Rettungseinsatz auf der Rax
Bergrettung Reichenau an der Rax
Bergrettung Reichenau an der Rax
Chronik

Bergrettung kritisiert „Vollkasko-Mentalität“

Die Bergrettung Niederösterreich-Wien bilanziert das Vorjahr mit 756 Einsätzen. Das ist deutlich mehr als 2022 und auch mehr als bei westlichen Bundesländern. Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung: Leichtsinn und sogenannte „Vollkasko-Mentalität“.

Mehr als 10.000 Einsatzstunden leisteten die 1.400 Bergretterinnen und Bergretter im Vorjahr. Die 756 Einsätze waren auch mehr als in manchen hochalpinen westlichen Bundesländern.

Mehr als ein Drittel dieser Einsätze machte aber die Rettung von unverletzten Bergsportlern aus, was sehr häufig mit Leichtsinn verbunden sei, sagt Bergrettung-Landesleiter Matthias Cernusca: „Es mangelt oft an der Vorbereitung. Da wird einfach auf Apps vertraut. Man überschätzt Kondition und Können, fragt nicht nach den Wetterverhältnissen. Man geht einfach rein in den Berg, es kann eh nichts passieren, man wird im Ernstfall ja eh abgeholt von der Bergrettung oder vom Hubschrauber, und diese ‚Vollkasko-Mentalität‘ spüren wir und wir appellieren an alle, sich vernünftig vorzubereiten, denn wir wollen weniger Einsätze haben und nicht mehr."

Landesleitung Karl Weber, Matthias Cernusca, Simone Radl
ORF
Die neuformierte Landesleitung der Bergrettung Niederösterreich-Wien mit Landesleiter-Stv. Karl Weber, Landesleiter Matthias Cernusca und Landesleiter-Stv. Simone Radl (v.l.)

Frauenanteil soll steigen

Um auch für künftige Einsätze personell gewappnet zu sein, wurde in der vergangenen Woche auf der Gemeindealpe in Mitterbach (Bezirk Lilienfeld) ein Ausbildungslehrgang für 60 neue Bergretterinnen und Bergretter absolviert. Ein höchst erfolgreiches Programm, meint Cernusca. Er wurde im Dezember für eine dritte dreijährige Periode als Landesleiter gewählt, eine Premiere war die Wahl einer Frau in die Landesleitung.

Simone Radl von der Bergrettung Reichenau (Bezirk Neunkirchen) ist neben Karl Weber eine Stellvertreterin Cernuscas. Sie will den Frauenanteil anheben: „Wir sind zwar ohnehin österreichweit Rekordhalter mit 13 Prozent Frauenanteil, aber damit wollen wir uns nicht zufrieden geben. Wir wollen alle Frauen ansprechen, die sich gern in den Bergen bewegen, sich uns anzuschließen. Frauen sind ein wichtiger Teil dieser Organisation und sollen einen höheren Stellenwert bekommen und weitere Funktionen übernehmen.“ Als Vorbild diene ihr Frieda Pfefferer aus Lilienfeld, die erste Frau in der Bergrettung.

Ein weiterer wichtiger Schritt der Bergrettung Niederösterreich-Wien steht im Juni bevor. In St. Pölten wird derzeit der ehemalige Standort des ÖAMTC renoviert und umgebaut. Dorthin übersiedelt im Sommer die Landeszentrale der Bergrettung, die derzeit noch in Wien beheimatet ist.