Filmwelt eingestiegen. Sie stehen aber auch regelmäßig mit Ihren Kabarettprogrammen auf der Bühne. Kamera oder Bühne – was ist für Sie reizvoller?

Hader: Es ist die Abwechslung, die Spaß macht. Wenn man den Beruf so lange macht, ist es schön, wenn man zwei verschiedene Berufsfelder hat – wobei das Kabarett schon der Hauptberuf ist. Der Film ist immer ein Ausflug. Wenn ich nur mehr eine Sache machen müsste, dann würde ich eher Kabarettist sein. Ich bin gerne Schauspieler und ich mache gerne Filme, aber ich warte immer so lange bis ich etwas habe, woran ich wirklich glaube und was mir wirklich etwas bedeutet. Wenn ich davon leben müsste, dann müsste ich wahrscheinlich sehr viele Filme machen, die mir nichts bedeuten. Darum glaube ich, dass es gut ist, dass ich hauptberuflich Kabarettist bin.

noe.ORF.at: Sie gelten als einer der erfolgreichsten Kabarettisten Österreichs, sind mit sämtlichen deutschsprachigen Kleinkunstpreisen ausgezeichnet worden. Wenn ein neues Projekt kommt, jetzt zum Beispiel „Andrea lässt sich scheiden“ – ist da ein Druck da innerlich, dass das wieder funktionieren muss?

Hader: Ich versuche mir keinen zu machen. Ich versuche immer zu denken: „Josef, du musst jetzt nicht mehr den großen Durchbruch schaffen. Du bist eh schon etabliert. Nimm dir die Freiheit.“ Was ich probiere, ist, nichts zu wiederholen, nicht den Erfolgen hinterherzulaufen, sondern jedes Mal ein bisschen etwas anderes zu machen und jedes mal etwas zu machen, dass mir gefällt und mich darauf zu verlassen, dass es anderen auch gefällt.

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Entertainment mit Sinn

noe.ORF.at: Was ist Ihnen generell besonders wichtig bei Ihren Arbeiten – sei es Kabarett oder Film?

Hader: Naja wahrscheinlich, dass es mir selber gefällt, dass es irgendwas in mir zum Klingeln bringt und auch, dass es nicht reines Vergnügen und Entertainment ist, sondern, dass beim Entertainment immer auch ein anderer Sinn dabei ist. Ein gesellschaftlicher Bezug. Ich mache ja kein tagespolitisches Kabarett, aber es hat immer ein bisschen mit der gesellschaftlichen Stimmung zu tun, die im Moment ist.

noe.ORF.at: Sie sind derzeit sehr viel unterwegs, mit Ihrem Kabarettprogramm „Hader on Ice“ und der Premierentour. Trotzdem noch der Blick in die Zukunft: Gibt es da schon Pläne oder gibt es auch, sehr perspektivisch betrachtet, noch irgendwas, dass Sie unbedingt noch machen wollen?

Hader: Das mit „Ich will unbedingt noch etwas machen“, habe ich mir von Anfang an abgewöhnt, weil ich mir dachte, ich bin nicht der Typ, der Ziele anvisiert und dann darauf zugeht. Ich bin eher der Typ, der schaut, was daherkommt und Gelegenheiten ergreift. Eigentlich entstehen die Sachen nie so, dass ich irgendein Ziel habe, sondern, dass ich sitze mit einem Schreibbuch und schaue, was mir einfällt.

Irgendwann bin ich dann fasziniert von einer Idee und das schreibe ich dann. Und das mache ich immer so. Also ich weiß jetzt noch kein neues Projekt. Ich setze mich im Sommer, wenn es entspannter wird, wieder hin und überlege, worauf ich Lust habe. Das ist der größte Luxus – dass ich einen Beruf habe, in dem ich immer machen kann, worauf ich gerade Lust habe.